Förderlücken füllen, Systembrüche beseitigen, Internationalität erhalten
Gastbeitrag --- Der FWF konnte die Förderung der Grundlagenforschung in den letzten Jahren signifikant ausbauen. Das Fördervolumen ist stetig angestiegen und mit der Umsetzung des Programms "Clusters of Excellence" ist es auch gelungen, wegweisende überregionale Strukturen für die "großen wissenschaftlichen Fragen" zu etablieren. Mit zehn Jahren Laufzeit bieten die inzwischen sieben Clusters of Excellence auch die langfristige Perspektive, die in der Grundlagenforschung so dringend benötigt wird.
Noch deutlich stärker als die Fördermittel des FWF sind allerdings die von den Forschungsstätten beantragten Projektsummen gestiegen. Dieser Anstieg ist insbesondere auch der Einstellungswelle an den Universitäten in der Leistungsperiode 2019–2021 geschuldet, wo die neu aufgenommenen Forscher:innen in den letzten drei Jahren begonnen haben, ganz massiv Projekte bei Fördergebern, insbesondere beim FWF, einzureichen. Insgesamt ist dieses Wachstum der Grundlagenforschung sehr erfreulich, aber ohne ein signifikant weiter steigendes Budget des FWF kann das Potenzial des neuen Forschungspersonals nicht vollständig genutzt werden. In konkreten Zahlen sieht der FWF in den letzten Jahren Fehlbeträge von 60 bis 80 Millionen Euro pro Jahr für "Approved but not funded"-Anträge, also Projekte, die in der internationalen Begutachtung als exzellent eingestuft wurden, wegen fehlender Budgetmittel aber nicht finanziert werden können. Daraus folgend ist ein zentraler Wunsch eine langfristig planbare und dem Wachstum adäquat angepasste Finanzierung der Grundlagenforschung in Österreich.
Ein wichtiger Aspekt, bei dem Österreich noch deutlichen Aufholbedarf hat, ist die Überführung der Ergebnisse der Grundlagenforschung in die Anwendung. Ein zentraler Hebel könnte dabei eine noch bessere Abstimmung zwischen den Förderagenturen im angewandten Bereich und der Förderung der Grundlagenforschung durch den FWF liegen. Dazu müssen aber insbesondere auch von der Politik die Rahmenbedingungen angepasst werden, um Systembrüche zu beseitigen, die momentan nicht zuletzt auch bei der Balance der Budgets sehr sichtbar werden: Im angewandten Bereich liegen die mittleren Bewilligungsquoten bei über 50 Prozent, während beim FWF in den letzten Jahren nur etwa 22 bis 27 Prozent der beantragten Projekte finanziert werden konnten. Dies bedeutet, dass der Wettbewerb in der Grundlagenforschung deutlich höher ist, als es im angewandten Bereich der Fall ist. Der konkrete Wunsch an die Politik ist die Schaffung von Rahmenbedingungen für ein gut abgestimmtes Portfolio an Forschungsförderungen, so dass wissenschaftliche Ergebnisse aus dem Grundlagenbereich ohne Förderlücken und große Systemsprünge optimal in die Anwendung begleitet werden können.
Ein dritter ganz wichtiger Aspekt ist die hohe Internationalität der Grundlagenforschung in Österreich. Für das im Vergleich recht kleine Forschungsland Österreich ist internationale Kooperation in Forschungsprojekten ein absolutes Muss. Dies illustriert insbesondere auch die Tatsache, dass beim FWF etwa 18 Prozent der Einzelprojekte mit internationalen Partnern abgewickelt werden, während dieser internationale Anteil bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) nur bei etwa 3 Prozent der Projekte liegt. Die Rahmenbedingungen für diese hohe internationale Vernetzung der österreichischen Grundlagenforschung – insbesondere auf europäischer Ebene – müssen konsequent weiterentwickelt werden und dürfen nicht durch Renationalisierungsbestrebungen gefährdet werden. Um wissenschaftlich konkurrenzfähig bleiben zu können, muss Österreich auch in Zukunft ein verlässlicher Partner im europäischen und internationalen Wissenschaftsraum bleiben. Die Beteiligung an den Förderschienen und Programmen der EU muss ausreichend finanziert und aktiv mitgestaltet werden.
Angesichts der multiplen Herausforderungen unserer Zeit kommt den Wissenschaften auch weiterhin die Schlüsselrolle zu, neue Möglichkeiten aufzuzeigen, wie wir Krisen meistern können.
Zur Person:
Der Teilchenphysiker Christof Gattringer ist seit Anfang 2021 Präsident des Wissenschaftsfonds FWF. Zuvor war er ab 2005 Professor an der Universität Graz sowie ab 2019 Vizerektor für Forschung und Nachwuchsförderung ebendort. Unter anderem forschte er am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston, an der University of British Columbia in Vancouver und an der University of Washington in Seattle.
Service: Dieser Gastbeitrag ist Teil der Rubrik "Nachgefragt" auf APA-Science. Die inhaltliche Verantwortung liegt beim Autor/der Autorin.