Weiter Nachholbedarf bei akademischen Spin-offs
Forschende, die ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse in Produkte oder Dienstleistungen überführen wollen, werden häufig durch Intransparenz, individuelle Regelungen und langwierige Verhandlungen mit Hochschulen und Forschungseinrichtungen gebremst. Ein neuer Leitfaden soll nun helfen, das in der österreichischen Forschungsstrategie verankerte Ziel zu erreichen, die Zahl der akademischen Ausgründungen - vulgo Spin-offs - bis zum Jahr 2030 zu verdoppeln.
"Spin-offs sind eine wesentliche Form, Forschungsergebnisse in die Gesellschaft zu tragen. Allerdings besteht hier noch Entwicklungspotenzial", sagte Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) bei einem Hintergrundgespräch. Das werde Thema bei den heuer anstehenden Gesprächen über die Leistungsvereinbarungen zwischen Ministerium und Unis für die Jahre 2025 bis 2027 sein. Er verwies auch auf das Förderprogramm "Spin-off Fellowships" über das 15 Millionen Euro bereitstehen. "Es geht aber nicht nur um Geld, sondern auch um Know-how", so der Minister, der bis 2021 für den Start-up- und Innovations-Hub Unicorn an der Universität Graz verantwortlich war.
In der österreichischen Forschungsstrategie (FTI-Strategie) hatte man sich 2020 das Ziel gesetzt, die Zahl der Spin-offs bis zum Jahr 2030 zu verdoppeln. Damals wie heute dürften etwa 90 akademische Spin-offs pro Jahr entstanden sein beziehungsweise entstehen, es herrscht also Stagnation. Ins Treffen geführt wird ein gewisser "Pandemie-Knick" und eine insgesamt abnehmende Gründungsdynamik, was sich auch in rückläufigen Zahlen bei Start-ups zeige. Einen neuen Schub soll nun ein Leitfaden mit zehn Empfehlungen bringen, so Werner Wutscher, Universitätsrat der Uni Klagenfurt und Start-up-Investor.
Handlungsanleitungen unter Beteiligung des gesamten Spin-off-Ökosystems
Die Handlungsanleitungen seien unter reger Beteiligung des gesamten Spin-off-Ökosystems erarbeitet worden und sollen einen klaren Rahmen für zukünftige Ausgründungen bieten. "Es gibt viele Initiativen, aber auch viel Intransparenz, wenig Standardprozesse und kaum klare Verantwortlichkeiten", erklärte Wutscher, der den Leitfaden im Auftrag des Ministeriums entwickelt hat. Ziel sei, die Ausgründungsprozesse an Hochschulen und Forschungseinrichtungen zu beschleunigen und auch jene Fach- und Forschungsbereiche anzusprechen, die bisher noch kaum erreicht wurden - etwas die Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften.
Empfohlen wird beispielsweise Entrepreneurship an den Universitäten stärker zum Thema zu machen, transparente Richtlinien für Spin-offs im Hinblick auf geistiges Eigentum festzulegen und gemeinsame Unterstützungszentren regional oder nach Forschungsschwerpunkt zu etablieren. Außerdem sollen differenzierte Verwertungs- und Beteiligungsstrategien entwickelt werden, die maßgeschneiderte Modelle ermöglichen. Die frühzeitige Einbindung von Investoren wird ebenfalls hervorgestrichen.
"Ausgründen ist mit hohem Risiko verbunden, macht aber viel Spaß. Wenn es schief geht, hat man zumindest viel gelernt", ergänzte Christine Ruckenbauer, Mitbegründerin von RIANA Therapeutics, einem Spin-off der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Mehr Transparenz, etwa wie hoch die Lizenzgebühren sind, helfe dabei, das Risiko zu minimieren und Forscher zu motivieren. Wichtig dabei sei, "dass die Leitungsebene der Hochschule Verständnis für Entrepreneurship hat und das unterstützt".