Von Bedrohung zur Lösung - Klimanachrichten im Fokus an der Uni Graz
Ein Forschungsteam der Universität Graz untersucht, wie sich Zeitungsberichte über den Klimawandel auf Leserinnen und Leser auswirken. Mittels Befragung und Magnetresonanztomografie (MRT) werden die Reaktionen der Probanden auf Nachrichten getestet, außerdem werden klimabezogene Artikel analysiert. Die These, dass lösungsorientierte Berichte gegen Hoffnungslosigkeit helfen könnten, wird versucht zu belegen. Andere Unis sowie Journalistinnen und Journalisten sind eingebunden.
"Eine stärkere Erderwärmung stelle die Welt im 21. Jahrhundert vor katastrophale, wahrscheinlich irreversible Sicherheitsprobleme", schrieb eine der untersuchten Online-Zeitungen im Jahr 2020. Laut Projektleiterin Marie Kogler vom Institut für Umweltsystemwissenschaften der Universität Graz sei dies ein Beispiel für "bedrohungsorientierte Klimanachrichten": "Wir sehen die Betonung von Risiken, einen Alarmismus. Bedrohung ist rhetorisch nicht so schwierig, aber konstruktiv heranzugehen, schon." Ein lösungsorientierter Ansatz, der zu klimafreundlichem Handeln ermutigt, sei hier gelungen: "Wir brauchen Investitionen in eine saubere Mobilität, in Ladestationen für Elektrofahrzeuge, in bessere Zugverbindungen, Fernwärmenetze oder in energieeffiziente Häuser und Wohnblocks. Dann kann jede und jeder das Klima schützen." Es handelt sich um einen Gastkommentar aus dem Jahr 2020 der Bundespräsidentinnen und -präsidenten von Schweiz, Deutschland und Österreich im selben Medium.
Wider die Hoffnungslosigkeit
"Wir schauen uns an, ob klimafreundliches Verhalten durch lösungsorientierte Nachrichten erhöht werden kann", erläuterte Kogler gegenüber der APA. Das Ziel sei, lösungsorientierten Journalismus zu fördern und dadurch die Hoffnungslosigkeit in der Bevölkerung zu überwinden. Neben einer inhaltlichen Analyse, ob die Medienberichte eine positive oder negative Stimmung aufweisen, stehen Versuchspersonen im Mittelpunkt, denen lösungsorientierte, bedrohungsorientierte und neutrale Zitate aus Klimanachrichten vorgelesen werden. Die Uni Graz fragt dabei Gefühle und zukünftiges Handeln der Personen ab. Die unbewussten Reaktionen auf die Medienaussagen, sprich Hirnaktivitäten und Puls, werden im Rahmen des Projekts in einer MRT-Röhre der Medizinischen Universität Wien gemessen.
In einer Vorstudie, die im September 2023 veröffentlicht wurde, untersuchte das Team um die Physikerin Kogler bereits über 40.000 Artikel zum Thema Klima aus neun österreichischen Zeitungen von 2002 bis 2021. "Wir haben gesehen, dass oft Meinungsartikel sehr stark negativ geprägt sind und die Korrelation zu 'Eco-Anxiety' und Hoffnungslosigkeit steigt", so Kogler. Der Ansatz ist also, dass Phrasen wie "verheerende Folgen" oder "Klimakatastrophe" zu Angst und Resignation statt zu Verhaltensänderung führen könnten. Eine weitere These sei, dass bei polarisierenden Themen wie Ernährung eine gezielte Ansprache unterschiedlicher Zielgruppen sinnvoller sein könnte.
Laut Kogler sind ab April zwei Mal pro Jahr Workshops mit unterschiedlichen Akteuren geplant - beispielsweise aus dem Journalismus. Dem Projekt stehen bis Mitte 2026 400.000 Euro des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) zur Verfügung. Die Universität Graz arbeitet mit der Universität Wien, der Medizinischen Universität Wien sowie der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau zusammen.
Service: Zur Vorstudie "Aufwind in der Berichterstattung zum Klimaschutz. Langfristige Entwicklung von Themen und Stimmungsbildern in österreichischen Zeitungen": https://zfdg.de/2023_006