Quantenmechanik zum Leben erwecken | Neuer ISTA Assistenzprofessor Julian Léonard macht abstrakte Quanteneigenschaften sichtbar
Der neue Assistenzprofessor am Institute of Science and Technology Austria (ISTA) Julian Léonard erweckt die Quanteneigenschaften der Materie zum Leben, führt sie aus dem Abstrakten in die Realität. Nachdem er an der ETH Zürich und in Harvard geforscht hat, wechselt Léonard nun von der TU Wien ans ISTA. Seine Forschung unterstreicht die zentrale Rolle der Quantenmechanik in der Natur. Dabei spielt er mit den Regeln der Quantenphysik wie mit einem Brettspiel, um so neue Quantenphänomene aufzudecken.
In der Materialwissenschaft werden die Aggregatzustände oft aus der Perspektive der klassischen Physik betrachtet, bei der sich Atome wie Teilchen verhalten. Es wird den Physiker:innen aber immer klarer, dass nichts in der Natur ohne die Quantenmechanik existieren kann. Das ist der Bereich, in dem sich winzige Objekte gleichzeitig wie Teilchen und Wellen verhalten. Julian Léonard, ein neuer Assistenzprofessor am Institute of Science and Technology Austria (ISTA), und sein Forschungsteam suchen nach Wegen, um zu verstehen, wie Zustände in der Materie aus einer rein quantenmechanischen Perspektive entstehen. „Dadurch stoßen wir manchmal auf neue Quanteneigenschaften, die wir als ‚exotisch‘ bezeichnen. Da die Natur im Grunde quantenmechanisch ist, wollen wir die Grenzen dessen ausloten, was Quantenzustände erreichen können“, erklärt Léonard.
Abstrakte Wechselwirkungen visualisieren
Die Quantenwelt wird oft als sehr abstrakt wahrgenommen. Dieser Bereich der Physik wird von markanten Korrelationen wie der Verschränkung beherrscht. Dieses Phänomen besagt, dass die Eigenschaften zweier Teilchen unabhängig von ihrer physischen Trennung miteinander verbunden bleiben. Laut Léonard zeigt sich hier die Quantenphysik von ihrer besten Seite. Je stärker ein System verschränkt ist, desto schwieriger ist es für die klassische Physik, seine Eigenschaften ohne Quantenmechanik zu erklären. Daher nehmen Léonard und seine Forschungsgruppe stark verschränkte Systeme als Ausgangspunkt für die Entdeckung neuer Quantenphänomene.
Quanteneigenschaften wie die Verschränkung treten bei ultrakalten Temperaturen auf, also bei Temperaturen, bei denen kein anderer Bereich der Physik eine Bewegung feststellen kann. Bei diesen ultrakalten Temperaturen werden die Quanteneffekte von der atomaren Skala auf eine Skala ähnlich der Größe einer Zelle vergrößert. In Bezug auf die Größenordnung ist das so, als ob eine Person einen ganzen Berg bewegen könnte. „Viele Konzepte in der Physik werden klarer, wenn man sie von Grund auf aufbaut“, so Léonard. „Mit meiner Gruppe arbeite ich daran, die Quantenwelt zum Leben zu erwecken – wir machen sie also sichtbar. Wir erforschen die Quanteneigenschaften der Materie buchstäblich vor unseren Augen. Dafür verwenden wir optische Mikroskope und Fluoreszenz.“
Wie ein Brettspiel
Léonard ist fasziniert von den atomaren Teilchen und ihren Quantenwechselwirkungen, die ihre eigenen Regeln haben. „Das Schöne an der Quantenwelt ist, dass Wissenschafter:innen, sobald sie ihre Regeln verstanden haben, sie wie ein Brettspiel behandeln können. In der Quantenmechanik sind Dinge möglich, die wir uns in unserer greifbaren Welt nur schwer vorstellen können“, erklärt er. Die Léonard Gruppe akzeptiert diese Regeln und lernt, das Spiel zu spielen, um neue Phänomene in den Quantenzuständen der Materie aufzudecken.
Einzelne Atome mit einer Pinzette fangen
In einem kürzlich erzielten Durchbruch gelang es der Léonard Gruppe, einzelne Atome in einer Anordnung optischer Pinzetten einzufangen. Optische Pinzetten sind fokussierte Strahlen, die einzelne Atome festhalten und bewegen, sodass Wissenschafter:innen sie unter dem Mikroskop mittels Fluoreszenz betrachten können. Die Atome können in regelmäßigen Abständen oder gar willkürlich angeordnet werden, sodass sie auf programmierte Weise interagieren können. Diese Arbeit wird der Léonard Gruppe letztlich dabei helfen, Quantencomputer und -simulationen zu verbessern.
Ein exzellenter Werdegang
Nach seinem Doktorat an der ETH Zürich führte es Léonard als Postdoc nach Harvard, bevor er seine Forschungsgruppe an der Technischen Universität Wien gründete. Jetzt freut sich Léonard auf seinen Neustart am ISTA. „Das ISTA bietet ein außergewöhnlich inspirierendes Forschungsumfeld, und ich schätze den Austausch mit Wissenschafter:innen aus verschiedenen Bereichen sehr. Ich freue mich darauf, mein eigenes hochmodernes Labor aufzubauen und fühle mich hier gut unterstützt.“
Im Laufe des kommenden Jahres wird Léonards bestehende Gruppe an der TU Wien auch ans ISTA im niederösterreichischen Klosterneuburg übersiedeln. In diesem neuen Umfeld werden sie neue Wege in ihrer Forschung beschreiten.
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