Zum Ursprung der Zähne: Wie sie schärfer und härter wurden
Kleine aalförmige Tiere namens Conodonten lebten vor rund 540 Mio. bis 200 Mio. Jahren in den Meeren. Da sie zahnartige Hartteile besaßen, können sie heute als Mikrofossilien Einblicke in die Evolution der Zähne liefern. Im Journal "Nature Communication" zeigten jüngst Forschende unter Beteiligung der Uni Wien auf, dass die zahnähnlichen Strukturen dieser frühen Vertreter der Wirbeltiere durch eine veränderte Ausrichtung der Kristalle immer härter und schärfer wurden.
Das früheste phosphathaltige Skelettgewebe, das in der Evolutionsgeschichte der Wirbeltiere gefunden wurde, sind die conodontischen Zähne - diese hätten sich parallel zu anderen Wirbeltierzähnen entwickelt, heißt es in der Studie, an der auch Paläontologin Isabella Leonhard und Geologe Michel Bestmann von der Universität Wien mitarbeiteten. Schon die winzigen, typischerweise etwa 0,02 bis 2 Millimeter langen Zähnchen der Conodonten (spezifischer "Euconodonten") hätten aus Hydroxylapatit bestanden, erläuterte Leonhard gegenüber der APA. Mit ihnen konnten die nach 300 Mio. Jahren ihrer Existenz mit dem Massenaussterben vor 201 Mio. Jahren verschwundenen Tierchen auch Fleisch beißen und zerschneiden.
Formenvielfalt als Ergebnis hoch organisierter Kristallstrukturen
Ziel der Studie war es, der lange bestehenden Hypothese nachzugehen, dass sich die innere Kristallstruktur von Conodontenzähnen durch Anpassung an die Belastung beim Beißen und Schneiden entwickelt hat und durch Veränderung der Kristallorientierungen bruchfester geworden ist. Die Forschenden untersuchten die Zahn-Kristallstrukturen von verschiedenen Arten und aus verschiedenen Epochen. Und tatsächlich: Mikroanalysen ergaben, dass die frühen Zähne der Conodonten schlecht organisierte Kristalle aufweisen, diese also anfälliger für Brüche waren. Die fortgeschritteneren komplexen Tiere aus der Gruppe zeigten hingegen hoch organisierte Kristallstrukturen, was ihre Zähne wesentlich bruchfester macht. "Die Härte und Schärfe der Zähne entstand durch eine schrittweise Verbesserung der inneren Struktur der Zähne", so Leonhard.
Die fossilen Zahn-Überreste aus dieser Tiergruppe geben ein sehr diverses Formenbild ab: von Kegeln bis hin zu komplexen platten- und blattartigen Formen. Das spricht für verschiedene Ernährungsweisen der Tiere: von der Filtration über Aasfresser bis hin zu Tieren, die tatsächlich als Räuber unterwegs waren, so Leonhard. Die Kristalle richteten sich zunehmend in jene Richtung aus, die für die Beanspruchung am passendsten war. Man habe zeigen können, dass frühe Wirbeltiere zunehmend die Kontrolle über die Entwicklung ihres Skeletts erlangten, hieß es seitens der Forschenden um Erstautor Bryan Shirley von der Utrecht University (Niederlande).
Conodonten-Tierfossil erstmals 1983 entdeckt
Die Conodonten gaben der Forschung lange ein Rätsel auf. Erst im Jahr 1983 wurde tatsächlich ein komplettes Conodonten-Tierfossil in Schottland entdeckt. "Davor gab es sehr viele, wilde Hypothesen, wie diese Tierchen überhaupt ausgesehen haben. Es gab etwa auch eine Annahme, dass die Zähne wie Schuppen außen am Tier saßen und zur Verteidigung dienten. Man wusste erst nach dem Fund in Schottland, dass das Tier aalartig war", sagte die Paläontologin.
"Man findet draußen im Sediment oft einzelne Zähnchen - sie sind dann ein Element der Beißapparatur, die in der Regel aus 13 bis 19 - auch verschieden geformten - Elementen pro Apparatus bestand", so Leonhard: "Daher ist die Taxonomie auch sehr komplex" und die Spezies-Zuordnung der Beißerchen "gar nicht trivial". Aber man habe auch erhaltene Cluster der Zähne gefunden, die die ursprüngliche Anordnung in den Tierchen wiedergaben - "das wies schon früh auf Zähne als Mund-Zusatz hin".
Zudem gibt es Hinweise, dass sich die Zähne selbst reparieren konnten - also Schäden, die eventuell vom Beißen herrührten, wieder "überwachsen wurden", so Leonhard. Diese Strukturen von "Self-Repair" zeigten sich vor allem bei den komplexen Conodonten - "wohl einfach, weil sie in der Lage waren zu beißen". Eine offene Frage ist weiterhin, wie die Zähne der Gebisslosen eigentlich verankert waren.
Service: Studie online: https://www.nature.com/articles/s41467-024-49526-0