Sexualpädagogik - Initiative warnt vor Kindeswohlgefährdung
Eine Gruppe von Eltern und Vertreterinnen und Vertretern aus Medizin und Psychotherapie hat am Donnerstag per offenem Brief von der Politik eine Kehrtwende bei der Sexualpädagogik an Schulen gefordert. Man befürchte angesichts der aktuellen Vorgaben etwa in Erlässen und den neuen Lehrplänen des Bildungsministeriums, aber auch den WHO-Sexualaufklärungsstandards in Europa eine "Gefährdung des Kindeswohls", heißt es in dem Schreiben, zu dem auch eine Petition gestartet wurde.
Die Initiatorinnen und Initiatoren warnen vor einer "subtilen Entgrenzung zwischen Erwachsenen- und Kindersexualität". So fordere etwa der Grundsatzerlass des Bildungsministeriums, dass mit Kindern und Jugendlichen über alle Themen rund um Beziehung und Sexualität gesprochen werde. "Aufgrund unserer langjährigen Arbeit mit Kindern müssen wir dieser Haltung vehement widersprechen." Die natürliche Schamgrenze der Kinder und Jugendlichen müsse geachtet werden, heißt es in dem Schreiben an mehrere Regierungsmitglieder, die Bildungslandesrätinnen und -räte sowie die Klubobleute der Nationalratsparteien.
Die Initiatoren warnen außerdem vor reflexiver Geschlechterpädagogik, da eine "proaktive, einseitige Handhabung von Diversitätsthemen" zu "Überforderung und weitreichenden psychosozialen Folgeschäden" führe. Außerdem widerspreche eine Anleitung in jegliche Richtung dem Indoktrinationsverbot.
Die Initiatoren - unter den Erstunterzeichnern wird etwa die Elterninitiative Löwenmamas und Löwenpapas, die sich zuletzt gegen Coronamaßnahmen engagiert hatte, genannt - fordern von den Adressaten ein öffentliches Bekenntnis dazu, die Grundsatzerlässe "im Sinne des Kindeswohls anzupassen" und sich klar abzugrenzen von einer "sexualpädagogischen Ideologie", "die entgegen allen entwicklungspsychologischen Erkenntnissen Kinder und Jugendliche für sich instrumentalisiert".
Proteste von konservativen Gruppen sind nicht neu
In Österreich gilt seit 1970 ein Grundsatzerlass zur Sexualpädagogik an Schulen. 2015 wurde er stark überarbeitet und teils vollkommen neu gestaltet, was für Proteste konservativer Gruppen sorgte. So wurde in der Neufassung etwa der Bezug auf "sittliche Normen" gestrichen. Sexualpädagogik soll sich heute vielmehr "am Prinzip der Gleichstellung der Geschlechter sowie der Vielfalt der Lebensformen (z. B. sexuelle Orientierung, Geschlechteridentitäten) orientieren".
Seit diesem Jahr können schulexterne Vereine außerdem nur noch dann für Aufklärungsarbeit in den Unterricht geholt werden, wenn sie in einem Webtool des Bildungsministeriums gelistet sind. Dafür müssen sie sich einer Begutachtung unterziehen, aus der Liste ausgeschlossen wird aber niemand. Ursprünglich war eigentlich eine Akkreditierung als Voraussetzung geplant. Hintergrund des neuen Verfahrens sind die Diskussionen um den auch an Schulen tätigen christlichen Sexualkundeverein TeenSTAR. Ende 2018 war bekannt geworden, dass in dessen Schulungsmaterialien u.a. Homosexualität als heilbares Identitätsproblem und Selbstbefriedigung als schädlich dargestellt wurden. Außerdem wurden kein Sex vor der Ehe und natürliche Empfängnisverhütung propagiert. Mittlerweile wurden die Materialien laut dem Verein längst überarbeitet.