Nahe am Markt forschen: Mehr Mittel und Kooperation nötig
Gastbeitrag --- Österreich hat durch seine hohe Vielfalt an anwendungsorientierten Forschungseinrichtungen, die nahe am Markt forschen, einen enormen Standortvorteil in Europa und in der Welt. Diesen Vorteil gilt es zu erhalten. Dafür sind strukturelle Veränderungen in der österreichischen Forschungslandschaft notwendig, insbesondere im Hinblick auf fairere Kooperationsbedingungen und effizientere Mittelvergabe.
Es ist notwendig, die Ausstattung der kooperativen Forschung mit Fördermitteln insgesamt zu verbessern, wobei diese Mittel vor allem auch längerfristiger und unbürokratischer vergeben werden sollten. Hier ist insbesondere eine bessere finanzielle Ausstattung für die Forschung der Fachhochschulen notwendig durch eine Basisfinanzierung für Forschung durch den Bund.
Eine F&E-Basisfinanzierung für Fachhochschulen stärkt die Innovationsfähigkeit von Regionen, vor allem von kleineren und mittleren Unternehmen. Ein weiterer Wunsch ist die Förderung der interdisziplinären und institutionsübergreifenden Kooperation zwischen grundlagenorientierter und angewandter Forschung. Derzeit behindern die begrifflichen und institutionellen Trennlinien zwischen Grundlagenforschung und angewandter Forschung die Innovationsfähigkeit und den Output des Forschungssystems in Österreich. Die Grenzen sind aber fließend und eine systematische Unterscheidung passt nicht mehr zu den Anforderungen der Zukunft. Daher ist es an der Zeit, diese Trennung zu überwinden.
Die Fachhochschulen stehen für anwendungsorientierte, thematisch vielseitige, geografisch grenzüberschreitende Forschung & Entwicklung am Puls der Zeit. Die Bedürfnisse und Anforderungen von Wirtschaft und Gesellschaft sowie die Nützlichkeit (Nutzen für Kundinnen und Kunden, Nutzen für die Gesellschaft, Nutzen für die Region, Nutzen für die Lehre, Nutzen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter etc.) der F&E-Aktivitäten stehen im Vordergrund.
Viele Analysen haben gezeigt, dass Österreich in der Grundlagenforschung in einigen Bereichen sehr gute Arbeit leistet, aber auch dass es Österreich viel zu wenig schafft, aus den hervorragenden Grundlagenforschungsergebnissen eine praktische Umsetzung sicherzustellen. Es passiert hierzulande leider viel zu selten, dass Ergebnisse aus der Forschung zu kommerziell verwertbaren Innovationen werden. Von der neuen Bundesregierung wünsche ich mir, dass sie einen Schwerpunkt setzt, um die Brücke von zukunftsrelevanten Forschungsergebnissen zu Innovationen in der Wirtschaft und Gesellschaft zu schlagen. In diesem Bereich könnten insbesondere Fachhochschulen eine noch wichtigere Rolle für den Innovationsstandort Österreich spielen.
Zur Person:
Johann Kastner ist seit 2002 Professor für Messtechnik an der Fachhochschule OÖ, Campus Wels und seit 2004 Vizepräsident für F&E. Doktorat der Universität Wien und Habilitation für "Zerstörungsfreie Prüfung und Computertomografie" an der TU Wien.
Funktionen: Vorsitzender des F&E-Ausschusses der FHK (Österreichische Fachhochschulkonferenz) seit 2007, Mitglied des Rates Forschung und Technologie OÖ von 2009 - 2019, Mitglied oder Ersatzmitglied in der FWF-Delegiertenversammlung seit 2012, Mitglied im Josef Ressel Senat der Christian Doppler Gesellschaft seit 2017, Mitglied des Forschungs- und Wissenschaftsrates Kärnten seit 2019 und diverse Aufsichtsratsfunktionen.
Service: Dieser Gastbeitrag ist Teil der Rubrik "Nachgefragt" auf APA-Science. Die inhaltliche Verantwortung liegt beim Autor/der Autorin.