Neuer ÖAW-Schwerpunkt zu "Antisemitismus der Gegenwart" startet
Unter der Koordination der Historikerin Heidemarie Uhl lanciert die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) ihren neuen Forschungsschwerpunkt "Antisemitismus der Gegenwart". Mit der Initiative wolle man auch einen "Kontrapunkt zu den politisch aufgeladenen Kontroversen setzen", erklärte ÖAW-Präsident Heinz Faßmann in einer Aussendung. Wohin die Forschungsreise gehen wird, sei noch offen, so Uhl im Gespräch mit der APA.
Obwohl das Thema "Antisemitismus" in Österreich vielerorts erforscht wird, fehlte bisher eine institutionelle Verankerung, so die Koordinatorin des Forschungsschwerpunktes. Der Start mit 27. Jänner ist nicht zufällig gewählt: Es ist der Gedenktag zur Befreiung des NS-Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau im Jahr 1945.
Späte Gründung als Chance
Für Uhl ist die im internationalen Vergleich "späte Gründung eine Chance", denn im Zuge einer Bestandsaufnahme werden sich unter Projektleitung von Helga Embacher von der Universität Salzburg und Alexandra Preitschopf von der Uni Klagenfurt Expertinnen und Experten dem breiten Forschungsbereich systematisch annähern. Das vordringliche Ziel ist es, den internationalen Stand im Rahmen eines Erhebungsprojekts zu analysieren und auf dieser Basis die Ausrichtung der neuen Einrichtung zu definieren und möglichst nicht auf bekannten Schienen zu fahren.
Die grundlegende Ausrichtung auf die Gegenwart biete eine Reihe an Möglichkeiten, so Uhl, die am Institut für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte der ÖAW tätig ist. Nicht ausgeschlossen sei aber auch, dass im Rahmen des ebenfalls gestarteten "Fellowship Programmes" auch einmal Projekte stärker mit dem Rückblick auf das so ungeheuer persistente gesellschaftliche Phänomen durchgeführt werden.
Verbreitung von Antisemitismus ändert sich ständig
Die traurige Aktualität kann dem Thema "Antisemitismus" jedenfalls nicht abgesprochen werden, die Verbreitungsmechanismen und dazu benutzten Medien unterliegen aber Veränderungen, die es aufzuzeigen und zu diskutieren gelte, so Faßmann. "Wie funktioniert das Gedächtnis des Antisemitismus? Woher kommen diese Bilder und warum lassen sie sich so leicht hervorrufen?" seien Grundfragen, die man aus aktueller Perspektive auch aus der Sichtweise von Social Media und Co zu untersuchen sollte, sagte Uhl.
Die neue Struktur gelte es nun mit "innovativen" Ansätzen und Inhalten zu füllen. Man wolle aber sehr bewusst nicht mit einem fix vorbereiteten Forschungsprogramm starten. Genau auseinandersetzen werde man sich allerdings mit den Ergebnissen der seitens des Parlaments alljährlich durchgeführten Erhebungen über Wahrnehmungen und Einstellungen der in Österreich lebenden Bevölkerung zum Antisemitismus. Diese und andere internationale "Monitoring"-Daten stehen den Forschern für tiefere Analysen zur Verfügung. Mit den Erkenntnissen aus den wissenschaftlichen Tätigkeiten möchte man in der Folge auch in die breitere Öffentlichkeit gehen.
Service: https://www.oeaw.ac.at