Bundeskanzler Kurz EU-weit im Einsatz für Zukunftstechnologien auf Rang 7
Zukunftstechnologien haben für europäische Staats- und Regierungschefs eine niedrige Priorität. Dennoch schneidet Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) im Vergleich zu seinen 26 Amtskollegen und Amtskolleginnen für sein Engagement in diesem Bereich noch relativ gut ab. Das geht aus dem in Berlin veröffentlichten Digital Engagement Report 2021 des European Center for Digital Competitiveness der ESCP Business School hervor.
Beim Gesamtengagement im digitalen Bereich liegt Kurz auf dem siebenten Platz hinter den Regierungschefs von Estland, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Kroatien und Spanien. Bei Cybersecurity schaffte er es auf Platz drei. Die meisten EU-Staats- und Regierungschefs würden dem nur wenig Bedeutung beimessen, hieß es. EU-weit an der Spitze liegt Kurz im Hinblick auf digitale Bildung. Das betrifft seine Ankündigung, im Zusammenhang mit der Pandemie 2,4 Milliarden Euro in den digitalen Ausbau an Schulen investieren zu wollen.
Fokus auf Industrie 4.0, keinerlei Engagement in Robotik und Quantencomputer
Viel Aufmerksamkeit widmet Kurz laut dem Report der Industrie 4.0. Ähnlich wie viele seiner Kollegen in der EU zeige der Kanzler allerdings keinerlei Engagement für Schlüsseltechnologien der Zukunft wie Robotik und Quantencomputer. Generell sind Industrie 4.0 und der Mobilfunkstandard 5G die Hauptthemen der europäischen Staats- und Regierungschefs im Bereich Zukunftstechnologien.
Für die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel stand das Jahr 2020 im Zeichen von 5G, ihr Fokus hat sich laut Report im Vorjahr aber auch hin zum Unternehmertum der Zukunft verschoben. Bei Präsident Emmanuel Macron in Frankreich steht Industrie 4.0 an erster Stelle. Estland, Deutschland, Frankreich, Griechenland und Kroatien sind auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs am stärksten aktiv, während Slowenien, Bulgarien, die Slowakei, Litauen und Ungarn, die letzten drei, sogar signifikant am wenigsten engagiert sind.
Kein gemeinsamer Ansatz in Europa
Hauptergebnis des Reports sei, dass es keinen gemeinsamen Ansatz für Digitaltechnologien in Europa gebe, sagte Philip Meissner, Direktor des European Center for Digital Competitiveness. Im "Coronajahr" 2020 habe es deutlich weniger Aktivitäten in dieser Richtung als 2019 gegeben. Bemerkenswert sei, dass Griechenland aus der letzten in die Spitzengruppe aufgestiegen sei. Meissner sprach von einem "Europa der zwei Geschwindigkeiten": Der Abstand der Spitze zum ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban am Ende weise den Faktor 6 auf. E-Government und Entrepreneurship stünden nicht auf der Prioritätenliste von Europas Staatsführern.
Die Schlussfolgerungen daraus: "Es gibt keine einheitliche Priorisierung", sagte Meissner. "Wir brauchen sie aber und deutlich mehr Investitionen in Zukunftstechnologien. Im Wettbewerb mit den USA und China liegt Europa weit zurück." Nötig seien eine ganzheitliche digitale Strategie für Europa und massive Investitionen in Technologien und Start-ups. Und, so Meissner: "Europa braucht einen funktionierenden digitalen Binnenmarkt." Es könne nicht angehen, dass in den USA entwickelt, in China implementiert und in Europa reguliert werde.
Deutsche Telekom und SAP gut, aber alt
Die deutschen Spitzenunternehmen der Digitalisierung seien die Deutsche Telekom und SAP, "die sind aber schon alt, es kommt nichts nach. Die Frage wird sein, ob wir in Europa in der Lage sind weltmarktfähige Unternehmen zu schaffen", sagte Meissner.
Ziel des Digital Engagement Reports ist es laut Meissner, die Bedeutung der EU-Staats- und Regierungschefs bei der technologischen Transformation ihrer Länder hervorzuheben. Dabei werde untersucht, mit welchen Themen der Digitalisierung sie sich jeweils beschäftigen. Die umfassende Analyse werde aus öffentlich zugänglichen Quellen erstellt.
Auf die Frage der APA, warum man sich auf einzelne Politiker und nicht auf Länder konzentriere, antwortete Meissner mit der Bedeutung von Regierungspolitik. In Deutschland etwa habe die Bundeskanzlerin Richtlinienkompetenz. "Das hat enorme Strahlkraft. Je nachdem, welche Signale ein Staats- und Regierungschef aussendet, umso mehr wird im Land umgesetzt, das sollte man nicht unterschätzen." Das Thema digitales Engagement müsse auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs angesiedelt sein.