Kleinste Veränderungen können einen Planeten unbewohnbar machen
Von bewohnbar zu lebensfeindlich: Genfer Forschende haben erstmals den sogenannte Runaway-Treibhaus-Effekt simuliert, der einen Planeten völlig unbewohnbar machen kann. Ausgelöst werde dieser durch geringfügige Veränderungen, teilte die Universität Genf am Montag mit.
Auf der Erde würde laut der Studie im Fachmagazin "Astronomy & Astrophysics" ein Anstieg der globalen Temperatur von nur wenigen zehn Grad ausreichen, um diesen irreversiblen Prozess in Gang zu setzen. In einem solchen Szenario kann sich ein Planet von einem gemäßigten, erdähnlichen Zustand auf über 1.000 Grad Celsius erhitzen.
Die Idee eines sogenannte Runaway-Effekts ist nicht neu, wie die Universität Genf (Unige) in der Mitteilung betonte. Das Prinzip dahinter ist einfach: Erhöhen sich die Temperaturen auf einem Planeten, verdunstet mehr Wasser. Der Wasserdampf in der Atmosphäre verhindert, dass Sonneneinstrahlung in Form von Wärmestrahlung in den Weltraum zurückgestrahlt wird. Er hält die Wärme also ähnlich wie eine Rettungsdecke zurück.
"Es gibt eine kritische Schwelle für diese Menge an Wasserdampf, jenseits derer der Planet nicht mehr abkühlen kann. Von dort aus läuft alles aus dem Ruder, bis die Ozeane vollständig verdampfen und die Temperatur mehrere hundert Grad erreicht", erklärte der Hauptautor der Studie, Guillaume Chaverot, in der Mitteilung.
In der neuen Studie haben Astronominnen und Astronomen der Unige und des Nationalen Zentrums für wissenschaftliche Forschung in Frankreich diesen Runaway-Effekt aber zum ersten Mal simuliert, um zu verstehen, wie er sich entwickelt und welche Faktoren dazu beitragen. Einer der Schlüsselpunkte der Studie beschreibt laut Unige das Auftreten eines sehr eigenartigen Wolkenmusters, das den Runaway-Effekt verstärkt und den Prozess irreversibel macht.
Kritische Wasserdampfschwelle
Zum Start dieses Prozesses bilden sich demnach dichte Wolken in der oberen Atmosphäre, die die Struktur der Atmosphäre tiefgreifend verändern. "Die für die Erdatmosphäre typische Temperaturinversion, die die beiden Hauptschichten der Atmosphäre - die Troposphäre und die Stratosphäre - voneinander trennt, ist nicht mehr vorhanden", erklärte Chaverot.
"Dank früherer Studien hatten wir bereits eine solche kritische Wasserdampfschwelle vermutet, aber die Entstehung des Wolkenmusters ist eine echte Überraschung", sagte Studienautorin Émeline Bolmont. Mit ihrem Klimamodell zeigten die Forschenden außerdem, wie dieser Runaway-Prozess auf der Erde aussehen würde. Eine Verdunstung von zehn Metern der Ozeanoberfläche würde demnach zu einem Anstieg des atmosphärischen Drucks am Boden um 1 Bar führen.
"Innerhalb weniger hundert Jahre würden wir am Boden eine Temperatur von über 500 Grad Celsius erreichen. Später würden wir sogar bis zu 273 bar Druck und über 1.500 Grad Celsius erreichen, wenn schließlich die gesamten Ozeane verdampft sind", so Chaverot.
Die neuen Erkenntnisse zum entstehenden Wolkenmuster sind laut den Forschenden für die Erforschung des Klimas auf anderen Planeten von großer Bedeutung. "Durch die Untersuchung des Klimas auf anderen Planeten wollen wir vor allem herausfinden, ob sie Leben beherbergen können", erklärte Bolmont. In Zukunft sollen Messinstrumente in der Lage sein, die Wolkenmuster auf fremden Planeten zu erkennen, die zeigen, dass ein solcher Runaway-Treibhaus-Prozess im Gange ist.