Studierende thematisieren NS-Geschichte der Linzer Nibelungenbrücke
"Wissen Sie, warum diese Brücke Nibelungenbrücke heißt?" - Linzer Studierende haben Passanten diese Frage gestellt und gemerkt: Viele wissen nicht, dass die für Linz so zentrale Brücke ein NS-Bau ist, mit dem man dem gleichnamigen Heldenmythos huldigte. Die aus dem Projekt entstandene Ausstellung widmet sich der Frage, wie man mit belasteten öffentlichen Objekten umgeht. Sie ist von Mittwoch bis 18. Dezember in den Linzer Brückenkopfgebäuden - ebenfalls NS-Bauten - zu sehen.
Die Brücke über die Donau ist eine zentrale, stark frequentierte innerstädtische Verkehrsroute, sie verbindet den Hauptplatz und den Stadtteil Urfahr. Dennoch - bis heute verweist kein Schild auf die Geschichte der Brücke, die unmittelbar nach dem "Anschluss" Österreichs ans Deutsche Reich gebaut wurde. Auf ihr sollten Reiterstandbilder der wichtigen Heldinnen und Helden der Nibelungen aufgestellt werden, was kriegsbedingt nicht mehr zustande kam. Der Granit stammt aus den Steinbrüchen der Konzentrationslager Mauthausen und Gusen, Kriegsgefangene und Zwangsarbeitende wurden beim Bau eingesetzt.
"Wissen Sie, warum diese Brücke Nibelungenbrücke heißt?"
Studierende der Kunstuni und der Johannes Kepler Universität stellten im Rahmen des gemeinsamen Bachelorstudiums Kulturwissenschaften Passantinnen und Passanten die Frage: "Wissen Sie, warum diese Brücke Nibelungenbrücke heißt?" - fast niemand habe dies beantworten können, so Birgit Kirchmayr, assoziierte Universitätsprofessorin für Neuere Geschichte und Zeitgeschichte. "Umso mehr wollten wir gemeinsam in den Archiven graben" und die Ergebnisse in einer Ausstellung präsentieren, beschreibt sie den Ausgangspunkt des Projekts.
Während der NS-Zeit seien neben Wohn- und Repräsentationsbauten auch Infrastruktur-Bauwerke entstanden, die bis heute genutzt werden. "Diese werden selten thematisiert, lassen sich häufig weder baulich noch funktional verändern und sind meist unhinterfragter Teil unseres Alltagslebens", so Angela Koch, Universitätsprofessorin für Medienästhetik. Diese Lücke im öffentlichen Diskurs will man nun mit der Ausstellung "Über eine Brücke ... gehen/fahren/schreiben/forschen/reden/streiten ..." füllen.
Besucher erwarten u.a. eine feministische Neuerzählung des Nibelungenmythos ebenso wie eine umfassende Darstellung der Baugeschichte und Biografien jener Bürger, die für den Brückenbau enteignet wurden. Die Plattform "Sounding Linz" versucht, die Brücke auch akustisch erfahrbar zu machen. Abgerundet wird die Ausstellung von einem breiten Begleitprogramm mit Diskussionen und partizipativen Formaten.
Service - "Über eine Brücke ... gehen/fahren/schreiben/forschen/reden/streiten ...", von 20. November bis 18. Dezember, Linzer Brückenkopfgebäude, https://www.kunstuni-linz.at