Vierzig-Jahres-Studie: Extreme Dürren werden häufiger, heißer, und großflächiger
Anhaltende mehrjährige Dürren treten seit 1980 immer häufiger auf und werden mit dem Klimawandel weiter zunehmen, warnt eine Studie der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL), an der Francesca Pellicciotti, Professorin am Institute of Science and Technology Austria (ISTA) beteiligt war. Diese öffentlich zugängliche quantitative Bestandsaufnahme der letzten 40 Jahre, die nun in Science veröffentlicht wurde, soll Entscheidungsträger:innen über die Umweltauswirkungen des vom Menschen verursachten Klimawandels informieren. Dabei wurden auch bisher 'übersehene' Ereignisse aufgedeckt.
Eine seit fünfzehn Jahren anhaltende, verheerende Megadürre – die längste seit tausend Jahren – hat die Wasserreserven Chiles fast ausgetrocknet und sogar den wirtschaftlich äußerst wichtigen Bergbau des Landes beeinträchtigt. Das ist nur ein eklatantes Beispiel dafür, wie die globale Erwärmung mehrjährige Dürren und akute Wasserkrisen in gefährdeten Regionen rund um den Globus verursacht. Dürren werden jedoch in der Regel nur dann wahrgenommen, wenn sie die Landwirtschaft schädigen oder die Wälder sichtbar beeinträchtigen. Aber können wir extreme mehrjährige Dürreperioden konsequent identifizieren und ihre Auswirkungen auf Ökosysteme untersuchen? Und was können wir aus den Dürren der letzten vierzig Jahre und deren Entwicklungsmustern lernen?
Um diese Fragen zu beantworten, haben Forschende der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) und des Institute of Science and Technology Austria (ISTA) globale meteorologische Daten analysiert und Dürreperioden zwischen 1980 und 2018 modelliert. Sie wiesen eine besorgniserregende Zunahme mehrjähriger Dürren nach, die länger, häufiger und extremer wurden und mehr Land erfassten. "Seit 1980 haben sich die Dürregebiete jedes Jahr um durchschnittlich 50'000 Quadratkilometer ausgedehnt – das entspricht etwa der Fläche der Slowakei oder der US-Bundesstaaten Vermont und New Hampshire zusammen –, was enorme Schäden an Ökosystemen, in der Landwirtschaft und in der Energieproduktion verursacht", sagt Francesca Pellicciotti, Professorin am ISTA. Sie leitet das von der WSL finanzierte EMERGE-Projekt, in dessen Rahmen die vorliegende Studie durchgeführt wurde. Das Team will die möglichen langfristigen Auswirkungen anhaltender Dürren rund um den Globus aufdecken und dazu beitragen, effektivere Vorbereitungsmaßnahmen gegen häufigere und intensivere künftige Megadürren zu ermöglichen.
Extreme Dürreperioden blieben unentdeckt
Das internationale Team nutzte die von Dirk Karger, Senior Researcher an der WSL und Studienleiter, aufbereiteten CHELSA-Klimadaten, die bis ins Jahr 1979 zurückreichen. Sie berechneten Anomalien bei den Niederschlägen und der sogenannten "Evapotranspiration" – der Verdunstung von Wasser aus Böden und Pflanzen – und deren Auswirkungen auf natürliche Ökosysteme weltweit. Auf diese Weise konnten sie das Auftreten mehrjähriger Dürren sowohl in gut untersuchten als auch in weniger zugänglichen Regionen der Erde ermitteln. Dies ist besonders wichtig für Gebiete wie die tropischen Wälder und die Anden, für die nur wenige Beobachtungsdaten vorliegen. "Unsere Methode kartierte nicht nur gut dokumentierte Dürren, sondern deckte auch extreme Dürren auf, die fast unentdeckt geblieben sind, wie zum Beispiel die Dürre zwischen 2010 und 2018 im Kongo-Regenwald", sagt Karger. Diese Abweichung ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, wie Wälder in verschiedenen Klimaregionen auf Dürren reagieren. "Während Grasländer in den letzten vierzig Jahren am stärksten betroffen waren, konnten boreale und tropische Wälder die Trockenphasen besser abpuffern und zeigten sogar paradoxe Effekte während des Einsetzens der Dürre." Doch wie lange können diese Wälder dem harten Schlag des Klimawandels widerstehen?
Verschiedene Ökosysteme, gegensätzliche Auswirkungen
Der anhaltende Temperaturanstieg, längere Dürreperioden und höhere Verdunstung führen letztlich zu trockeneren und weniger grünen Ökosystemen, obwohl sie auch stärkere Niederschläge verursachen. So können Forschende mit Hilfe von Satellitenbildern die Auswirkungen der Dürre überwachen, indem sie das verschwindende Grün im Laufe der Zeit verfolgen. Während diese Analyse für Grasländer gut funktioniert, lässt sich das verschwindende Grün in dichten Tropenwäldern nicht so leicht verfolgen. Dies führt dazu, dass die Auswirkungen von Dürren in solchen Gebieten unterschätzt bleiben. Um weltweit einheitliche Ergebnisse zu erzielen, entwickelte das Team daher eine mehrstufige Analyse, die die Veränderungen in blattreichen Regionen besser aufschlüsselt und die Dürren seit 1980 nach ihrem Schweregrad einstuft. So zeigten sie wenig überraschend, dass Grasländer am stärksten betroffen waren von den unmittelbaren Auswirkungen von Megadürren. Zu den "Hotspot"-Regionen gehörten der Westen der USA, die zentrale und östliche Mongolei und vor allem der Südosten Australiens, wo sich die Daten mit zwei gut dokumentierten mehrjährigen ökologischen Dürreperioden überschnitten. Andererseits konnte das Team die paradoxen Effekte, die in den tropischen und borealen Wäldern beobachtet wurden, besser verstehen. Tropische Wälder können die erwarteten Auswirkungen der Dürre ausgleichen, solange sie die seltener werdenden Niederschläge durch ihre eigenen Wasserreserven ausgleichen können. Es stellt sich aber auch heraus, dass in den borealen Wäldern hingegen die Erwärmung des Klimas die Wachstumssaison verlängert, da diese dort eher durch die niedrigeren Temperaturen als durch die Verfügbarkeit von Wasser begrenzt wird.
Dürreperioden greifen in Zeit und Raum um sich
Die Ergebnisse zeigen einen eindeutigen Trend: Megadürren werden weltweit häufiger und intensiver. Das Team erstellte das erste globale – und weltweit gleichmäßige – hochaufgelöste Bild von mehrjährigen Dürren und ihren Effekten. Die langfristigen Auswirkungen auf den Planeten und seine Ökosysteme sind jedoch noch weitgehend unbekannt. Inzwischen stimmen aber die Daten bereits mit der beobachteten weitgehenden Begrünung der Arktis überein. "Bei extremem Wassermangel können Bäume in tropischen und borealen Regionen absterben, was zu langfristigen Schäden an diesen Ökosystemen führt. Insbesondere die boreale Vegetation wird wahrscheinlich am längsten brauchen, um sich von einer solchen Klimakatastrophe zu erholen", sagt Karger. Pellicciotti hofft, dass die Ergebnisse des Teams dazu beitragen werden, unsere Wahrnehmung von Dürren zu verändern – und die Art und Weise, wie wir uns auf sie vorbereiten: "Derzeit werden Dürren in den Strategien zur Schadensbegrenzung weitgehend als jährliche oder saisonale Ereignisse betrachtet, was in krassem Gegensatz zu den längeren und schwereren Megadürren steht, mit denen wir in Zukunft konfrontiert sein werden", sagt sie. "Wir hoffen, dass die öffentlich zugängliche Bestandsaufnahme der Dürren, die wir herausgeben, den Entscheidungsträger:innen helfen wird, realistischere Vorbereitungs- und Präventionsmaßnahmen zu ergreifen." Als Glaziologin untersucht Pellicciotti auch Auswirkungen von Megadürren in den Bergen und wie Gletscher diese abfedern können. Aktuell leitet sie ein internationales Konsortium von Wissenschafter:innen unter dem Projekt "MegaWat–Megadroughts in the Water Towers of Europe – From Process Understanding to Strategies for Management and Adaptation".
Publikation
Liangzhi Chen, Philipp Brun, Pascal Buri, Simone Fatichi, Arthur Gessler, Michael James McCarthy, Francesca Pellicciotti, Benjamin Stocker & Dirk Nikolaus Karger. 2025. Global increase in the occurrence and impact of multiyear droughts. Science. DOI: 10.1126/science.ado4245
Projekt und Projektförderung
Diese Studie wurde im Rahmen des EMERGE-Projekts der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) durchgeführt, unter der Leitung von Francesca Pellicciotti vom Institute of Science and Technology Austria (ISTA), die als Principal Investigator fungiert. Die Arbeit wurde durch Mittel aus dem "Extreme Program" von der WSL für das EMERGE-Projekt finanziert.