Grazer Forscher: Wohlgenährte Amöben wachsen, hungernde bewegen sich
Wohlgenährte Amöben erschließen sich die Welt mit Wachstum, hungernde mit Bewegung, berichten Grazer Biologen. Sie breiten sich in beiden Fällen mit verzweigten Fortsätzen - von den Forschern "Venen" genannt - in der Umgebung aus. Bei Nährstofffülle sind diese aber dick und pulsieren mehr, als zu Mangelzeiten, wo sie dünner und weniger aktiv sind. Diese "hirnlosen Organismen" passen sich damit an ihre Umwelt an, heißt es im Fachjournal "Royal Society Open Science".
Philipp Rosina und Martin Grube vom Institut für Biologie der Universität Graz ließen einzelne Amöben der Art Physarum polycephalum bei unterschiedlichen Bedingungen wachsen. Sie wurden im Minutentakt fotografiert und ihre Gestalt und Bewegungen von einem Computeralgorithmus ausgewertet. Sie wollen dabei mit einfachster Technik das Verhalten dieser Einzeller studieren, die biologisch überhaupt nicht korrekt selbst in der Fachwelt "Schleimpilze" genannt werden.
Gesamtvolumen der Zelle schrumpft bei Nährstoffmangel
"Wenn sie mit Nährstoffen gesättigt sind, wachsen sie", erklärte Rosina im Gespräch mit der APA: "Die Venen werden immer länger, ihr Netzwerk immer größer". Leiden sie Hunger, investieren die Amöben nicht viel Energie durch Wachstum in größere Strukturen, sondern bewegen die vorhandenen. Das Gesamtvolumen der Zelle schrumpft bei Nährstoffmangel fast um die Hälfte.
Auch Adrenalin verändert das Verhalten dieser einfachen Organismen. Sie können es wohl mit bestimmten "Fühlern" (Rezeptoren) erkennen. Dieser Botenstoff ist also nicht nur für "höhere Organismen" wie Menschen relevant. Auch die "Schleimpilze" reagieren darauf und wachsen bei hohen Konzentrationen des Stresshormons langsamer. Außerdem zeigen ihre Venen dann weniger Kontraktion, berichten die Forscher.
Mit der neuen, preisgünstigen Technik wollen sie nun das Verhalten von Physarum polycephalum bei unterschiedlichsten Umweltbedingungen und -reizen testen, erklärten sie. Außerdem könnte man damit jegliche komplexe Netzwerke studieren.
Service - http://dx.doi.org/10.1098/rsos.240950