Corona - Abwasserdaten deuten auf weiterhin entspannte Lage hin
Der leichte Abwärtstrend bei den Corona-Neuinfektionen dürfte sich vorerst fortsetzen. Darauf deuten laut dem Mikrobiologen Heribert Insam, Leiter der Arbeitsgruppe Mikrobielles Ressourcenmanagement der Universität Innsbruck, österreichische Abwasserdaten hin. "Insgesamt ist die Lage sehr entspannt", so Insam im Gespräch mit der APA. Allerdings gebe es weiterhin einige Hotspots etwa im Bezirk Braunau, in Linz Land, Wels Land oder der Stadt Salzburg samt Umgebung.
Insam ist gemeinsam mit Norbert Kreuzinger vom Institut für Wassergüte und Ressourcenmanagement der Technischen Universität (TU) Wien Mitbegründer von "Coron-A", das seit April 2020 Abwasserproben aus Kläranlagen auf SARS-CoV-2-RNA untersucht, um so unabhängig von individuellen Coronatests einen Überblick über das Infektionsgeschehen zu erhalten. Im Vergleich zum letzten Höhepunkt der Pandemie im April werden laut Insam derzeit um eine Zehnerpotenz weniger SARS-CoV-2-Erbgutrückstände im Abwasser nachgewiesen. Und: "Die Abwasserdaten weisen derzeit nicht darauf hin, dass die Kurve wieder so steil nach oben geht wie im Vorjahr."
Das könne sich aber freilich auch wieder ändern, betont Insam, etwa wenn sich mit dem kühleren Wetter das soziale Leben wieder stärker in Innenräumen abspielt. Dazu kommen noch Fragezeichen in Bezug auf die Messergebnisse: So ist derzeit noch nicht ganz klar, wie sich die höheren Infektionszahlen jüngerer Menschen auf die Daten auswirken, da diese möglicherweise weniger bzw. kürzer Viren ausscheiden. Auch die Frage, wie sich Infektionen von geimpften Personen mit ebenfalls geringerer Viruslast im Abwasser auswirken, muss noch geklärt werden.
Frühwarnsystem für Schulen
Im Rahmen des jetzt angelaufenen Forschungsprojekts "Schulstandortmonitoring" des Bildungsministeriums sollen die Abwasserdaten als Teil eines Frühwarnsystems für die Schulen genutzt werden. Anhand der Daten aus 116 Kläranlagen im ganzen Land soll - in Kombination mit den aktuellen Testungen an allen Schulen bzw. 300 ausgewählten "Wächter"-Schulen mit regelmäßigen PCR-Tests - die Infektionslage an den Schulen eingeschätzt werden. Das Einzugsgebiet der beprobten Kläranlagen erfasst drei Viertel der Schüler und mehr als 3.000 Schulstandorte, wobei nicht gezielt Abwasser von Bildungseinrichtungen gemessen wird, sondern das gesamte Umfeld in den kommunalen Abwasserreinigungsanlagen.
Die Idee von Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP), durch intensives Testen an den Schulen einen Eintrag von Infektionen aus den Ferien zu verhindern, könnte nach Insams Einschätzung durchaus aufgegangen sein. "Das könnte bis zu einem gewissen Grad funktioniert haben", sagt er mit Blick auf die Daten. Allgemeine Trends in Bezug auf die Schulen lassen sich derzeit allerdings noch nicht erkennen, dafür brauche es erst einmal Messergebnisse aus mehreren Wochen.
Das Abwassermonitoring mit Blick auf die Schulen soll nun im Rahmen eines Forschungsprojekts über ein Jahr hinweg laufen. Dabei wollen die Wissenschafter etwa modellieren, wie die Abwasserdaten mit den Inzidenzen an den Schulen zusammenpassen. Die Idee sei dabei, dass man einen Vorsprung von drei bis vier Tagen gegenüber den Individualtests erreicht. Seine eigentliche Stärke kann das Programm allerdings dann zeigen, wenn das Infektionsgeschehen soweit zurückgeht, dass deutlich weniger Individualtests durchgeführt werden können.
Dann könnte über das Abwasserscreening mit wenig Aufwand und geringen Kosten das Infektionsgeschehen in der Gesellschaft beobachtet und bei Bedarf ganz zielgerichtet eine regionale Maßnahme gesetzt werden. "Auf diesem Niveau sind wir noch nicht, aber es wird kommen", betonte Insam. Voraussetzung sei, dass durch immer mehr Geimpfte das Infektionsgeschehen ausreichend abgeschwächt wird. Derzeit wird gemeinsam mit der AGES auch daran gearbeitet, die Abwasserdaten in Prognosetools für ein bis zwei Wochen einfließen zu lassen.