Neue Gentechnik - EU-Agrarminister konnten sich nicht einigen
Die EU-Landwirtschaftsministerinnen und -minister konnten sich am Montag in Brüssel beim Thema Neue Gentechnik nicht einigen. "Wir nähern uns einer Einigung, aber eine Mehrheit ist noch nicht geschafft", sagte der spanische Agrarminister und Ratsvorsitzende Luis Planas Puchades am Ende der Diskussionen. Österreichs Landwirtschaftminister Norbert Totschnig (ÖVP) sprach sich gegen die aktuelle Ratsposition zur entsprechenden EU-Verordnung aus.
Der ursprüngliche Vorschlag der EU-Kommission sieht vor, dass einige Formen der neuen genomischen Verfahren (NGT) nicht mehr unter die strengen Regeln für gentechnisch veränderte Organismen (GVO) fallen sollen. Totschnig begrüßt zwar, dass weiterhin eine Opt-out-Option für die Mitgliedstaaten bei einigen NGT-Sorten (Kategorie NGT-2) vorgesehen ist. Positiv sei auch das weiterhin geplante Verbot von NGT in der biologischen Landwirtschaft, sagte er während des heutigen Treffens. Ein Streitpunkt ist die Frage der Patentierbarkeit von mit NGT hergestellten Pflanzensorten.
Große Konzerne begünstigt
"Es geht darum, dass wir hier die großen Konzerne begünstigt sehen. Die vergleichsweise kleinstrukturierte Land- und Saatgutwirtschaft wird bedroht, durch eine Monopolisierung die hier stattfinden könnte", sagte Totschnig im Vorfeld des Ministertreffens. Hintergrund ist unter anderem die Sorge, dass mithilfe von NGT Pflanzensorten geschaffen werden, die auch durch herkömmliche Züchtung entstehen. Große Konzerne wären mit den neuen Verfahren aber schneller und könnten die Sorten auch noch patentieren.
Eine weiteres Anliegen von Totschnig ist die Kennzeichnung von Produkten, die NGT-Pflanzen enthalten. Das sei wichtig, damit das Verbot in der Bio-Landwirtschaft bewerkstelligt werden könne. Ein Verzicht auf eine Risikobewertung bei einigen Formen der Neuen Gentechnik (NGT-1) widerspreche weiters dem Vorsorgeprinzip.
Sehr ähnlich sieht das auch sein deutscher Kollege Cem Özdimir (Grüne). "Es braucht eine glaubwürdige Koexistenz von konventioneller und biologischer Landwirtschaft", sagte der deutsche Landwirtschaftsminister vor dem Ratstreffen. Deutlich offener stand Frankreichs Agrarminister Marc Fesneau der Neuen Gentechnik gegenüber. "Wir benötigen alle 27 (EU-Mitgliedstaaten; Anm.) die NGT, um unsere Souveränität zu garantieren", gab er sich vor dem Treffen hoffnungsvoll, dass man am Ende einen Kompromiss finden werde.
Die Umweltschutzorganisation Global 2000 begrüßt, dass es zu keiner Einigung kam. "Das ist ein erfreulicher Schritt für den Schutz unserer Umwelt, für Biodiversität und für die Rechte der Konsumentinnen und Konsumenten und Bäuerinnen und Bauern auf volle Transparenz und Wahlfreiheit", sagt die Global-2000-Gentechniksprecherin Brigitte Reisenberger laut einer Aussendung.
EU-Kommission will Status Quo ändern
Die EU-Kommission hat im Juli neue Pläne für einen deutlich lockeren Umgang mit der Neuen Gentechnik (NGT) in der Landwirtschaft vorgestellt. Neue Mutationsverfahren wie die Genschere Crispr/Cas (Kategorie NGT-1) sollen demnach künftig einfacher zum Einsatz kommen und damit bearbeitete Pflanzen nicht mehr als gentechnisch verändert gekennzeichnet werden. Ziel der Deregulierung ist unter anderem, gegen Wassermangel oder Schädlinge widerstandsfähigere Gewächse zu züchten. NGT-Verfahren mit nicht kreuzbaren Arten, Transgenese genannt, (Kategorie NGT-2) sollten hingegen unter die bestehenden GVO-Verordnungen fallen.
Die spanische Ratspräsidentschaft reagierte mit einem Kompromissvorschlag, der unter anderem ein NGT-Verbot für Biolandwirtschaft enthält; auch die Kennzeichnungspflicht für NGT-1-Saatgut (aber nicht von Endprodukten) solle bleiben. Das EU-Parlament will seinerseits Anfang des kommenden Jahres seine Position zu dem Thema festlegen.