"Mister Rechtschreibung" Hans Zehetmair verstorben
Deutschlands "Mister Rechtschreibung", Hans Zehetmair, ist im Alter von 86 Jahren verstorben. Der CSU-Politiker und frühere bayerische Kultusminister hatte als Vorsitzender des Rates für deutsche Rechtschreibung maßgeblichen Anteil an der Reform der Rechtschreibreform. "Mit tiefer Trauer habe ich die Nachricht vom Tod von Hans Zehetmair aufgenommen", sagte Bayerns CSU-Ministerpräsident Markus Söder.
Dieser habe das Bildungsland Bayern nachhaltig geprägt und sei Pate dafür gestanden, dass Bayern heute weltweit einer der stärksten Wissenschaftsstandorte sei. "Besonders die Einrichtung der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften, die er mit vielen Neugründungen in alle Regionen Bayerns brachte, trägt seine Handschrift. Bayern wird ihm ein ehrendes Andenken bewahren."
Vorsitzender des Rates für deutsche Rechtschreibung
Zehetmair galt als einer der profiliertesten Bildungspolitiker in Deutschland. Von 2004 bis 2016 fungierte er als Vorsitzender des Rates für deutsche Rechtschreibung, 17 Jahre war er Minister in Bayern: erst Kultus-, dann Wissenschaftsminister. Zuvor war Zehetmair von 1978 bis 1986 Landrat des Landkreises Erding.
Zu seinem Amt an der Spitze des Rechtschreibrates, eines zwischenstaatlichen Gremiums der deutschsprachigen Länder, sagte Zehetmair im Rückblick: "Das war kein Wunschkonzert, sondern ein Reparaturauftrag. Aber im Interesse der deutschen Sprache habe ich als Vorsitzender diese schwierige Aufgabe übernommen". Das sei "das leidigste Kapitel meiner Nachministerzeit" gewesen. Denn in dem Rat seien eifrige Verfechter und erbitterte Kritiker der deutschen Rechtschreibreform von 1996 aufeinander gestoßen. Dennoch kann Zehetmair als Moderator der Debatten zufrieden zurückblicken: Die Kultusminister der deutschen Bundesländer billigten die vom Rat vorgeschlagenen Korrekturen. Die "Reform der Reform" trat in Deutschland 2007 und in Österreich 2008 in Kraft.
Anfänge als Lehrer
Zehetmair wurde am 23. Oktober 1936 in Langengeisling im oberbayerischen Landkreis Erding als Sohn eines Handwerkers und Bauern geboren. Nach dem Abitur (Matura) in München und dem Studium unterrichtete er als Lehrer zehn Jahre lang Deutsch, Latein und Griechisch am Dom-Gymnasium in Freising.
Schon als angehender Student engagierte sich Zehetmair in der Jungen Union. Bald übernahm er erste Funktionen in der Kommunalpolitik, zog als Abgeordneter in den Bayerischen Landtag ein und wechselte zwischendurch für ein paar Jahre als Landrat nach Erding. 1986 berief ihn der damalige bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß (CSU) zum Kultusminister, dessen Nachfolger Max Streibl (CSU) übertrug ihm zusätzlich das Wissenschaftsressort. Als Streibl-Nachfolger Edmund Stoiber (CSU) beide Bereiche 1998 wieder trennte, bleibt Zehetmair Wissenschaftsminister.
Im Kunstbereich sorgte Zehetmair mit der Berufung international herausragender Künstler wie Zubin Mehta, Peter Jonas, Christoph Vitali und Dieter Dorn für Schlagzeilen. Als die wohl wichtigste Entscheidung in seiner Amtszeit wird in der Fachwelt der Bau der Pinakothek der Moderne in München und eines weiteren Museums für die Kunst des 20. Jahrhunderts in Nürnberg angesehen. Im Februar 2003 kündigte der verheiratete Vater von drei Kindern aus privaten Gründen seinen Rückzug aus der großen Politik an.
An der Spitze des Rechtschreibrates nahm er sich auch im Alter kein Blatt vor den Mund: Mit den Aufkommen von Smartphones und Social Media geißelte er immer wieder deren Auswirkungen auf die Sprache. "Die deutsche Sprache wird immer weniger gepflegt", beklagte Zehetmair im Dezember 2012 in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Das Deutsche verarme in den neuen Medien zu einer "Recycling-Sprache", werde immer mehr verkürzt und vereinfacht und ohne Kreativität wiedergekäut.