Klima-Glossar - Wetterphänomene und Wetterextreme
Wenn von der Klimakrise die Rede ist, dann auch immer von einer Zunahme von Wetterextremen oder Extremwetter-Ereignissen, ob es dabei nun um lang anhaltende sommerliche Hitzephasen in Österreich, die Dürre im brasilianischen Amazonas-Gebiet oder gar die verheerenden Überschwemmungen in Pakistan 2022 geht. Doch wann wird aus einem Wetterphänomen wie etwa Regen oder Sonne ein derartiges Extrem - und ab wann kann die Klimakrise für ein solches verantwortlich gemacht werden?
Die Geosphere-Expertin im Bereich Klima-Folgen-Forschung, Theresa Schellander-Gorgas, definiert Wetterextreme als selten auftretende und/oder sehr intensiv ausfallende Wetterphänomene. Einfach am Beispiel der Temperatur erklärt, wäre ein extremer Hitzetag "ein Tag, an dem die Höchsttemperatur nicht nur über 30 Grad Celsius liegt (Definition eines Hitzetages, Anmerkung), sondern zugleich höher als 98 Prozent aller jemals gemessenen Höchsttemperaturen in dieser Jahreszeit an der betreffenden Messstation." Ebenso kann eine besonders lang andauernde Hitzewelle diese zu einem Wetterextrem machen, oder das Auftreten eines derartigen Phänomens zu einer ungewohnten Jahreszeit.
Die Wärmeperiode, die im Februar 2024 in Österreich aufgetreten war, könne genau genommen ebenfalls als extrem bezeichnet werden, da die Temperaturen teilweise sieben bis acht Grad Celsius über dem Februar-Mittel lagen, so die Klimaforscherin. Die Bezeichnung "extrem" sage dabei nicht unbedingt etwas über die Auswirkungen der Wetterphänomene aus: "Für extreme Wetterphänomene, die für Menschen ein Risiko darstellen oder Schäden an Bauten, in der Landwirtschaft, etc. verursachen, ist der Begriff 'Naturgefahren' treffender."
Keine einheitliche Definition
Der Begriff "Wetterphänomen" wiederum umfasse viele verschiedene Erscheinungen (von Sonnenschein, Wolken, Regen, etc...) und kann sehr allgemein verwendet werden, das heißt es gibt keine einheitliche Definition. Er beschreibt im Gegensatz zu Klimaphänomenen vorübergehende Zustände. Die Temperaturschwankungen im Laufe der Jahreszeiten sind keine Wetterphänomene, Schneefall im Winter oder eine Hitzewelle im Sommer hingegen schon.
Wann ein Wetterphänomen zum Extrem wird, hängt wiederum von Ort und Zeit des Auftretens ab. "Ein Sommer mit vielen Hitzetagen (über 40 Tage) und langen Trockenperioden wäre in Österreich extrem (wie z.B. der Sommer 2015 in Ostösterreich), in anderen Klimazonen, etwa im südlichen Mittelmeerraum würde diese Situation der Normalität entsprechen (d.h. dem dort vorherrschenden Klima)", erläutert Schellander-Gorgas. Der wesentliche Unterschied liege darin, dass die Lebensweise der Menschen, die Vegetation, usw. an das jeweilige Klima angepasst seien. Weichen Extremereignisse sehr weit von dem gewohnten Zustand ab, dann kommt es zu gravierenden Auswirkungen in Form von Ernteausfällen bei Hitze und Trockenheit, oder Überflutungen bei Starkniederschlägen.
Die Frage, ob ein bestimmtes Wetterextremereignis durch den menschgemachten Klimawandel ausgelöst wurde, sei jedenfalls gar nicht so einfach zu beantworten. Mit derartigen Fragestellungen beschäftigt sich ein eigenes Fachgebiet der Klimaforschung, die "Klimawandel-Attribution" (d.h. "Zuordnung"). Eine solche Attributionsanalyse sei recht aufwendig, weshalb sie vor allem für sehr extreme Wetterereignisse durchgeführt werde. Hier müsse geklärt werden, ob ein derartiges Phänomen in seiner beobachteten Intensität und Ausdehnung in einer Welt ohne Klimawandel überhaupt möglich gewesen wäre, oder nur in einer deutlich abgeschwächten Form.
Messdaten aus langen Zeitreihen
Oft werden für Attributions-Studien große Mengen an Modelldaten und Messdaten aus langen Zeitreihen verglichen. Die Modelle beschreiben dabei einerseits den realen Klimawandel (d.h. sie werden mit realen Treibhausgas- und Aerosolkonzentrationen gerechnet), und andererseits ein Klima, wie es für den Beginn der industriellen Revolution typisch war (z.B. im Zeitraum 1850-1900). Ist ein extremes Wetterphänomen seit Beginn der industriellen Revolution signifikant häufiger oder intensiver geworden, dann ist der Klimawandel zumindest zum Teil die Ursache dafür, erläuterte die Expertin.
Um die Häufung von durch die Klimakrise herbeigeführte Hitzeextreme, Dürren bzw. Starkniederschläge sowie steigende Durchschnittstemperaturen zu begrenzen, hat sich die Weltgemeinschaft im Jahr 2015 beim Pariser Klimavertrag darauf geeinigt, die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. 2022 stellte der Weltklimarat IPCC in seinem sechsten Sachstandsbericht (Arbeitsgruppe II: Folgen, Anpassung und Verwundbarkeit) fest, dass der "vom Menschen verursachte Klimawandel, einschließlich häufigerer und intensiverer Extremereignisse" weitverbreitete negative Folgen und damit verbundene Verluste und Schäden für Natur und Menschen verursacht habe, "die über die natürliche Klimavariabilität hinausgehen.".
Mit dieser Aussage hat der Weltklimarat einen vom Mensch gemachten Klimawandel und die damit einhergehenden Wetterextreme noch einmal deutlicher als bisher beim Namen genannt. In dem Bericht heißt es weiter, dass "die beobachteten Zunahmen der Häufigkeit und Intensität von Klima- und Wetterextremen, darunter Hitzeextreme an Land und im Meer, Starkniederschlagsereignisse, Dürre und Brandwetter" zu weitverbreiteten und tiefgreifenden Folgen für Ökosysteme, Menschen, Siedlungen und Infrastrukturen geführt hätten. Schon im fünften Sachstandsbericht (2014/2015) wurden derartige Folgen, insbesondere die zunehmende Häufigkeit und Schwere von Extremereignissen, verstärkt dem menschengemachten Klimawandel zugeordnet.
Service: Sechster Sachstandsbericht: https://go.apa.at/Ev1sOG0G, Berichte zu Attributionsstudien u.a. auf https://www.worldweatherattribution.org