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Mehr zum Thema / Stefan Thaler / Donnerstag 11.04.24

Thermische Speicher lassen niemanden kalt

Batterien hin, Wasserstoff her – thermische Speicher werden gerade im Hinblick auf die Energiewende sträflich unterschätzt, sind Expertinnen und Experten überzeugt. Während für den eher kurzfristigen Ausgleich von Angebot und Nachfrage Pufferspeicher und Bauteilaktivierung in Frage kommen, könnten riesige Warmwasserbecken große Mengen Energie vom Sommer in den Winter transferieren. Welche Chancen, aber auch Hürden hier noch bestehen, wird in zahlreichen Projekten unter die Lupe genommen.
Credit: Uwe Anspach/dpa/picturedesk.com Erfolgversprechend scheint ein Mix aus bestehenden und neuen Technologien zu sein

Der Wärmesektor ist ein wahrer Energiefresser. Mit einem Anteil von knapp der Hälfte des Energieverbrauches steht die Erzeugung und Speicherung von Wärme ganz oben auf der Liste der bevorstehenden Umbauarbeiten im Hinblick auf die Klimaziele. Eines der Hauptprobleme der Energiewende: Der Zeitpunkt, zu dem erneuerbare Energie erzeugt wird, passt nicht so gut mit dem Zeitpunkt des Wärmebedarfs zusammen. Während die Nachfrage nach Wärme im Winter am höchsten ist, stehen erneuerbare Wärmequellen wie die Solarthermie vor allem im Sommer zur Verfügung.

Speicher könnten dieses Missverhältnis ausgleichen, in dem sie in Zeiten des Überflusses überschüssige Wärme aufnehmen und bei Bedarfsspitzen wieder abgeben. Das Energiesystem der Zukunft hat aber sehr unterschiedliche Anforderungen an die verschiedenen Anwendungen. Entsprechend wird auch bei den thermischen Speichern an diversen Technologien geforscht. Denn derzeit gibt es keine Speichertechnologie, die alle nötigen Anforderungen zu Leistung, Kapazität, Wirkungsgrad, Speicherdauer oder Kosten erfüllt, schreibt Christian Kurz, R&D-Manager beim Green Energy Lab, in einem Gastbeitrag. Durch eine Kombination, also ein Hybridspeichersystem, könnten die Anforderungen besser erfüllt werden.

In Warmwasser kann zu sehr geringen Kosten sehr viel Energie versenkt werden. Daneben gibt es auch Dampfspeicher, die häufig in der Industrie eingesetzt werden, oder Hochtemperaturspeicher, die auf Feststoffen aufbauen und wo beispielsweise Steine oder Salz aufgeheizt werden. Tatsächlich in größerem Maßstab relevant und in absehbarer Zeit nutzbar sein dürfte aber der Klassiker Warmwasser, ein Medium mit sehr guten thermophysikalischen Eigenschaften, so Fachleute. Das setzt zum Teil aber einen langen Atem voraus, geht es hier doch um teils riesige Bauprojekte, für die es noch keine echten Vorbilder gibt.

Vom Wert der Energie

Während erneuerbarer Strom in aller Munde sei, werde oft darauf vergessen, dass es in Österreich in deutlichem Ausmaß andere Energieformen oder -träger gebe, die ebenfalls ersetzt oder transformiert werden müssten, erklärt Thomas Fleckl, Leiter der Abteilung Sustainable Thermal Energy Systems am Austrian Institute of Technology (AIT), im Gespräch mit APA-Science. Thermische Speicher sind hier eher ein „Stiefkind“, da die Wertigkeit von Energie mit dem Temperaturniveau zu tun hat: Mit hohen Temperaturen lassen sich auch Maschinen antreiben und Materialien schmelzen. Dennoch können thermische Speicher bei relativ niedrigen Temperaturen extrem große Energiemengen aufnehmen. Außerdem ist bei „wertvollen“ Energieträgern, wie Wasserstoff, jegliche Umwandlung oder Speicherung mit Verlusten verbunden, wodurch wiederum thermische Energie anfällt. Diese Abwärme kann genutzt werden, was im Hinblick auf Energieeffizienz eine große Bedeutung hat.

Es gibt drei physikalische Grundprinzipien Wärme zu speichern, so Fleckl. Bekannt aus dem täglichen Leben ist vor allem die sogenannte sensible Wärmespeicherung, bei der Material – etwa Wasser – erwärmt oder abgekühlt, also Wärme oder Kälte gespeichert wird. Bei der zweiten Form nutzt man Phasenwechselpunkte von Materialien. Wenn Wasser bei 100 Grad dampfförmig wird oder am Gefrierpunkt in die feste Phase übergeht, ist die Temperaturänderung gering, aber die Änderung der Energiemenge groß. Sogenannte Phase Change Materials (PCM) haben Eigenschaften, um diese Phasenumwandlungspunkte auszunutzen. Die dritte Schiene sind Thermochemical Materials (TCM), bei denen zwei Materialien zusammengeführt werden und miteinander reagieren, wodurch zum Beispiel Wärme freigesetzt wird. Bei einem Überangebot von Wärme könnte dies genutzt werden, um die beiden Materialien wieder zu trennen.

Sensible Wärmespeicherung technologisch reifer

Der technologische Reifegrad dieser drei Formen ist dabei sehr unterschiedlich, so Fleckl: Die sensible Wärmespeicherung, zu der auch die Speicherung im Gebäude, in der Erdoberfläche oder im Untergrund gehört, hat bereits starke Verbreitung im Gebäudebereich als Warmwasserspeicher. Fachleute attestieren dieser Form das größte Potenzial, konkrete skalierbare Lösungen in einem vernünftigen Zeitrahmen vom Demonstrationsstadium in die Planung und dann zur Umsetzung zu bringen. Unisono ist zu hören, dass es bei PCM oder TCM zwar nicht ausgeschlossen werden könne, „dass das irgendwann einen Impact hat“, derzeit gebe es aber keine adäquaten Ansätze. Vor allem TCM hat eher einen „Forschungsaspekt“.

Bei PCM ist der Ausgang des „Forschungsmatchs“ mit sensiblen Wasserspeichern noch nicht so klar – zumindest im Hinblick auf den Ersatz von Gasthermen im innerstädtischen Bereich durch möglichst platzsparende thermische Speicher. Hier gibt es Ansätze etwa mit Wachsen, die den Schmelzpunkt bei 60, 70 Grad und damit in einem bei Warmwasser angestrebtem Bereich haben. Allerdings hat PCM, ebenso wie TCM, zwei Nachteile: Die Materialien sind im Vergleich zu Wasser teuer und auch das Apparatedesign, also wie Wärme hinein- und hinausgebracht wird, ist nicht gerade trivial. „Wenn ich am Herd Wasser erwärme, kann ich die Temperatur durch Rühren sehr gut verteilen. Bis sich ein Eisblock nach innen erwärmt, dauert es, weil er eine sehr schlechte Wärmeleitungsfähigkeit hat“, so Fleckl. Hier werde an intelligenten Designs geforscht.

„Add-on“ zur Reduktion der Spitzenleistung

Vom technologischen Reifegrad und der praktischen Umsetzbarkeit haben also die sensibel geführten Speicher, bei denen Wasser als Speichermedium verwendet wird, die Nase vorne. Eine der Hauptanwendungen bei Gebäuden und Heizungstechnologien ist der Einsatz der Speicher als „Design-Add-on“ zur Reduktion der Spitzenleistung. Bei den ungefähr 600.000 Gasetagenheizungen in Wien braucht es für das Duschen eine große Leistung mit einer relativ geringen Energiemenge im Vergleich zum Heizen. Wird dafür eine Wärmepumpe eingesetzt, müsste sie deutlich größer dimensioniert werden. In der Praxis füllt die Wärmepumpe einen thermischen Speicher, der für das Duschen eine ausreichend große Energiemenge zur Verfügung stellt. Die Wärmepumpe kann so viel kleiner gebaut werden, als notwendig wäre, um sofort Wärme für die Warmwasserbereitung bereitzustellen.

Auch bei Fern- oder Nahwärme seien thermische Netze, Wärmepumpen und Speicher „in welcher Form auch immer“ gut kombinierbar, sagt Fleckl. Neben Wasserspeichern könnte auch die Geothermie genutzt werden, um in Sondenfeldern im Sommer Wärme einzuspeichern. „Die Energie kann man im Winter mit einer Wärmepumpe wieder herausziehen. Damit verbessere ich die Effizienz der Wärmepumpe“, erklärt der Experte. Thermische Speicher würden in diesem Temperatursegment eigentlich fast immer mit Wärmepumpen in Kombination vorkommen. Letztlich sei eine mögliche saisonale oder monatelange Speicherung notwendig, um Wärmemengen in die kalte Jahreszeit zu bringen, da Fernwärmenetze im Winter einen zehn Mal so hohen Wärmebedarf wie im Sommer hätten.

Zahlreiche Projekte beschäftigen sich derzeit damit, Warmwasser in der Erdoberfläche oder im Untergrund zu speichern. Das können beispielsweise Erdbecken in der Größe von Badeteichen mit 20 Metern Tiefe sein. Im Sommer wird das Wasser auf 80 bis 90 Grad erhitzt, sodass die Wärme über den Winter direkt entnommen und später mittels Wärmepumpe quasi „restentleert“ wird – theoretisch bis zum Gefrierpunkt. Diese Becken müssen gegen den Untergrund isoliert sein, damit die Wärme nicht ins Grundwasser übergeht. Hier gibt es auch gesetzliche Rahmenbedingungen. Außerdem braucht es eine derzeit noch teure Abdeckung. Ähnliche Speicherkonzepte sind für kleine bis mittelgroße Städte in Dänemark entwickelt worden.

"Derzeit ist gänzlich offen, wer das bezahlt oder wer das baut – unabhängig von der technischen Machbarkeit.“ Thomas Fleckl, Austrian Institute of Technology (AIT)

Wer bezahlt die neue Infrastruktur?

Diese Systeme und Bauwerke, die in Zukunft entstehen werden und letztendlich Millionen Kubikmeter fassen können, „sind meiner Meinung nach Teil einer Infrastruktur, so ähnlich wie die Wiener Hochquellleitung, der Koralmtunnel oder Hochwasserschutz. Wir werden diese langfristige thermische Infrastruktur brauchen, um die Netze saisonal auszugleichen. Derzeit ist aber gänzlich offen, wer das bezahlt oder wer das baut – unabhängig von der technischen Machbarkeit“, so Fleckl. Problem dabei: Ein Speicher lebt normalerweise davon, dass er eine sehr hohe Zyklenzahl in seiner Lebensdauer mit Be- und Entladung hat, siehe Batterien. Bei saisonalen Speichern, die einmal im Jahr einspeichern und einmal ausspeichern ist eine Wirtschaftlichkeit daher sehr viel schwieriger darstellbar.

Diese Infrastrukturen dürften auch nicht von heute auf morgen umsetzbar sein. Ähnlich wie im Kraftwerksbau kann man laut Experten für Planung, Genehmigung und Umsetzung mit mindestens zehn bis 15 Jahren rechnen. Außerdem sind solche Systeme – trotz einzelner Studien und Projekte – noch nie in diesen Größenordnungen gebaut worden, was neue Themen oder Problemen hervorbringen könnte. „Auf der anderen Seite wurde die Wiener Hochquellleitung vor 150 Jahren gebaut. Das war damals eine außerordentliche Ingenieurleistung und ich glaube, solche Dinge brauchen wir hier auch. Die Baukompetenzen dafür haben wir in Österreich“, befindet Fleckl.

Natürlich Wasserreservoirs als Speicher

Neben den Oberflächenspeichern, von denen man je nach Stadtgröße wahrscheinlich mehrere brauchen würde und die wegen der Grundstückspreise schon mal etwas von der Stadt wegrücken könnten, gebe es auch die Möglichkeit mittels tiefer Geothermie mehrere Kilometer unter der Erde Wärme zu speichern oder aber die Schichten dazwischen zu nutzen, wie im Forschungsprojekt ATES Vienna. Dabei wird untersucht, wie man Aquifer, natürlich vorkommende Wasserreservoirs in großer Tiefe, die für die Trinkwasserversorgung nicht geeignet sind, als Speicher nutzen und im Winter wieder entleeren kann. Das natürliche Vorkommen habe ungefähr 60 bis 70 Grad, etwas zu wenig für das Fernwärmenetz. Allerdings lasse sich die Temperatur im Sommer auf das gewünschte Niveau von 90 bis 120 Grad erhöhen und zu einer anderen Jahreszeit wieder abrufen. Noch gibt es hier aber viele Herausforderungen.

In den Fernwärmenetzen in Wien, Salzburg und Linz werde derzeit auf einer Stunden- bis Tagesbasis in großen Tanks gespeichert, um den Lastgang auszugleichen, wenn beispielsweise die Bewohner morgens duschen. Ziel ist, die Erzeugungsanlage zu entlasten. Neben diesen zentralen Netzen würden auch Niedrigtemperaturnetze viele Chancen bieten, etwa in gewissen Bezirken oder Gebäudeverbünden. „Hier werden lokal kleine Netze entstehen, entweder im Neubau oder vielleicht auch, wenn Gebäude saniert werden. Die Stadt der Zukunft wird eine bestehende Infrastruktur haben, aber in vielerlei Stadtteilbereichen separate Lösungen hochfahren, die eigene Speichersysteme haben, die diese Tagesgänge umfassen, aber auch durchwegs in die saisonale Speicherung hineingehen können“, prognostiziert Fleckl.

Stichwort Industrie

In der Industrie dürfte sich der Bedarf, saisonal Energie zu speichern, in engen Grenzen halten, da es vor allem darum geht, Bedarf und Erzeugung aufeinander abzustimmen. Zum Teil würden Speichersysteme angedacht, um Schwankungen auszugleichen und dadurch die Infrastruktur zu entlastet. Im Gegensatz zu Anwendungen im Niedertemperaturbereich, etwa wenn in Dampfsysteme ein Dampfspeicher eingebaut wird, sind in der Prozessindustrie beim Stahlschmelzen oder bei Wärmebehandlungsverfahren Temperaturniveaus von 1.000 Grad und mehr notwendig.

Auch hier gibt es Ansätze: Beim Druckguss wird beispielsweise Aluminium geschmolzen, in eine Form gedrückt und abgekühlt, damit es wieder erhärtet. Die quasi „weggekühlte“ Wärme des ersten Bauteils kann entweder gespeichert oder für das Vorwärmen des zweiten verwendet werden. So lassen sich Fachleuten zufolge 20 bis 30 Prozent Energie einsparen, indem sie dem nächsten Produktschritt wieder zur Verfügung steht.

Zudem gibt es sogenannte Rekuperatoren, wo Wärme in Steinen, Sand oder Salzen gespeichert wird. Hier liegt der Forschungsfokus aber auf solarthermischen Kraftwerken, die für Österreich keine Relevanz haben, weil sie vor allem in Gebieten mit hoher Solareinstrahlung in Spanien, Chile oder Nordafrika zu finden sind. Dabei wird mit großen Spiegelsystemen Salz aufgeschmolzen, ein Dampfkreislauf angetrieben und mit einer Turbine Strom erzeugt. Speichertechnologien wie diese sind speziell für diese spezifischen Anwendungen entwickelt worden.

Lücke zwischen Wissenschaft und Markt

„Wir brauchen thermische Speichertechnologien, wenn wir den Anteil der erneuerbaren Energien erhöhen, die Klimaziele erreichen und die Fernwärme dekarbonisieren wollen. Der Bedarf ist absolut gegeben“, erklärte auch Franz Hengel, Leiter der Gruppe Thermische Energiespeicher bei AEE – Institut für Nachhaltige Technologien (AEE INTEC), einem Mitgliedsinstitut des Forschungsnetzwerks Austrian Cooperative Research (ACR), im Gespräch mit APA-Science. Dazu müsse die Lücke zwischen Wissenschaft und Markt geschlossen werden, was beispielsweise im Projekt Treasure vorangetrieben werde. Gestartet mit Jahresbeginn und EU-Förderungen in Höhe von rund zehn Mio. Euro wird hier an der Entwicklung und Demonstration von großen sensiblen unterirdischen Wärmespeichern gearbeitet, die die Nutzung erneuerbarer Energien zur Beheizung von Wohnvierteln und Industrien vorantreiben sollen.

 

In Wien plant Wien Energie einen solchen thermischen Speicher zu errichten. Die Erkenntnisse aus diesem Demonstrator sollen in das Projekt Treasure einfließen. Konkret geht es um einen Tankspeicher mit einem Volumen von rund 40.000 Kubikmeter im 22. Wiener Gemeindebezirk. Ein Baustart steht noch nicht fest. „Wir gehen der Frage nach, wie man das auf Millionen Kubikmeter hochskalieren kann, um sich dem Speicherbedarf einer Stadt wie Wien anzunähern, schauen uns die notwendigen Behördenwege an und prüfen die Wirtschaftlichkeit“, sagte der Experte. Erfahrungen damit seien unter anderem in Dänemark gesammelt worden.

Im Mittelpunkt von „Treasure“ stehen Aufbau und Demonstration von sieben Erdbeckenwärmespeichern in fünf Ländern, also Becken im mit Folien ausgekleideten Erdreich, die mit einer Abdeckung verschlossen werden. Technische, wirtschaftliche und ökologische Überlegungen, die für die verschiedenen Regionen unterschiedlich ausfallen können, sollen dabei berücksichtigt werden. „Wir wollen damit vielfältige Forschungsfragen beantworten und die Umsetzung von großen thermischen Energiespeichern beschleunigen“, so Hengel.

Allerdings habe jede Region andere Rahmenbedingungen – in Dänemark gebe es im Gegensatz zu Mitteleuropa etwa kaum Probleme mit dem Grundwasser. Genau diese unterschiedlichen Bedingungen sollen im Projekt Treasure mitunter abgeklärt werden und zu konkreten Guidelines mit definierter Risikoanalyse führen, um die Umsetzbarkeit zu beschleunigen. „Wir können nicht ewig warten. Wir müssen Forschung mit der Praxis zusammenbringen. Auch Erkenntnisse aus anderen Projekten werden da einfließen“, verweist Hengel etwa auf einen für Heißwasser spezialisierten Hochleistungsbeton.

Grundsätzlich hätten die verschiedenen Speicherarten ihre Vor- und Nachteile. Großwärmespeicher an der Oberfläche wären billiger als Tankspeicher, je nach Standort seien aber die Kosten für das Grundstück sehr hoch. Günstig sei, wenn man vorgeformte Formen, beispielsweise einen Steinbruch, nutzen könne. Tankspeicher würden eine geringere Oberfläche aufweisen und könnten näher an den Verbrauchsort gebaut werden, was Wärmeverluste und Leistungsengpässe reduziere.

Wasserreservoirs in großer Tiefe nutzen

„Es muss aber nicht der Erdbeckenspeicher oder der Tankspeicher sein. Wir arbeiten auch an anderen Ideen wie Aquiferspeicher“, so Hengel. Aquifere, natürlich vorkommende Wasserreservoirs in großer Tiefe, die sich nicht für die Trinkwasserversorgung eignen, seien aber eventuell schwieriger zu erschließen. Außerdem müsse ein entsprechender, hydraulisch durchlässiger Untergrund gegeben sein. Im Gegensatz zu Holland, gebe es diese Speicher in Österreich aber noch nicht, auch wenn daran, wie im Forschungsprojekt ATES Vienna, gearbeitet werde.

„In den vergangenen Jahren ist auf Forschungsseite sehr viel passiert, was thermische Speichertechnologien, vor allem bei Großwärmespeicher, betrifft. Denn für große Mengen an Energie, etwa 100 Gigawattstunden (GWh), gibt es weder Batterie- noch Wasserstoffspeicher“, erläutert Hengel, der auf weitere Problematiken bei Batterien, wie die Abhängigkeit von politisch instabilen Regionen oder den Abbau von bestimmten Materialien hinweist. Falls nichts Unvorhersehbares passiere, werde der erste Großwärmespeicher spätestens in fünf Jahren in Betrieb genommen. „Wenn ein Dominostein gefallen ist, werden rasch weitere folgen. Es herrscht jedenfalls Aufbruchsstimmung.“

Das Gebäude als Wärmespeicher

Eine zumindest kurzfristige Energiespeicherung ermöglicht wiederum die thermische Bauteilaktivierung (TBA) bei der Rohrleitungen aus Kunststoff in Wände oder Decken integriert werden. Durch diese wird warmes Wasser zum Heizen oder kaltes Wasser zum Kühlen geleitet, wodurch klassische Heizkörper oder eine Klimaanlage obsolet werden. Die so „aktivierten“ Bauteile können Energie speichern und dazu beitragen, Lastspitzen aus dem Stromnetz zu glätten oder Überschüsse der eigenen PV-Anlage zu nutzen und damit den Eigenverbrauch zu erhöhen, erklärte Daniel Heidenthaler von der Fachhochschule (FH) Salzburg, der am  „Zentrum Alpines Bauen“  forscht.

 

Laut dem Klima- und Energiefonds sinkt die Raumtemperatur bei einem Gebäude mit einer durchschnittlichen Heizleistung innerhalb von etwa 3 Stunden von 22 auf 20 Grad ab, bei sehr guter Dämmung ist das erst nach rund 42 Stunden der Fall. Eine Bauteilaktivierung kann diese Auskühlzeit zumindest verdoppelt, heißt es in einem Factsheet. „Das sind dann schon ein paar Tage und das hat enormes Potenzial, weil extrem viel Masse in den Gebäuden vorhanden ist, die man für die Speicherung von Energie nutzen kann“, so Heidenthaler.

Diese Flexibilität der Flächenheizung beziehungsweise -kühlung komme auch Mikro-, Nah- und Fernwärmenetzen zugute. „Auftretende Spitzen lassen sich relativ einfach verschieben. Und wenn bei der Nutzung von Windenergie beispielsweise mal zwei, drei Tage Flaute herrscht, kann man bei gut gedämmten Gebäuden in dieser Zeit auf das Heizen verzichten bis der Wind wieder weht“, sagt der Experte gegenüber APA-Science. Bauteilaktivierung biete viel Potenzial – und hier nicht nur im Neubau, sondern auch bei Sanierungen. Denn es könnte dabei jedes Material verwendet werden, zum Beispiel auch Ziegel oder Holz, auch wenn man in dem Zusammenhang meist an Beton denke.

Auch bei Sanierung einsetzbar

Im Projekt „Wohnen findet Stadt“ habe man die Rohrleitungen „außen an einer Ziegelwand befestigt und dann darüber eine Dämmung angebracht. Das ist, je nach Gegebenheit, ohne großen Aufwand machbar. Den Bestand zu aktivieren sollte Vorrang gegenüber dem Neubau haben“, so Heidenthaler. Derzeit sei Beton die Standard-Variante, weil man aufgrund der enormen Dichte viel Energie darin speichern könne und er eine gute Wärmeleitfähigkeit aufweise. Bei einem gut gedämmten Gebäude lasse sich auch Holz aktivieren, das durch die geringe Wärmeleitfähigkeit die Energie lange speichert. „Aber das ist im Anfangsstadium und noch nicht massentauglich“, erläuterte der Spezialist im Bereich „Smart Building“.

 

Ein immer wichtigerer Faktor wird klimabedingt das Kühlen. Hier sei die thermische Bauteilaktivierung „eines der wenigen wirklich effizienten Systeme – zum Beispiel in Kombination mit einer Erdwärmepumpe, die die Kälte fast kostenlos liefert“. Als Nachteil gilt die Trägheit des Systems, so dauert es teilweise einen Tag bis Änderungen bei der Heizung Wirkung zeigen würden, was den Nutzern klar kommuniziert werden müsse. Noch ist die thermische Bauteilaktivierung nicht bei allen Bauträgern angekommen, einzelne Projekte finden sich beispielsweise auf dieser Landkarte.

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