Hochschulkonferenz will auch alternative Forscherkarrieren fördern
Die Hochschulkonferenz empfiehlt die möglichst frühzeitige Förderung alternativer Karrieremodelle für Wissenschafterinnen und Wissenschafter abseits des "Standardwegs" zur Professur. Außerdem soll bei der Bewertung von bisherigen Karriereleistungen etwa bei Bewerbungen ein qualitativer Maßstab angelegt werden - derzeit werde oft zu stark auf das rein quantitative Vorliegen von Publikationen bzw. Zitierungen geachtet, heißt es in einem neuen Papier.
Die Hochschulkonferenz (HSK) ist ein Beratungs- und Koordinationsgremium, das aus Vertretern von öffentlichen und privaten Universitäten, Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen sowie Österreichischer HochschülerInnenschaft und des Bildungsministeriums besteht. Am Donnerstag veranstaltet sie eine Tagung zu "Karrierewegen in der Wissenschaft und Research Assessment", bei der auch nationale Empfehlungen präsentiert werden.
Professur nur noch für wenige
Derzeit dominiert vor allem an Unis das klassische Karrieremodell von Studium über Doktorat, Post-Doc-Stelle bis hinauf zur Professur - welche wiederum nur wenigen vorbehalten ist. Dazwischen fallen immer mehr Forscherinnen und Forscher aus dem System. Spätestens mit dem Universitätsgesetz 2002 hat die früher übliche "Verbeamtung" ausgedient. An ihre Stelle traten oft befristete Stellen, über die sich Wissenschafterinnen und Wissenschafter hocharbeiten müssen. Das Thema Befristungen selbst wurde allerdings von der nunmehrigen Arbeitsgruppe der HSK ausgeklammert, sie soll noch gesondert betrachtet werden.
"Wir sollten uns von der Vorstellung lösen, dass die Professur am prestigeträchtigsten ist und alles andere als Fehlschlag gilt", meinte die Vize-Vorsitzende der HSK-Arbeitsgruppe, Caroline Schober, gegenüber der APA. "Es gibt eine Menge anderer Jobs, die großartige Möglichkeiten bieten." Das gehe von Berufsmöglichkeiten in anderen Hochschultypen und Forschungseinrichtungen über Unternehmen, NGOs oder Verwaltung bis zu forschungsunterstützenden Tätigkeiten wie Forschungsmanagement, Data Scientists und Data Stewards.
Jede Menge Jobs, aber kaum Informationen darüber
Über die werde aber kaum informiert. "Wir wollen daher, dass das Counselling früher startet." So sollen etwa Doktorandinnen und Doktoranden möglichst schon vor Beginn ihrer Doktoratsausbildung eine Karriereberatung erhalten - eventuell sogar verpflichtend, heißt es in den Empfehlungen. Im Doktorat selbst wiederum müsse neben der Forschungsarbeit selbst auch die Vermittlung von "transferable skills" und das sektoren- bzw. interdisziplinäre Arbeiten im Mittelpunkt stehen. Fördergebern und Politik wird wiederum empfohlen, den Anteil finanzierter Doktoratsstellen signifikant zu erhöhen.
Ändern sollte sich auch die Bewertung von Leistungen bei der Vergabe von Stellen, heißt es in den Empfehlungen. Derzeit werde einerseits stark auf Forschungsarbeit fokussiert - Leistungen in der Lehre oder der sogenannten "Third Mission" (z.B. Wissenstransfer, Weiterbildung, soziales Engagement) werden dagegen weniger beachtet. Innerhalb der Forschung wiederum werde stark darauf geschaut, wie viele häufig zitierte Publikationen jemand aufweise. "Das hängt aber wiederum stark davon ab, in welcher Arbeitsgruppe ich gerade bin", meinte Schober. So würden etwa oft jene profitieren, die in einem Feld tätig seien, in dem es üblich sei, sich häufig gegenseitig zu zitieren. Stattdessen müsse man stärker zu einer qualitativen Bewertung kommen und schauen: "Wie hoch ist der Innovationsgehalt tatsächlich?"
So sollten etwa Berufungskommissionen und andere Auswahlgremien Kriterienkataloge für Bewertungen erhalten. "Es muss eine transparente und faire Leistungsmessung geben, wir müssen stärker in eine objektivierbare Bewertung kommen", meinte Schober. Derzeit herrsche oft ein gewisser Bias vor: "Personen in Berufungskomitees neigen dazu, jene Leute besser zu beurteilen, die ihnen selbst und ihrem Karriereweg ähnlich sind." Daher seien auch Unis viel homogener in der Personalbesetzung als die Gesamtgesellschaft.
Außerdem müssten die Karrierewege etwa zwischen Wirtschaft und Hochschulen durchlässiger gestaltet werden. Wer eine Hochschule verlasse und etwa erfolgreich in einem Unternehmen tätig sei, komme kaum wieder in die akademische Welt zurück. "Das ist derzeit eine Einbahnstraße", meinte Schober. Einschränkung: In den Naturwissenschaften bzw. der Technik sei eine solche Rückkehr zumindest möglich, so Arbeitsgruppen-Vorsitzende Anna Steiger. Allerdings gelte dies nur für Positionen im Bereich einer Professur.