TMW lädt im Innovation Corner zu "Griff nach den Sternen"
Im Technischen Museum Wien (TMW) will man mit dem neu bespielten "Innovation Corner" gerade junge Besucherinnen und Besucher für die Luft- und Raumfahrt begeistern: "Ihnen wollen wir zeigen, dass noch nicht alles erfunden ist und es möglich ist, eine Karriere mit den eigenen Ideen zu starten", sagte TMW-Generaldirektor Peter Aufreiter jüngst bei einer Rahmenveranstaltung. An "prominentester Stelle" sind die Innovationen nun für rund drei Monate (bis 26. Mai) zu sehen.
Mit den gezeigten Projekten stelle man im ersten Stock des TMW den "Griff nach den Sternen" in den Mittelpunkt - die acht Exponate zeugen vom Innovationsgeist und den praxisnahen Ausbildungsmöglichkeiten, die Niederösterreich im Luft- und Raumfahrtsektor bietet, sagte Aufreiter. Der vierteljährlich wechselnde Innovation Corner wird aktuell zum zweiten Mal in Kooperation mit der niederösterreichischen Technologiefinanzierungsgesellschaft tecnet equity und dem Technologie-Inkubator accent kuratiert. "Bei allen Exponaten kann man diesmal auch sehen, wer hinter den Innovationen steckt - vielleicht können wir so den ein oder anderen Besucher motivieren, in deren Fußstapfen zu treten", sagte tecnet equity-Geschäftsführerin Doris Agneter.
In Kooperation mit Fachhochschulen
"Bei der Bespielung freuen wir uns besonders über die Kooperation mit den Fachhochschulen", ergänzte Aufreiter. Schon im Ausbildungskonzept der drei vertretenen FHs (Krems, St. Pölten und Wiener Neustadt) sei der Grundstein für die Technologien gelegt: Während des Studiums liege der Fokus auf Innovation, die Gründung von Start-ups werde danach aktiv gefördert und unterstützt. "Mit dem Masterprogramm Aerospace Engineering sind wir natürlich intensiv im Bereich Luft- und Raumfahrt engagiert", sagte Armin Mahr, Geschäftsführer der FH Wiener Neustadt. So biete man Studierenden etwa einen rund 1.000 Quadratmeter großen "Maker Space" und ein Start-up-Center, das gute Ideen mit unterstützt und in den Markt begleitet. Die Studierenden seien außerdem schon während des Studiums in Forschung und Entwicklung engagiert.
Ein Beispiel dafür kann etwa mit der Transportdrohne Trogon im Innovation Corner besichtigt werden. "Die Idee für die Drohne wurde von Studierenden geboren", sagte Carsten Scharlemann, Leiter des Masterstudiengangs Aerospace Engineering an der FH Wiener Neustadt, zu APA-Science. Gedacht war das Konzept ursprünglich für Regionen mit teils schwacher Infrastruktur und großen Entfernungen, etwa in Südamerika oder Australien. "Denn die Drohne kann eine Nutzlast von rund einer halben Tonne über 1.500 Kilometer transportieren, das entspricht in etwa der Distanz von Wien nach London", so Scharlemann. Vor fast sechs Jahren wurde Trogon als Studierendenprojekt aufgebaut, unterschiedliche Jahrgänge von Master- und Bachelorstudenten haben über die Jahre mitgearbeitet.
"Studierendenprojekt" Transportdrohne und Co.
"Im Juni 2023 konnten wir mit dem hier ausgestellten Demonstrator, der als Modell im Maßstab 1:4 eine Spannweite von etwa vier Metern hat, dann erste Praxistests durchführen", erinnerte sich Scharlemann. Die Zweifel waren groß, auch weil das Modell optisch an einen "schwangeren Wal" erinnere. Aber die Tests hätten die analytischen und numerischen Berechnungen verifiziert. "Jetzt reden wir schon mit Industrievertretern, und zwar nicht, wie gedacht, nur in Australien, sondern auch in Österreich. Da geht es etwa um Firmen, die bei großen Lastentransporten Probleme mit der sogenannten letzten Meile haben, aber beispielsweise auch um den Einsatz als Feuerlöschdrohnen", so Scharlemann.
"Vor knapp sieben Jahren haben wir zudem den Satelliten Pegasus als Studierendenprojekt gestartet, der erst vor knapp vier Wochen verglüht ist und uns bis dahin Daten bereitgestellt hat", sagte Scharlemann. Der Nachfolger ist schon in der Pipeline und auch im TMW ausgestellt: Seit 2018 arbeite man an der FH an dem Satellitenprojekt "Climb". Dessen Ziel ist es, von einer niedrigen Umlaufbahn den Van-Allen-Gürtel zu erreichen. Diese Region, die zum Magnetfeld der Erde gehört und sie vor hochenergetischer Strahlung aus dem Weltall schützt, wird normalerweise wegen der hohen Strahlung gemieden. Dort sollen mit "Climb" Messungen durchgeführt und die elektronischen Komponenten gezielt auf Strahlungsresistenz getestet werden. "Wenn die Finanzierung klappt, dann starten wir die Mission hoffentlich nächstes Jahr", freute sich Scharlemann.
Zum Einsatz kommt bei "Climb" ein Antrieb des Unternehmens Enpulsion, deren "Neo-Triebwerk" ebenfalls im Innovation Corner vertreten ist. Der elektrische Feldemissionsantrieb erzeugt Schub durch Ionen und ein angelegtes elektrostatisches Feld. Das Triebwerk ist für eine einfache Integration in Raumfahrzeugen ausgelegt und kombiniert die Emissionsoberfläche und Treibstofftanks in einem einzigen Bauteil, wobei als Festmetalltreibstoff das ungiftige, nicht unter Druck stehende Indium zum Einsatz kommt. Daher können die Triebwerke voll beladen und ohne besondere Vorkehrungen an Kunden verschickt werden.
Braucht Wille und Mut
"2016 haben wir das Spin-out aus einer aktiven Forschung und Entwicklung herausgegründet, die schon eine lange Historie bei der European Space Agency (ESA) hatte", erzählte Enpulsion-Gründer Alexander Reissner. "Auch dank der großen Unterstützung von der FH Wiener Neustadt und accent ist es uns gelungen, Standorte in den Vereinigten Staaten, in Frankreich und in Österreich aufzubauen", so Reissner weiter. Für Projekte wie dieses brauche es auch in Zukunft Wille und Mut, gerade vonseiten der akademischen Institutionen.
Zu den anderen Exponaten im Innovation Corner zählt eine physikalische Methode zur sicheren Kryptografie von der FH St. Pölten. Diese basiert, im Gegensatz zu üblichen mathematischen Methoden, auf Wechselseitigkeit der Funkübertragung und der Messung von Funkkanaleigenschaften und wurde mithilfe der Bewegung von Satelliten auch über große Entfernungen einsetzbar gemacht. Interessierte können sich außerdem über neueste Messgeräte aus dem 3-D-Druck, ein Gasverteiler- und Gasdruckdosierungssystem und ein Konzept für schnellere und einfachere Testungen neuer Weltraumtechnologien informieren.
"Weltraum ist in Österreich ein Wirtschaftssektor"
"Weltraum ist in Österreich nichts Kurioses, sondern ein Wirtschaftssektor", unterstrich auch Margit Mischkulnig, Abteilungsleiterin Weltraumangelegenheiten im Klimaschutzministerium die Vorteile von Forschung und Entwicklung in diesem Bereich. Einerseits schaffe der Sektor Einnahmen und Arbeitsplätze, aber er erfülle auch diverse gesellschaftliche Aufgaben. So sei etwa die Erdbeobachtung durch Satelliten zum Monitoring von fruchtbaren Böden für die Landwirtschaft oder der Flüsse als wichtigen Energielieferanten zentral. Eine gut ausgebaute Navigation per GPS sei zudem gut für das Klima, da sie Fahrtwege und Emissionen reduziert.
Service: Im Innovation Corner des TMW: Acht Projekte in Kooperation mit niederösterreichischen FHs und Technologieakteuren bis 26. Mai ausgestellt: https://www.technischesmuseum.at/