Als Symbol für "polaren Wandel": NHM Wien zeigt neues Eisbär-Exponat
Ein Präparat der im Zoo Schönbrunn verstorbenen Eisbärin "Nora" soll im Naturhistorischen Museum (NHM) Wien im Rahmen der kommenden Sonderausstellung "Arktis. Polare Welt im Wandel" (8. November 2023 bis 22. September 2024) als Beispiel für die Komplexität und die Geschwindigkeit des polaren Wandels dienen. Das Exponat wurde am Dienstag vor Journalisten präsentiert. Außerdem konnte ein Blick auf ein neues, fast vier Meter langes Modell eines Beluga-Wals geworfen werden.
"Seit über 200 Jahren besteht die Zusammenarbeit zwischen dem Tiergarten Schönbrunn und dem NHM", erklärte der zoologische Koordinator des Tiergartens Folko Balfanz. Im für den Zoo traurigen Falle eines Todes "ist das NHM immer der Partner der Wahl für eine mögliche Präparation, damit das Tier auch weiterhin der Edukation dient", so Balfanz weiter.
Eisbären, Opfer des anthropogen verursachten Klimawandels
"Gerade Eisbären stehen wie kein anderes Tier für den anthropogen verursachten, extrem schnellen Klimawandel", sagte NHM-Generaldirektorin Katrin Vohland. An den Tieren, die als Räuber an der Spitze des komplexen Nahrungsnetzes der Arktis stehen, könne man sehr gut zeigen, wie verwoben selbiges ist. Die Sonderschau werde sich diesen vielen Facetten und Wechselwirkungen innerhalb des Ökosystems sowie globalen Wechselwirkungen widmen, so Vohland.
In dem sensiblen Ökosystem sei die Temperatur in den letzten Jahrzehnten um 4 Grad gestiegen, was mit dem Verlust des Lebensraumes für die Polarbären einhergehe, sagte Balfanz. Das stellt eine ernsthafte Bedrohung für die ungefähr 20.000-30.000 übrigen Artgenossen in freier Wildbahn dar: "Wenn wir es als Menschheit nicht schaffen, das 1,5 Grad Ziel einzuhalten, könnten zwei Drittel dieser Population bis 2050 schwinden", warnte er weiter.
Die Bärin "Nora" war vor rund zehn Jahren aus dem Tiergarten Tallinn, Estland, nach Schönbrunn gekommen und sorgte dort 2019 mit einem Jungtier für Nachwuchs. Nachdem sie letztes Jahr trotz engmaschiger tierärztlicher Betreuung an einer Kolik verstorben ist, stellte der Zoo dem Museum den Körper zur Verfügung.
Präparatherstellung braucht Kunstfertigkeit, Lebensrealität und wissenschaftliche Genauigkeit
Um hochwertige Exponate wie das Präparat des Bären zu erstellen, ist "die Kunstfertigkeit, Lebensrealität und wissenschaftliche Genauigkeit zu schaffen" unverzichtbar, erklärte Ernst Mikschi, Direktor der 1. Zoologischen Abteilung des NHM. Zunächst wurde ein passgenauer Körper aus PU-Schaum (Polyurethanschaum) geschaffen. Dieser Prozess habe alleine die Hälfte der vierwöchigen Arbeitszeit in Anspruch genommen, so Mikschi. Dem Körper wurde danach die abgezogene und gegerbte Haut des Tieres, das sogenannte Balg, "übergezogen".
Im Fall von "Nora" stellte laut Mikschi der im Rahmen der tierärztlichen Behandlung rasierte Bauch eine große Herausforderung dar: Er wurde mit Hilfe von Resten eines Eisbärfells aus der wissenschaftlichen Säugetiersammlung des NHMs bedeckt. Die Zukunft des Exponates sei wegen der gerade bevorstehenden Renovierung des 1. Stocks noch ungewiss, aber dass das Modell auch nach Ende der Sonderschau nächsten September fester Bestandteil der Exponate im NHM wird, ist "sehr wahrscheinlich", erklärte Vohland gegenüber der APA.
Das große Modell des Beluga-Wals, das ebenso im Rahmen der Ausstellung zu sehen sein wird, ist im Gegensatz zum Bären von Grund auf neu gebaut worden: Bis auf den Unterbau aus Holz besteht es fast komplett aus Papiermaché, dem Gips beigefügt wurde, erklärte Modellbauerin Ruben Iris. So sind Schicht für Schicht Muskulatur und Haut aufgebaut, glatt geschliffen und mit Sumpfkalkfarbe weiß gestrichen worden.
Service: Sonderausstellung "Arktis. Polare Welt im Wandel" ab 8. November 2023 im NHM Wien: https://www.nhm-wien.ac.at/arktis