Simon Wiesenthal Conference behandelt "Kriegsendverbrechen"
Am Mittwoch beginnt im Heeresgeschichtlichen Museum (HGM) in Wien eine dreitägige internationale Konferenz mit dem Titel "Kriegsendverbrechen. Der Rückzug der Wehrmacht und die letzte Phase des Zweiten Weltkriegs". 80 Jahre nach Kriegsende werden die vielfältigen Ursachen und Ausformungen dieser Explosion der Gewalt untersucht, die noch einmal zu einer hohen Zahl an Opfern führte, ehe das NS-Regime endgültig zusammenbrach.
Die vom HGM gemeinsam mit dem Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien in Kooperation mit dem Institut für Geschichte der Universität Klagenfurt und dem Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien organisierte "Simon Wiesenthal Conference 2025", die bei freiem Eintritt zugänglich ist, "wurde mit einem Open Call zusammengestellt", sagt HGM-Direktor Georg Hoffmann. "So erhalten wir einen guten Überblick über den aktuellen Stand der Forschung."
Soldaten und Zivilisten als Täter
Hoffmann hat als Historiker selbst u.a. zur Gewalt gegen abgeschossene alliierte Flugzeugbesatzungen geforscht und vor zehn Jahren an der Ausstellung "41 Tage. Kriegsende 1945 - Verdichtung der Gewalt" am Heldenplatz mitgewirkt. "Die Möglichkeit, ungestraft töten zu können, haben viele genutzt", sagt er. Die Täter waren Soldaten und fanatische Nationalsozialisten ebenso wie Zivilisten. "Mit Bezug zu Osteuropa haben wir sehr spannende Vorträge, die ganz stark die Frage der Täterschaft stellen", sagt Hoffmann.
Behandelt werden Fragen, "wie sich die Dynamik der Verbrechen immer mehr gegen verschiedene Opfergruppen richtete und wie die nicht organisierten Teile der Bevölkerung eingebunden wurden, genauso aber, wer sich den Gewaltdynamiken entgegenstellte", heißt es in der Ankündigung. Hoffmann führt zu Beginn des zweiten Konferenztages den Vorsitz, an dem u.a. anhand von Massakern in Göstling an der Ybbs und Randegg, den in der SS-Kaserne in Graz verübten Massenerschießungen, deren über 200 Opfern vor wenigen Tagen vor Ort gedacht wurde, oder Todesmärschen von KZ-Häftlingen aus geräumten Lagern die Motivation für derartige Gewaltausbrüche untersucht wird.
Führung zu den Spuren am Gelände
Morde an Gefängnisinsassen im deutsch besetzten Polen, die von der Wehrmacht auf ihrem Rückzug oder im Kampf gegen Partisanen verübten Verbrechen sowie der Umgang mit Deserteuren stehen im Mittelpunkt von Vorträgen der anderen beiden Tage. Am Donnerstagnachmittag wird auch ein historischer Rundgang zu den sichtbaren und unsichtbaren Spuren des Nationalsozialismus und des Kriegsendes am Gelände des Arsenals angeboten, bei dem auch an ein Zwangsarbeiterlager im Objekt 12 erinnert wird.
Die "Simon Wiesenthal Conference" ist nur die erste einer Reihe wissenschaftlicher Veranstaltungen des HGM im heurigen Gedenkjahr. Im September folgt eine Konferenz der Gesellschaft für politisch-strategische Studien zu "70 Jahre Bundesheer". Im Oktober beschäftigt man sich mit "Krieg und Erinnerung: Spuren des Krieges und ihre Verarbeitung" und behandelt auf der interdisziplinären Fachtagung die "militärische und zivile Gedenkkultur in Bezug auf bewaffnete Konflikte".
Die jährliche HGM-Forschungskonferenz geht schließlich im November unter dem Titel "Der frühneuzeitliche Krieg als multidimensionale Krise für Herrschaft und Gesellschaft" weiter zurück in der Geschichte. Anhand des Großen Nordischen Kriegs (1700-1721) und des Spanischen Erbfolgekriegs (1701-1714) sollen die tiefgreifende Krisen und Veränderungen infolge militärischer Konflikte diskutiert werden. "Kriege gehören ins Museum" propagiert das HGM. Dieser Wunsch scheint heute allerdings weiter entfernt als noch vor wenigen Jahren.
Service: https://www.hgm.at/events/details/simon-wiesenthal-conference-2025