AGES-Studie zu Infektionen mit Cronobacter sakazakii in Europa
Das Bakterium Cronobacter sakazakii kann vor allem bei Neugeborenen lebensbedrohliche Infektionen verursachen. Eine europaweite Studie unter Leitung der AGES hat erhoben, wie häufig Infektionen mit diesem Erreger auftreten. Dabei wurden 77 humane C. sakazakii-Isolate von Erkrankten aus elf europäischen Ländern, davon 36 Isolate aus dem Jahr 2017 und 41 Isolate aus den Jahren vor 2017, in der AGES bewertet.
Die Untersuchungen in der AGES umfassten die Identifizierung und Charakterisierung der Isolate durch Ganzgenomsequenzierung (WGS). Ein besonderes Augenmerk wurde dabei auf die Untersuchung der Klonalität gelegt: Klone sind Erreger-Stämme, die genetisch nahezu ident sind. Dieser Umstand ist besonders wichtig, um einen Ausbruch zu erkennen und abzuklären, da Klone auf eine gemeinsame Infektionsquelle hinweisen. Unter Ausbrüchen versteht man zwei oder mehrere Krankheitsfälle, die durch denselben Erregerstamm verursacht werden.
Ein von der AGES neu entwickeltes Typisierungsschema bietet in dieser Hinsicht mehr Unterscheidungsmöglichkeiten als vorhergehende Typisierungsmethoden. Die Typisierung durch Ganzgenomsequenzierung zeigte eine hohe genetische Vielfalt, ein Hinweis darauf, dass im Jahr 2017 weder multinationale noch nationale Ausbrüche aufgetreten sind. Mit diesem neuen Schema konnten vier bisher unveröffentlichte historische Ausbrüche identifiziert werden (2009 und 2016 in Österreich, 1997-1998 in Belgien, 2010-2016 in Frankreich). Weiters wurden von den 77 Isolaten lediglich 59 als Cronobacter sakazakii bestätigt. Diese Ergebnisse legen den Schluss nahe, dass die korrekte Identifizierung von Cronobacter spp. für viele Routinelabors immer noch eine Herausforderung darstellt.
Risiko nicht nur für Säuglinge
Die meisten Krankheitsfälle durch C. sakazakii wurden bislang bei Säuglingen im Alter von unter zwei Monaten beschrieben. Die häufigsten Manifestationen einer lebensmittelbedingten Infektion bei Säuglingen sind nekrotisierende Enterokolitis, Blutvergiftung und Hirnhautentzündung; bei Erwachsenen die Blutvergiftung (Sepsis).
Ausbrüche, die durch C. sakazakii verursacht wurden, waren meist auf kontaminiertes Trockenmilchpulver für Säuglinge zurückzuführen. Trockenmilchpulver als Säuglingsanfangsnahrung ist kein steriles Produkt. Die Toleranz von C. sakazakii gegenüber trockenen Bedingungen ermöglicht es ihm, im Trockenmilchpulver über lange Zeiträume zu überleben.
In dieser Studie waren allerdings Erwachsene die am stärksten betroffene Altersgruppe. Von 21 Isolaten aus dem Jahr 2017 stammten lediglich zwei von Säuglingen. Dieser Befund bestätigt die Ergebnisse neuerer Studien und widerspricht Aussagen in zahlreichen medizinischen Lehrbüchern, die davon ausgehen, dass Säuglinge häufiger betroffen sind als Erwachsene.
Cronobacter sakazakii
Cronobacter sakazakii ist ein bewegliches, gramnegatives, stabförmiges, Bakterium aus der Familie Enterobacteriaceae. Das Bakterium konnte bislang in häuslicher Umgebung und in Lebensmittelproduktionsstätten, in klinischem Probenmaterial wie z. B. Liquor (Hirnflüssigkeit), Blut oder Sputum (Auswurf) sowie in Lebensmitteln (z. B. Käse, Fleisch und Gemüse) und Tieren (z. B. Ratten und Fliegen) nachgewiesen werden. Mit der von der AGES entwickelten neuen Typisierungsmethode sollte es künftig leichter möglich sein, bei Cronobacter-Ausbrüchen zeitnah das ursächliche Lebensmittel feststellen zu können.
Die Studie Multicenter Study of Cronobacter sakazakii Infections in Humans, Europe, 2017 ist im amerikanischen Fachjournal Emerging Infectious Diseases Journal - Volume 25, Issue 3 - March 2019 erschienen.
Quelle: AGES