Quantenkommunikation: Stör-Rauschen verblüffend einfach zu verhindern
Quantenkommunikation und Quantencomputer arbeiten mit fragilen Zuständen von Quantensystemen, die leicht durch Umwelteinflüsse gestört werden können. Dieses Rauschen lässt sich verblüffend einfach umgehen, zeigten Wiener Physiker nun in Experimenten, deren Ergebnisse sie im Fachjournal "Physical Review Research" veröffentlichten. Wenn man nicht weiß, welchen Weg ein Quantenteilchen geht, sich also seine Pfade überlagern, wird das Rauschen in der Kommunikation unterdrückt.
In Quantencomputern, die viel schnellere Berechnungen bestimmter Fragestellungen erlauben, und bei der Quantenkommunikation, die abhörsichere Informations-Übertragung ermöglicht, werden Phänomene wie Quantenüberlagerung oder -verschränkung genutzt. So kann etwa ein Quantensystem zwei Zustände gleichzeitig annehmen - die Physiker nennen das Überlagerung oder Superposition. Und bei der Verschränkung bleiben zwei oder mehrere Quantensysteme auf scheinbar paradoxe Weise auch über große Distanzen miteinander verbunden.
Überlagerung und Verschränkung sind allerdings äußerst empfindlich gegenüber Umwelteinflüssen. Im Labor kann man die Effekte davor schon recht gut schützen, doch für den Alltagsgebrauch ist Fehlerkorrektur angesagt. Diese erfordert allerdings eine Menge an Ressourcen. Daher versucht man die zunehmende Wirkung unkorrigierter Fehler - die Physiker nennen das "Rauschen" - zu vermindern, ohne dafür viel Aufwand zu betreiben.
Zeitliche Überlagerung nutzen
Einen Vorschlag dafür haben vor einiger Zeit Forscher aus Hongkong gemacht und dabei wieder einmal tief in die Trickkiste der scheinbar paradoxen Phänomene der Quantenwelt gegriffen. "Teilchen können in der Quantenwelt nicht nur gleichzeitig an verschiedenen Orten sein, oder gleichzeitig zwei Zustände einnehmen - es können auch zeitliche Abfolgen überlagert sein, also etwa A vor B und B vor A", erklärte Philip Walther vom Vienna Center for Quantum Science and Technology (VCQ) an der Universität Wien gegenüber der APA. Der Vorschlag der Hongkonger Physiker war nun, diese zeitliche Überlagerung zur Rauschunterdrückung zu nutzen.
Würde etwa ein Teilchen auf seinem herkömmlichen Weg zunächst Rauschen A passieren und später Rauschen B, müsste man seinen Weg etwa mit einer Achterschlinge so gestalten, dass man nicht mehr unterscheiden kann, ob es zunächst A und dann B passiert oder umgekehrt. Das Teilchen passiert also in einem Überlagerungszustand gleichzeitig AB und BA - wodurch sich das Rauschen deutlich reduziert, wie in zwei unabhängigen Forschungsarbeiten experimentell nachgewiesen wurde.
Effekt ist auf mehreren Wegen erreichbar
Die Wiener Physiker zeigten nun, wie auch ihre Kollegen in Grenoble, zunächst theoretisch, dass dieser Effekt auch einfacher erreicht und das Rauschen zwischen zwei Kommunikationspartnern vollständig eliminiert werden kann. Walther hat darauf hin gemeinsam mit seiner Kollegin Giulia Rubino und ihrem Team verschiedene Möglichkeiten experimentell umgesetzt und verglichen, welche am besten verschiedene Rauscharten unterdrücken. "Es zeigte sich, dass es gar nicht so kompliziert sein muss und es manchmal Überlagerungen gibt, die noch bessere Resultate erzielen", sagte Walther.
So gibt es Rauscharten wo es reicht, für die Kommunikation mit Lichtteilchen einfach zwei Glasfaserleitungen zur Verfügung zu stellen und die Teilchen in Superposition zu bringen, also beide Wege gehen zu lassen. "Die einfachsten Schemata für die Quantenüberlagerung von verrauschten Kanälen sind zugleich diejenigen, die das kommunikationsstörende Rauschen am besten minimieren", so Walther. Weil die demonstrierte Technik so einfach ist, könne sie sofort in der aktuellen Langstreckenkommunikation eingesetzt werden und verspreche potenzielle weitere Anwendungen etwa in der Quanteninformationsverarbeitung.
Service: http://dx.doi.org/10.1103/PhysRevResearch.3.013093