Sinkende Ernteerträge durch Klimawandel mindern CO2-Speicherpotenzial
Pflanzen nehmen CO2 aus der Luft auf und speichern es. Wenn man aus ihnen Biobrennstoffe herstellt und das CO2 im Rauchfang abfängt, um es tief unter der Erde einzubunkern, hat man theoretisch eine Energiequelle mit negativen Treibhausgasemissionen. Diese Technologie sollte aber raschestens zum Einsatz kommen, sonst hat der Klimawandel die Ernteerträge dermaßen dezimiert, dass sie kaum wirksam ist, so ein Forscherteam mit österreichischer Beteiligung im Fachjournal "Nature".
In aktuellen Klimaszenarien zum Erreichen der Klimaziele von Paris (die globale Erwärmung deutlich unter zwei Grad Celsius zu halten) ist berücksichtigt, dass diese Technologie massiv zum Einsatz kommt. Damit dürfe man aber nicht zu lange warten, so die Forscher um Rong Wang von der Universität Shanghai (China). An der Studie war auch Thomas Gasser vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien beteiligt.
Die Erwärmung schreitet weltweit nämlich rasch voran und die Erträge der wichtigsten Kalorienlieferanten wie Mais, Weizen, Reis und Sojabohnen fallen alle sehr steil ab, wenn eine bestimmte Temperatur erreicht ist. Bei Mais liegt die kritische Temperatur zum Beispiel bei 29 Grad Celsius, erklärt der österreichische Umweltökonom Gernot Wagner, der an der Columbia Business School in den USA arbeitet, in einem Kommentar im Fachjournal. Auch Anstrengungen, den Klimawandel zu bremsen, hängen immer stärker von der Verwendung von pflanzlicher Biomasse ab, um die Emissionen zu senken. "Das schreit nach schnellem Handeln, um solche Kipppunkte zu vermeiden", meint er: "Entweder indem man die CO2 Emissionen limitiert, die den Planeten erwärmen, oder durch verlagern der Getreidefelder in großem Maßstab." Möglicherweise sei beides nötig.
Teufelskreis droht
Ist man etwa erst im Jahr 2060 so weit, dass "Bioenergie mit CO2-Abscheidung und -Speicherung (Bioenergy with Carbon Capture and Storage, BECCS)" großflächig zum Einsatz kommt, beträgt die globale Erwärmung laut der meisten Modelle bereits mehr als 2,5 Grad Celsius. Dann wären die Biomasseerträge für Bioenergie nicht nur viel zu niedrig zum Erreichen der Klimaziele, sondern es würde auch ein Teufelskreis in Gang gesetzt, erklären sowohl die Forscher in dem Fachartikel als auch Gernot Wagner und sein Kollege Wolfram Schlenker in dem Kommentar: Weil BECCS dann kaum mehr effektiv ist, steigen die Temperaturen stärker als berechnet. "In diesem Szenario werden zwei negative Effekte kombiniert, die in Folge ein heißes Schlamassel hervorbringen", so Wagner und Schlenker.
Die steigenden Temperaturen würden nicht nur den Landbedarf für Bioenergie erhöhen, sondern freilich auch für die Landwirtschaft. Man riskiert mit allzu langem Abwarten also auch eine Lebensmittelkrise, meinen die Forscher in dem Fachartikel.
"Unsere Erkenntnisse verstärken die Dringlichkeit für die frühe Abschwächung der globalen Erwärmung, vorzugsweise vor dem Jahr 2040, um irreversible Klimaänderungen und schwerwiegende Nahrungsmittelkrisen zu vermeiden, wenn nicht zusätzliche Technologien für negative Emissionen in der nahen Zukunft verfügbar werden", schreiben Wang, Gasser und ihre Mitautoren. Für Wagner und Schlenker sind die Forschungsergebnisse hingegen vor allem "weitere Evidenz, dass es ein risikobehaftetes Unterfangen ist, sich auf der ganzen Linie auf technologische Durchbrüche zu verlassen".
Service: https://doi.org/10.1038/s41586-022-05055-8
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