Flüssig-Biopsie erleichtert Kontrolle beim Melanom
Im Vergleich zu noch vor rund 20 Jahren hat sich die Überlebensrate von Patienten mit einem Melanom im fortgeschrittenen Stadium mehr als verdoppelt. Um eine einfache und ständige Kontrolle des Gesundheitszustandes zu ermöglichen, haben Tübinger Wissenschafter jetzt mit einer Flüssig-Biopsie-Methode auf Tumor-DNA aus dem Blut ein sehr empfindliches und einfaches Messverfahren entwickelt.
Bei dem neuen Ansatz geht es um zwei Ziele: Einerseits soll die Wirksamkeit der verwendeten Therapie inklusive der innovativen Immun-Checkpoint-Inhibitoren, welche das Abwehrsystem wieder gegen einen Tumor "scharf" machen sollen, beobachtet werden. Das zweite Ziel ist das möglichst frühe Erkennen eines Rückfalls.
Erfolgskontrolle drei Monate nach Therapiebeginn
Ob Patienten auf die Therapie ansprechen, kann derzeit erst etwa drei Monate nach Therapiebeginn durch radiologische Bildgebung mittels Ganzkörper-Computertomografie (CT) oder PET-CT (nuklearmedizinische Photonen-Emissions-Tomografie in Kombination mit CT) abgeschätzt werden, hieß es dazu jetzt im Deutschen Ärzteblatt.
Ein anderer Weg als die aufwendigen und erst relativ spät ansprechenden bildgebenden Verfahren wäre eine "Liquid Biopsy" (Liquid Biopsie, Flüssig-Biopsie aus dem Blut; Anm.), bei der nach Tumor-DNA im Blut gesucht wird. Fällt die Untersuchung positiv aus, kann schnell gehandelt werden.
"Wir wollten wissen, wie zuverlässig die Liquid Biopsie anzeigt, dass die Therapie wirkt - beziehungsweise Rezidive entdeckt werden können", erklärte Andrea Forschner, Leiterin der Melanom-Ambulanz an der Universitäts-Hautklinik in Tübingen.
Tumor-DNA im Blut erfasst
Dort hat ein Wissenschafterteam am Institut für Medizinische Genetik und Angewandte Genomik ein entsprechendes Verfahren entwickelt. "Mit der neuen Methode war es möglich, auch sehr geringe Mengen von Tumor-DNA im Blut zu erfassen, was insbesondere bei der regelmäßigen Kontrolle möglicher Rezidive (Rückfälle; Anm.) wichtig ist", erläuterte Christopher Schroeder aus der Wissenschaftergruppe.
Bei dem Verfahren wird in Blutproben der Patienten mit fortgeschrittener Melanomerkrankung gleichzeitig auf 30 verschiedene typische DNA-Veränderungen von Tumorzellen getestet. Im Rahmen einer Studie wurde die Methode an 104 Melanompatienten untersucht. Dabei fand ein Vergleich mit den beiden bildgebenden Verfahren (CT; PET-CT) statt. Eine Flüssig-Biopsie wurde im Therapieverlauf alle paar Wochen durchgeführt.
"Eine ctDNA (Tumor-DNA; Anm.) wurde bei zehn von 13 (76,9 Prozent) der adjuvant (medikamentös nach Operation; Anm.) behandelten Patienten mit einem Rückfall nachgewiesen. Alle tumorfreien Patientinnen und Patienten (neun), bei denen die Entwicklung eines Rezidivs überwacht wurde, blieben im Studienzeitraum sowohl in der Liquid Biopsy als auch im PET-CT negativ, was auf eine hohe Zuverlässigkeit der Liquid Biopsy-Befunde hinweise, betonten die Wissenschafter in ihrer vor kurzem in "Nature Communications" erschienenen wissenschaftlichen Arbeit (DOI: 10.1038/s41467-024-52923-0).
Mit der Methode ließe sich auch sehr schnell bestimmen, ob die jetzt zum Standard gehörende medikamentöse Behandlung von Melanompatienten im fortgeschrittenen Stadium mit Immun-Checkpoint-Inhibitoren eine Wirkung hat. "Im Gegensatz zum PET-CT ist sie deutlich kostengünstiger und kann mehrfach in kurzer Zeit wiederholt werden, zum Beispiel monatlich. Bereits wenige Wochen nach Therapiebeginn mit Immun-Checkpoint-Inhibitoren zeigt der Test, ob die Menge an Tumor-DNA im Blut zurückgeht oder zunimmt. Wir konnten zeigen, dass sich durch eine regelmäßige Liquid Biopsy früher als im PET-CT sagen lässt, ob ein Patient (...) anspricht oder nicht", wurde Studienleiterin Andrea Forschner dazu zitiert. Das ist auch deshalb wichtig, weil mehr als die Hälfte der Krebspatienten im Rahmen einer medikamentösen Behandlung mit Immun-Checkpoint-Inhibitoren schwere Nebenwirkungen bekommt. Die könnte man Patienten ersparen, wenn es sich zeigt, dass sie gar nicht auf diese Behandlung ansprechen.