Corona - Psychische Belastung wurde in Österreich immer ärger
Mit immer längerer Dauer der Covid-19-Pandemie haben in Österreich die psychischen Symptome der Menschen stark zugenommen. Die Häufigkeit von depressiven Erscheinungen hat sich sogar von rund fünf auf etwa 25 Prozent verfünffacht. Dies erklärte Christoph Pieh vom Department für Psychotherapie der Donau-Universität Krems bei einem Online-Fortbildungsseminar der Österreichischen Gesellschaft für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin (ÖGIT).
"Wir wissen von unseren Patienten, dass die Pandemie durchaus eine Belastung darstellt", sage der Experte. Er und sein Team haben die Ergebnisse aus Umfragen bzw. Studien in Österreich zu den häufigsten psychischen Beschwerden wie Depressionen, Ängsten und Schlafstörungen aus Vor-Covid-19-Zeiten mit im vergangenen Jahr mehrfach durchgeführten repräsentativen Online-Umfragen gegenübergestellt.
Frauen und Männer fast gleich stark betroffen
So berichtete vor Beginn der Pandemie (Gesundheitsbefragung Österreich 2014 bzw. Österreichischer Depressionsbericht 2015/2016) etwa jeder 20. Mensch davon, unter depressiven Zuständen zu leiden. "Die Prävalenz (Häufigkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt; Anm.) beträgt etwa fünf Prozent", sagte Pieh. Die Häufigkeit von Depressionen sei auch relativ stabil über die verschiedenen Altersgruppen hinweg. Im österreichischen Depressionsbericht wurden 6,8 Prozent der Frauen und 6,3 Prozent der Männer als unter depressiven Symptomen leidend klassifiziert. Bei den Kinder- und Jugendlichen lag die Häufigkeit bei 2,9 Prozent.
Das Team von Pieh hat im April 2020 (1.005 Teilnehmer), im Juni 2020 (455 Personen), im September vergangenen Jahres (437 Teilnehmer) und um den Jahreswechsel auf 2021 (1.505 Teilnehmer) repräsentative Online-Umfragen durchgeführt. Erst im Februar dieses Jahres kam noch eine Umfrage unter 3.502 Schülern und Jugendlichen zwischen 14 und 20 Jahren hinzu.
Häufigkeit von depressiven Zuständen verfünffacht
Einige der Hauptergebnisse aus dem Samples der Gesamtbevölkerung in Österreich: Die Häufigkeit von depressiven Zuständen nahm demnach mit Beginn der Covid-19-Pandemie von den genannten etwa fünf Prozent bis zum April 2020 bereits auf etwas mehr als 20 Prozent zu (ähnlich häufig im September 2020). Zum Jahreswechsel 2020/2021 betrug sie bereits mehr als 25 Prozent.
Die Rate der Personen mit Angstzuständen stieg von fünf Prozent vor Covid-19 auf etwa 18 Prozent im April 2020 (September: etwa stabil mit rund 15 Prozent) und erreichte etwa 23 Prozent um den Jahreswechsel. Die Häufigkeit von Schlafstörungen zeigte eine Zunahme auf mehr als das Doppelte: etwa sieben Prozent vor der Pandemie auf etwa 15 Prozent im April 2020, dann etwa gleich im September und schließlich ein weiterer kleinerer Anstieg zum Jahreswechsel.
Jugendliche besonders stark betroffen
Von den depressiven Störungen sind besonders Jugendliche betroffen. Sie leiden an den psychischen Auswirkungen der Pandemie offenbar am meisten, wie Pieh erklärte: Im Dezember 2020 bzw. Im Jänner 2021 berichteten rund 50 Prozent der 18- bis 24-Jährigen bei Beantwortung wissenschaftlich fundierter Fragenkataloge von depressiven Symptomen, 34 Prozent von Angstsymptomen und 24 Prozent von Schlafstörungen.
Noch 2018 berichteten in einer regelmäßig durchgeführten europäischen Schülerstudie (HBSC) 90 Prozent der Teilnehmer in Österreich von einem ausgezeichneten oder zumindest guten Gesundheitszustand. In der repräsentativen Studie, welche die Kremser Wissenschafter zwischen 3. und 28. Februar dieses Jahres mit 3.502 Schülern (AHS/BHS; 15 bis 20 Jahre) durchführten, lag dieser Prozentsatz nur noch bei 63 Prozent. Die Lebenszufriedenheit hatte deutlich abgenommen, die Handy-Nutzung in dieser Altersgruppe (mehr als fünf Stunden am Tag) hatte sich von 20 bis 30 Prozent auf 40 bis 60 Prozent in etwa verdoppelt. Mehr Handy-Gebrauch war mit einem Status höherer psychischer Belastungen korreliert.