Wissenschaft, Praxis und NGOs erforschen bei "COwLEARNING für nachhaltige Rindfleisch- und Milchversorgung" gemeinsam konkrete "Antworten mit Verantwortung"
BOKU-Forschungsprojekt in Kooperation mit der Vetmeduni unter den ersten, die über das neue Programm "ConnectingMinds" des FWF Fördermittel erhalten.
Die Begrenzung des Klimawandels und eine Anpassung an seine Folgen, die Sicherung gesunder Ernährung und des Wohlergehens von Nutztieren und bäuerlichen Familien sowie der Erhalt einer intakten Kulturlandschaft mit hoher Biodiversität gehören zu den derzeit größten Herausforderungen unserer Gesellschaft. Was liegt also näher, als dass auch Vertreter*innen aus den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen und Institutionen, aus der Wissenschaft ebenso wie aus der Praxis gemeinsam an möglichen Lösungen arbeiten?
Im Forschungsprojekt "COwLEARNING für nachhaltige Rindfleisch- und Milchversorgung", bei dem die Universität für Bodenkultur Wien die wissenschaftliche Leitung innehat, steht dieser transdisziplinäre Ansatz im Zentrum. "Das Projekt verbindet dabei Fachwissen aus den Bereichen Sozial-, Umwelt-, Agrar- und Veterinärwissenschaften auf Augenhöhe mit dem Praxiswissen relevanter Interessengruppen, deren Handeln in Zukunft darüber entscheiden wird, wie wir Rinder züchten, halten und töten, ihre Produkte (Milch und Fleisch) verarbeiten, handeln, zubereiten, konsumieren und - hoffentlich nicht - wegschmeißen", sagt Marianne Penker, Professorin für ländliche Entwicklung am Institut für nachhaltige Wirtschaftsentwicklung der BOKU. Im Zuge des Projektes werden Zukunftsszenarien, integrierte "Farm-to-Fork"-Bewertungen sowie ein Serious Game entwickelt. Ziel sei es, in einem partizipativen, transdisziplinären Ansatz Wege zu finden, wie eine tiergerechtere, ökologischere, ökonomisch und sozial nachhaltigere Milch- und Fleischproduktion gefördert werden kann.
Forschungspartner*innen in dem auf fünf Jahre anberaumten und vom FWF mit einer Million Euro geförderten Projekt sind Susanne Waiblinger vom Institut für Tierschutzwissenschaften und Tierhaltung an der Veterinärmedizinischen Universität Wien, Stefan Hörtenhuber, Experte für integrierte Nachhaltigkeitsbewertungen am BOKU-Institut für Nutztierwissenschaften, Alexandra Frangenheim, Doktorandin an der Universität Wien mit Fokus auf innovationsbasierten Transformationsprozessen sowie Stefan Kirchweger (STUDIA Schlierbach). Die beteiligten Praxispartner*innen sind der Ernährungsrat Wien, Land schafft Leben, Rinderzucht Austria, Verein Kulinarik und VIER PFOTEN International.
Ermöglicht wurde dieser innovative transdisziplinäre Forschungsansatz durch das neue Förderprogramm #ConnectingMinds des FWF. Das Besondere dabei: Die Mitwirkenden aus der Praxis entwickeln die Forschungsvorhaben von Beginn an mit und die Vollfinanzierung durch den FWF ermöglicht es den Beteiligten, rein erkenntnisgetrieben neue Ansätze zu erforschen, ohne Kofinanzierung durch einen Projektpartner.
Die Partnerorganisationen aus der Praxis und der Zivilgesellschaft sehen in dem innovativen, breiten Ansatz ebenfalls großes Potenzial. "Bei komplexen Herausforderungen wie dem Konsum von Fleisch im Spannungsfeld Gesundheit und Klimakrise, halten wir es für elementar, die verschiedenen Perspektiven und Problemwahrnehmungen zusammenzubringen - auch und gerade, weil dabei Kontroversen aufeinandertreffen können und ausgehandelt werden müssen", sagt Charlotte Kottusch vom Ernährungsrat Wien. Aber nicht nur die Herausforderung sei groß - "der Handlungsdruck im Bereich einer nachhaltigen Rindfleisch- und Milchproduktion ist es ebenfalls. Aus diesem Grund vertreten wir als Ernährungsrat die zivilgesellschaftliche Perspektive im Projekt."
Für Vier Pfoten die als globale Tierschutzorganisation für Tiere unter direktem menschlichem Einfluss, die Missstände erkennt, Tiere in Not rettet und sie beschützt, biete die gezielte Zusammenarbeit und die transdisziplinäre Vernetzung mit Bürger*innen, Interessenvertreter*innen entlang der Lebensmittelkette, wie unter anderen Landwirt*innen und Gastronom*innen, sowie Forschungseinrichtungen die Möglichkeit, die Zukunft der Rinder in Österreich tiergemäß und nachhaltig, im Sinne von One Welfare, mitzugestalten und neue Pfade für eine Welt zu entwickeln, in der Menschen den Tieren mit Respekt, Mitgefühl und Verständnis begegnen, betont Daniela Haager, Animal Welfare Scientist bei VIER Pfoten.
Immer mehr Menschen würden wissen wollen, woher ihr Essen kommt und wie es produziert wird, betont Carina Schober. "Als unabhängiger Verein zeigt Land schafft Leben daher transparent und durchgängig, wie Lebensmittel in Österreich hergestellt werden. Wir wollen regionale Lebensmittel aus einer standortgerechten Landwirtschaft, die bewusst von Konsument*innen nachgefragt werden. Das Projekt COwLEARNING leistet einen großartigen Beitrag zur Gestaltung der Lebensmittelproduktion der Zukunft. Am Beispiel Rind wird ersichtlich werden, welche Werte uns Konsument*innen wichtig sind, was eine nachhaltige Produktion ausmacht und welche Weichen wir jetzt dafür stellen müssen", so Schober.
In der Tätigkeit des Vereins regionale Kulinarik stellt die Vernetzung der unterschiedlichen Stakeholder innerhalb der Wertschöpfungskreise regionaler Lebensmittel ein zentrales Element dar. "Wir sind ein Netzwerk aus 130 Kulinarik-Initiativen und über 2500 qualitätsgeprüften Betrieben. Sich stets im Spannungsfeld zwischen Produzent*innen, Verarbeiter*innen und Konsument*innen zu bewegen, ist eine Herausforderung, die ständig neue Lösungsansätze benötigt. Das Projekt COwLEARNING kann und wird dazu beitragen, die Bedürfnisse und Interessen der unterschiedlichen Markteilnehmer*innen besser zu verstehen, wodurch neue Strategien entwickelt beziehungsweise abgeleitet werden können", unterstreicht Fabian Schweiger, Projektleiter beim Verein Regional Kulinarik.
Für BOKU-Forscherin Penker liegt die Stärke der neuen Förderschiene des FWF, die Grundlagenforschung mit den Erfahrungen aus der Praxis transdisziplinär vernetzt, unter anderem darin, "dass eine multiperspektivische Herangehens- und Betrachtungsweise robustere und breiter legitimierte Ergebnisse hervorbringt".
Kontakt & Rückfragen
Univ.Prof.in DIin Dr.in Marianna Penker Institut für Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung Universität für Bodenkultur Wien marianne.penker@boku.ac.at +43 1 47654 - 73115