Innsbrucker Studie: Lebenslanges Lernen wirkt positiv gegen Demenz
Eine an der Neurologie der Universitätsklinik Innsbruck durchgeführte Studie zeigt einen eindeutigen Zusammenhang zwischen Bildung und höherer geistiger Fitness im Alter, sogar bei Patienten mit einer neurodegenerativen Erkrankung. Allerdings, so Neuropsychologin Laura Zamarian im APA-Interview, hätten höher gebildete Menschen nicht in allen Bereichen besser abgeschnitten.
Bildung sei in dem Fall nicht nur als formale Schulbildung, sondern auch als "längerfristige geistige Herausforderung" zu verstehen. Lernen wirke protektiv. "Es geht vielmehr um geistig stimulierende Beschäftigung", erklärte die Neuropsychologin, "weniger um formelle Schulbildung". Viele ältere Personen hätten ein "interessantes, stimulierendes Leben" gelebt. Neurodegenerative Erkrankungen wie etwa Demenz können so zwar nicht verhindert, sehrwohl aber abgeschwächt bzw. hinausgezögert werden, zog Zamarian Schlüsse aus der kürzlich in der Fachzeitschrift "Journal of Alzheimer's Disease" publizierten Studie.
1.400 Patienten retrospektiv untersucht
Um den Zusammenhang zwischen Bildung und geistiger Fitness zu untersuchen, hatten sie und ihr Team Datensätze von 1.392 Patienten aus den Jahren 2009 bis 2020 retrospektiv untersucht. Alle Untersuchten litten entweder unter einer neurodegenerativen Erkrankung wie Alzheimer, vaskulärer Demenz oder Morbus Parkinson, oder einer milden kognitiven Störung. Alle hätten eine Reihe unterschiedlicher Tests zur Feststellung ihrer geistigen Fitness absolviert. Zusätzlich wurde deren Bildungsniveau, gemessen in Jahren formaler Schulbildung, in Betracht gezogen.
"Höher gebildete Menschen schnitten im Allgemeinen besser ab. Allerdings gibt es Bereiche, in denen bei schwerer Demenz das Bildungsniveau egal zu sein scheint, andere schienen aber bei höher gebildeten Menschen besser erhalten", fasste Zamarian zusammen. Vor allem das semantische Gedächtnis betreffend sei ein Zusammenhang zwischen Bildung und höherer geistiger Fitness klar feststellbar, etwa in puncto Sprachverständnis, beim Erfassen von Zahlenverhältnissen oder von komplexen geometrischen Figuren. "Das semantische Gedächtnis hilft uns, Informationen und die Umgebung zu verstehen", so Zamarian. "Mit dem Alter werden wir alle vergesslicher und weniger flexibel. Wenn gelerntes Faktenwissen aber automatisiert abläuft, haben wir mehr geistige Kapazitäten für andere Dinge", erklärte die Wissenschafterin. Sich geistig zu stimulieren sei jedoch nur einer mehrere Bausteine für ein gesundes Altern. Zudem sei es - aus der Literatur allgemein bekannt - wichtig, auf eine gesunde Ernährung, ein ausgewogenes Sozialleben und Bewegung zu achten.
"Ich bin sehr davon überzeugt, dass Lernen in jedem Alter wichtig ist - wir dürfen uns in diesem Zusammenhang nicht einfach zurücklehnen", betonte Zamarian. Zudem seien aus der Studie auch Konsequenzen auf die klinische Arbeit abzuleiten. Die Ergebnisse würden zeigen, dass im Vorfeld der Behandlung von Patienten mit neurodegenerativen Erkrankungen ein Gesamtwert aus einer einzigen Kurzuntersuchung nicht ausreiche, sondern vielmehr mehrere ausführliche neuropsychologische Untersuchungen von Nöten seien.