Für eine gelingende Zukunft braucht es Mut und ehrliche Kooperation
Gastbeitrag --- Meine drei Wünsche im Wahljahr - von der Wissenschaft an die Politik - sind:
1. Alternative Fakten eliminieren - politische Entscheidungen aufgrund von wissenschaftlichen Erkenntnissen anstatt opportunistischer Meinungen treffen
Politische Entscheidungen sollten auf Basis von objektiven Erkenntnissen getroffen werden. Die Wissenschaft kann dazu die notwendigen, evidenzbasierten Daten liefern. Auch an der BOKU ist es gelebte Tradition, an aktuellen Fragen unserer Gesellschaft zu arbeiten und praxistaugliche, konkret umsetzbare Antworten zu liefern. Immer öfter zeigt sich aber, dass die Wissenschaft erst dann angefragt wird, wenn politische Entscheidungen bereits getroffen wurden, und noch ein paar Argumente zur Untermauerung gesucht werden. Wissenschaft sollte jedoch am Beginn der Meinungsbildung zu offenen Fragestellungen und absehbaren Problemen für Lösungsideen angefragt werden. Natürlich werden dann auch unbequeme Antworten kommen. Denn die Antworten der Wissenschaft sind eben aus evidenzbasierten Daten abgeleitet, dafür aber an der Problemlösung orientiert und belastbar.
2. Transformativen Dialog ermöglichen - Schaffung eines permanenten Austauschforums zwischen Politik und Wissenschaft
Um wichtige Fragen unserer Gesellschaft rechtzeitig erkennen zu können und gute strategische Entscheidungen zu treffen, braucht es einen laufenden Dialog von Politik und Wissenschaft. Dazu ist es notwendig, ein ständiges Austauschforum zwischen führenden Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern aus Politik und Verwaltung mit Expertinnen und Experten der Wissenschaft einzurichten. Dieses Gremium sollte sich laufend (mehrmals pro Jahr) treffen und aktuelle Themen besprechen. So können nicht nur wichtig Zukunftsfragen und Forschungsthemen rechtzeitig erkannt, sondern auch strategische Entscheidungen frühzeitig beraten werden. Das entstehende gegenseitige Verständnis und Vertrauen bei den teilnehmenden Personen würden ein gemeinsames, aktives und fruchtbares Gestalten ermöglichen. Der "Wissenschaftliche Beirat Globale Umweltveränderungen" der deutschen Bundesregierung (kurz WBGU) und das österreichische Wissenschaftsprojekt "UniNEtZ" (Universitäten und Nachhaltige Entwicklungsziele) sollten hier als Vorlage dienen.
3. Transparenz und Mut zeigen - konkrete Ziele setzen und deren Erreichung messen
Gerade beim unbequemen, aber überlebenswichtigen Schutz unserer natürlichen Ressourcen wie Boden, Biodiversität und Klima fehlen derzeit scheinbar der politische Mut und die ehrliche Motivation, die notwendigen Ziele zu erreichen. Ganz im Gegenteil, wir sind sogar schon so weit, dass bereits gesteckte Zielwerte wieder aufgeweicht oder ganz gestrichen werden, wie z.B. aktuell in der Diskussion um die Bodenstrategie. Diese schmerzlichen Versäumnisse werden künftige Generationen wohl bitter bezahlen müssen. Dabei kann uns Wissenschaft nicht nur konkrete Zielwerte, sondern auch realistische Zielpfade liefern. So wurden im Projekt "UniNEtZ" kürzlich rund 80 sogenannte Zukunftsbausteine für Österreich als Grundlage für ein zukünftiges Regierungsprogramm erarbeitet und der Politik zur Verfügung gestellt.
Zur Person:
Franz Fehr ist studierter Agrar- und Ernährungsökonom sowie Umweltmanager. An der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU University) ist er Koordinator der "Sustainable Development Goals" (SDGs) und im Vorsitz der Ethikplattform tätig. Seit 2019 ist Fehr Rats-Vorsitzender des Projekts "UniNEtZ", in dem sich rund 300 Wissenschafterinnen und Wissenschafter aus über 20 österreichischen Universitäten und wissenschaftlichen Einrichtungen zusammengeschlossen haben, um an der Umsetzung der UNO-Nachhaltigkeitsziele in Österreich zu arbeiten. Seine berufliche Laufbahn begann in einem Zivilingenieurbüro für Umweltanalytik, danach war er Leiter des Umweltbüro Niederösterreich und Entwicklungshelfer im Süd-Sudan. Fehr ist seit 25 Jahren ehrenamtlich als Umweltgemeinderat sowie bei der Feuerwehr im Katastrophenschutz engagiert, und bei den "Scientists 4 Future" in den Fachgruppen Bodenschutz sowie Politik und Recht tätig.
Service: Dieser Gastbeitrag ist Teil der Rubrik "Nachgefragt" auf APA-Science. Die inhaltliche Verantwortung liegt beim Autor/der Autorin.