Sonnen-Sonde "Solar Orbiter" auf Kurzbesuch bei Venus
Die im Februar gestartete ESA-Raumsonde "Solar Orbiter" hat im Sommer erste Bilder der Sonne aus bisher unerreichter Nähe gemacht. Nun stattet sie dem Planeten Venus einen Kurzbesuch ab, um die Anziehungskraft des Abendsterns für eine Bahn- und Geschwindigkeitsänderung zu nutzen. Dabei werden laut dem Institut für Weltraumforschung in Graz (IWF) auch Daten aus dem Umfeld des Planeten gesammelt. Das IWF ist beim Solar Orbiter an zwei Messgeräten beteiligt.
Im Laufe der ambitionierten ESA-Mission wird sich die Raumsonde "Solar Orbiter" der Sonne auf 42 Millionen Kilometer annähern. Auf seinem rund dreieinhalbjährigen Weg zur Sonne muss der Orbiter mehrmals an Erde und Venus Schwung holen, um seine endgültige Umlaufbahn zu erreichen, von der er erstmals auf die Pole der Sonne schauen wird.
Blitzaktivität der Venus klären
Am 27. Jänner findet der erste von acht Venus-Vorbeiflügen statt. Zu diesem Zeitpunkt wird die Sonde laut ESA-Informationen rund 7.500 km von den höchsten Venuswolken entfernt sein. Laut dem IWF der Österreichischen Akademie der Wissenschaften werden dann das Radiowelleninstrument RPW und das Magnetometer MAG eingeschaltet sein, um die Magnetfelder und Plasmaparameter in Venusnähe aufzuzeichnen. Das IWF entwickelte den Bordcomputer für das RPW und kalibrierte dessen Antennen. Auch MAG, das hochpräzise Vor-Ort-Messungen des Magnetfeldes machen und untersuchen soll, wie sich das Magnetfeld der Sonne in den interplanetaren Raum ausbreitet und im Laufe des Sonnenzyklus verändert, wurde am IWF kalibriert.
Die Blitzaktivität der Venus ist ein Punkt, der durch den Vorbeiflug möglicherweise geklärt werden kann: Blitze erzeugen sogenannte Whistler-Wellen. Ein Whistler ist ein niederfrequentes elektromagnetisches Signal, bei dem hohe Töne langsam abfallen und niedriger werden. Mit einem Empfänger, zum Beispiel einem Transistorradio, können sie direkt in akustische Signale umgewandelt werden. "Mit RPW können wir diese Wellen messen und so einen weiteren Hinweis darauf bekommen, ob es Blitze in der Venusatmosphäre gibt", erklärte IWF-Gruppenleiter Manfred Steller, der für den RPW-Bordcomputer verantwortlich zeichnet.
Noch näher ab 2025
Erst im Oktober war die Weltraumsonde "BepiColombo" an Venus vorbeigeflogen und hat laut dem IWF-Wissenschafter Martin Volwerk interessante Aktivitäten im Magnetfeld unseres Nachbarplaneten gezeigt. Die Flugbahn von "Solar Orbiter" soll ähnlich verlaufen. "Dadurch erwarten wir weitere Ergebnisse aus diesen noch unerforschten Gebieten im Magnetschweif des Planeten", schilderte Volwerk. Ab 2025 erfolgen weitere, sehr viel nähere Venus-Vorbeiflüge mit wenigen hundert Kilometern Abstand.
"Solar Orbiter" startete am 10. Februar vom US-Weltraumbahnhof Cape Canaveral ins All. Die im Rahmen der Mission gesammelten Daten sollen helfen, Sonneneruptionen und das u.a. davon bestimmte Weltraumwetter und dessen Auswirkungen auf die Erde besser zu verstehen und unseren Planeten davor zu schützen. Die Mission, zu der auch die NASA beiträgt, ist mit insgesamt zehn wissenschaftlichen Instrumenten ausgerüstet. Neben dem IWF sind weitere österreichische Institutionen an der Mission beteiligt: Die Universität Graz zeichnet für die wissenschaftliche Softwareentwicklung des Röntgenteleskop STIX an Bord des "Solar Orbiter" verantwortlich, für die Thermalisolation des Satelliten war die Wiener Weltraumfirma RUAG Space zuständig.
Service: https://sci.esa.int/web/solar-orbiter, https://www.oeaw.ac.at/iwf