Ig-Nobelpreis-Initiator für Forschungsvermittlung einmal ohne "wichtig"
"Erst zum Lachen und dann zum Denken anregen" ist Leitsatz der alljährlich verliehenen Ig-Nobelpreise, den quasi alternativen Nobelpreise für abstruse Forschung. Für den Initiator des großen Spektakels, Marc Abrahams, ist der Humor Mittel zum Zweck, nämlich um die Neugierde auf Forschungsfragen zu wecken. In der Wissenschaftskommunikation werde Relevanz oft über das Wort "wichtig" ausgespielt - zu oft, wie der US-Amerikaner am Freitag bei einem Vortrag in Wien sagte.
Abrahms, Begründer der jeweils im Rahmen einer satirischen Show an der US-Eliteuni Harvard vergebenen Ig-Nobelpreise, hielt die erste "Vienna Lecture on Science Communication", die von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und dem Ball der Wissenschaften als Auftakt zu dem Tanzevent am Samstag in Wien veranstaltet wurde. "Neugierde ist das Wichtigste", um Interesse für eine Forschungsfrage zu generieren, sagte der 2022 mit dem Heinz Oberhummer Award für "hervorragende Wissenschaftskommunikation" gewürdigte Vortragende.
Zu vermitteln, dass diese oder jene Fragestellung oder Entdeckung - und damit die Wissenschaft - wichtig sei, sei - neben dem Vermitteln von Wissen und eben dem Erzeugen von Neugierde - ein drittes mögliches Ziel der Wissenschaftskommunikation, aber "der am wenigsten effiziente Weg" und damit auch "nicht die beste Taktik". Die breite Anwendung dieser Strategie bzw. auch eine potenzielle "Vermarktung" von wissenschaftlichen Errungenschaften erkläre mitunter, so Abrahams, warum Menschen der Wissenschaft auch misstrauisch gegenüber stehen können.
Dass Forschung, die auf dem ersten Blick bizarr bis absurd erscheint, einen ernsten Hintergrund hat, zeigte Abrahams etwa am Beispiel der - 2009 mit einem Ig-Nobelpreis gewürdigten - Erfindung eines Büstenhalters, der im Katastrophenfall auch in zwei Atemschutzmasken umfunktioniert werden kann. Entwickelt wurde er von Elena Bodner, die u.a. durch die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl zur Entwicklung des "Notfall-BHs"inspiriert wurde. Er soll dazu dienen, im Fall des Falles das Einatmen schädlicher Partikel aus der Luft zu reduzieren.
Um erfolgreiche Wissenschaft zu vermitteln, so Abrahams, sei es zudem wichtig, sich zu vergegenwärtigen, was die Menschen von Forschenden denken - auch wenn sich hier die Denkmuster manchmal sogar scheinbar widersprechen können: also etwa die Vorstellung von Forschenden als allwissende Personen wie auch als Personen mit einer sehr nerdigen Komponente und nischigem Spezialwissen. Auch gebe es heute einige schillernde Beispiele von Politikern, die glauben, das Forschende "eigennützige Lügner" seien.
Hilfreich bei der Vermittlung von Wissenschaft sei jedenfalls, wenn man Überraschung erzeugt. Der direkte Kontakt mit den Menschen außerhalb der Wissenschaft, das regelmäßige Kontaktsuchen und eine kurze Erklärung, was man tut, seien wichtig, so Abrahams, der auch Herausgeber des einschlägigen Forschungsmagazins "Annals of Improbable Research" (Annalen der unwahrscheinlichen Forschung, Anm.) ist.
Service: https://improbable.com/ig/about-the-ig-nobel-prizes/; https://www.wissenschaftsball.at/