Studie ortet Nachholbedarf bei der Lehrausbildung
Derzeit werden in Österreich rund 102.000 Lehrlinge ausgebildet. Etwa 28.000 Betriebe bilden die angehenden Fachkräfte in 230 Lehrberufen aus. Doch die Wirtschaft sieht erhebliche Mankos bei der Lehrausbildung. Daher sollte die Lehre in den bildungspolitischen Fokus der kommenden Jahre rücken, so das Fazit einer Market-Studie im Auftrag der Industriellenvereinigung (IV) und der zukunft.lehre.österreich (z.l.ö.).
Die Betriebe sind sich weitgehend einig, wenn es um die Bedeutung der Lehrausbildung geht. Selbst die Rezession habe für 52 Prozent der befragten Ausbildungsbetriebe keinen Einfluss auf die Bedeutung der dualen Ausbildung. Und weitere 28 Prozent geben an, dass sich die aktuelle wirtschaftliche Situation kaum auswirkt, auch wenn im Vorjahr die Anzahl der neuen Lehrlinge um 6,24 Prozent zurückgegangen ist.
Neue Zielgruppen
Für Georg Knill, Präsident der IV, müssten auch neue Zielgruppen angesprochen werden, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Über die Lehre sollten Beschäftigte besser qualifiziert werden. Aber auch der Frauenanteil in den MINT-Berufen, also in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, sei ausbaufähig. Und viele Migranten wüssten zu wenig über die duale Lehrausbildung in Österreich, merkte Knill an. Weiters müsste man den Auszubildenden besser vermitteln, dass die Lehre keine Einbahnstraße sei. "Dafür braucht es einen gesellschaftlichen Schulterschluss aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft", betonte Knill. Und es brauche einen "Qualitätsbooster" an den Berufsschulen.
Rund 64 Prozent der Befragten hielten es für sehr wichtig, dass sich die Politik mit der Weiterentwicklung der Lehre beschäftigt. Für 28 Prozent der Betriebe ist dieses Thema noch immer wichtig. Dass insgesamt 92 Prozent der Betriebe diesem Thema große Bedeutung beimessen, hängt auch mit ihren Erfahrungen zusammen. "Die Ergebnisse der Studie unterstreichen deutlich die Bedeutung einer fundierten Lehrausbildung für die österreichische Wirtschaft und zeigen zugleich den dringenden Bedarf an Verbesserungen im Ausbildungsprozess auf", sagte Market-Institutsvorstand David Pfarrhofer. Denn nur 14 Prozent schätzen die Bewerberinnen und Bewerber für die Lehrplätze besser oder deutlich besser ein. Aber mehr als die Hälfte der Betriebe (51 Prozent) stuft diese schlechter oder deutlich schlechter ein.
Mangel an Grundkompetenzen
Großer bzw. sehr großer Handlungsbedarf (79 Prozent) wird bei der Vorbereitung auf das Arbeitsleben und die Anforderungen im Beruf gesehen. Rund 80 Prozent der Ausbildungsbetriebe fordern eine bessere Vermittlung von Grundkompetenzen wie Lesen, Schreiben und Rechnen. Etwa 77 Prozent sehen Nachholbedarf bei der Vermittlung von Umgangsformen, sozialen Kompetenzen und Teamfähigkeit. Aber auch bei der Berufsorientierung könnte es besser laufen, sind 76 Prozent der Betriebe überzeugt. "Während die Lehrausbildung in Österreich ein wichtiger Bestandteil der Wirtschaft ist, verdeutlichen die Ergebnisse, dass es Optimierungsbedarf im gesamten Bildungsweg gibt", so z.l.ö.-Präsident Robert Machtlinger.
Geht es nach der IV und der z.l.ö., sollten diese Kompetenzen im Elternhaus und in der Grundschule vermittelt werden. Weiters sollte die Zusammenarbeit zwischen Schule und Unternehmen verbessert werden. "Die Berufsorientierung an unseren Schulen spielt hierbei eine zentrale Rolle bei der Vorbereitung junger Menschen auf die Herausforderungen des Arbeitsmarktes", sagte Machtlinger. Dadurch könnte ein realistischeres Bild der Arbeitswelt vermittelt werden, meinen 93 Prozent der Betriebe. Und die gesamte Palette der Bildungsangebote sollte vermittelt werden. Aber auch an den Stärken und Schwächen der Schülerinnen und Schüler könnte gezielt mit Bildungsangeboten gearbeitet werden.
Kooperationen zwischen Schulen und Unternehmen
Insgesamt bieten rund 94 Prozent der Befragten regelmäßig oder gelegentlich "Schnuppermöglichkeiten" in den Betrieben an. Und 77 Prozent der Lehrlinge haben zuvor diese Möglichkeit genützt.
"Die zukünftigen Fachkräfte mit ihren Kompetenzen und ihrer Innovationskraft sind der entscheidende Faktor für das Beschreiten neuer Wege von Österreichs Industrie und Wirtschaft", gab Monika Sandberger, Geschäftsführerin von z.l.ö., abschließend zu bedenken.
Für die Studie des Market-Instituts wurden 605 Lehrbetriebe in der Zeit vom 9. bis 28. Oktober 2024 befragt. Die maximale statistische Schwankungsbreite liegt bei 4,07 Prozent.
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