Weltklimarat IPCC warnt: Aufruf heimischer Wissenschaft und NGOs
Der IPCC-Bericht lässt keine Zweifel offen, der Klimawandel ist in vollem Gang ist und hinterlässt bereits jetzt massive negative Auswirkungen: Bisherige Bemühungen, den Klimawandel zu mindern, verfehlen eine Stabilisierung des Klimas bei plus 1,5 Grad und zwei Grad, hieß es vom Climate Change Centre Austria (CCCA) in einer Aussendung unter Hinweis auf die Pariser Klimaziele.
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Mit jedem weiteren zehntel Grad Erwärmung würden die Folgen weiter zunehmen, warnte das österreichische Klimaforschungsnetzwerk. Die globale Erhitzung unseres Planeten wird diesen an den Rande des Kollaps bringen, dass verdeutliche der IPCC-Bericht, schrieb Greenpeace Österreich in einer ersten Reaktion. Doch der Weltklimarat zeige auch klar auf, es sei noch nicht zu spät, um die dringend benötigte Klima-Trendwende endlich einzuleiten. Jasmin Duregger, Klima- und Energieexpertin der NGO, bezeichnete die Bedrohungen durch die Klimakrise als "groß, doch ebenso sind es auch die Möglichkeiten, unsere Welt positiv zu verändern. Doch wir dürfen die verbleibende Zeit nicht sinnlos vergeuden".
Die österreichische Regierung müsse jetzt Meter beim Klimaschutz machen und das längst überfällige Klimaschutzgesetz auf den Boden bringen. Nicht zuletzt an der Umsetzung des Klimaschutzgesetzes in Österreich wird sich messen lassen, wie sehr die aktuelle Regierung ihren Versprechen nach einem klimaneutralen Österreich bis 2040 nachkommt, kritisierte Duregger.
Noch kein neues Klimaschutzgesetz
Auch Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) wurde anlässlich der heutigen Veröffentlichung des IPCC-Berichts bei einem Medientermin zum seit über 800 Tagen fehlenden Klimaschutzgesetz gefragt. Dieses ist seit 1. Jänner 2021 ausgelaufen, ein neues ist noch immer nicht in Sicht. "Wenn ich es alleine entscheiden könnte, hätten wir schon ein Klimaschutzgesetz", sagte Gewessler dazu. Die Warnung des IPCC sei indes "unmissverständlich und deutlich" und das "Zeitfenster, das uns noch bleibt, um das Klima und damit auch unsere Zukunft auf dieser Erde zu schützen, wird kleiner", so die Ministerin, die zudem ankündigte, beim kommen UNO-Klimagipfel ein Ende der Nutzung fossiler Brennstoffe einzufordern.
Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) sieht den jüngsten Bericht als Auftrag: "Für Österreich bedeutet das noch intensivere Anstrengungen bei der Umsetzung der Energiewende und beim Klimaschutz", schrieb Kogler auf Twitter. Es müsse mehr Strom aus Sonne, Wind und Wasser erzeugt werden, um die Abhängigkeit von Öl und Gas zu beenden. "Das muss unser oberstes Ziel sein: Raus aus dem Fossilzeitalter, rein ins Solarzeitalter", so Kogler.
Julia Herr, SPÖ-Umweltsprecherin, forderte anlässlich des IPCC-Berichts, dass "die ÖVP endlich ihre Blockade beim Klimaschutzgesetz beenden muss. Wir haben längst keine Zeit mehr für politische Machtspielchen auf Kosten unserer Zukunft auf diesem Planeten!", so die Abgeordnete. Auch die Grünen seien in der Pflicht, nicht länger fahrlässige Aussagen ihres Regierungspartners kleinreden zu sollen, sondern den Druck auf die ÖVP erhöhen müssten.
"Es ist Österreich, das immer noch kein Klimaschutzgesetz, kein Wärmegesetz und kein Energieeffizienzgesetz hat. Es ist Österreich, das immer noch beim Ausbau der Erneuerbaren hinterherhinkt, das immer noch viel zu langsame Verfahren, viel zu viel Bürokratie und viel zu viele politische Blockierer hat. Und es ist Österreich, das noch immer jeden Tag wertvollen Boden in der Größe von rund 13 Fußballfeldern verbraucht", kritisierte NEOS-Klima- und Umweltsprecher Michael Bernhard die österreichische Regierung. Mit den Klimawandelleugnern der ÖVP und der FPÖ werde sich das genauso wenig ändern "wie mit ein paar stumpfsinnigen ,Klimaglück'-Plakaten, wenn die Grünen ihren schönen Worten dann nie Taten folgen lassen".
Klimakrise "nichts Abstraktes"
"Schluss mit der Vogel-Strauß-Politik beim Klimaschutz!", forderte indes WWF-Klimasprecher Thomas Zehetner. Während es weltweit 20 Staaten im letzten Jahrzehnt gelungen ist, ihre Emissionen dauerhaft zu senken, ist in Österreich der CO2-Ausstoß seit 1990 fast unverändert. "Um von der Nachzügler-Rolle wieder zum Vorreiter zu werden, brauchen wir dringend ein ambitioniertes Klimaschutzgesetz und ein groß angelegtes Naturschutz-Programm", so die WWF-Forderung.
Die Klimakrise ist nichts Abstraktes, auch nicht in Österreich, stellte die österreichische Hagelversicherung fest, im Gegenteil: "Die Erderwärmung ist im vollen Gange", erklärt der Vorstandsvorsitzende Kurt Weinberger und belegt den Klimawandel mit Zahlen: "Während wir beispielsweise in Wien in den 80er, 90er Jahren jährlich noch ca. zehn Hitzetage, also Tage mit mehr als 30 Grad Celsius hatten, sind es jetzt knapp 30 Hitzetage pro Jahr, also das Dreifache." Spürbar sei die Erderwärmung aber auch an den zunehmenden Wetterextremen, die die Landwirtschaft mit der Werkstatt unter freiem Himmel unmittelbar und als erstes treffen und dabei an Häufigkeit und Intensität zunehmen würden.
Die Menschenrechts-NGO Südwind betonte, dass der Zyklon "Freddy"in Malawi, Mozambique und Madagaskar auf dramatisch Weise zeige, dass oft jene Länder am stärksten von der Klimakrise betroffen seien, die am wenigsten dazu beigetragen haben. Sie fordert einen umfassenden politischen Wandel auch vom Bundeskanzler. "Dass Österreichs Bundeskanzler, wie in seiner Grundsatzrede deutlich wurde, weiter am Status Quo festhalten möchte, ist inakzeptabel."
"Niemand kann sagen, er hätte nichts gewusst. Die Fakten liegen auf dem Tisch, jetzt ist es Zeit zu handeln! Diese weltweite Überlebensfrage darf nicht länger kleinkarierter Parteipolitik geopfert werden. Was wir brauchen ist ein entschlossener Einsatz für die Energiewende von Politik, Wirtschaft und der gesamten Gesellschaft", forderte Johannes Wahlmüller von Global 2000 abschließend.