Klima-Glossar: Wasser-Speicherkraftwerke
Bis 2030 soll der österreichische Strombedarf auf das Jahr betrachtet zur Gänze aus erneuerbaren Energiequellen gedeckt werden. Aber nicht immer scheint die Sonne und weht der Wind - deshalb müssen Stromspeicher her, die diese Schwankungen ausgleichen. In Zeiten mit viel Wind und Sonne nehmen Pumpspeicher das Überangebot an Energie auf und speichern es in Form von Wasser. Nachts und bei ungünstigen Wetterbedingungen steht dann jederzeit schnell Strom zur Verfügung.
Wasserkraft spielt in der österreichischen Stromerzeugung traditionell eine große Rolle. Schon jetzt werden ungefähr zwei Drittel des Stroms in Österreich von Wasserkraftwerken produziert. Laufkraftwerke an Flüssen nutzen die Fließbewegung des Wassers und generieren rund um die Uhr Strom, Speicherkraftwerke lagern Energie ein und liefern dann Elektrizität, wenn sie gebraucht wird.
Grundlage für jedes Speicherkraftwerk ist ein Speicherbecken, das entweder natürlich oder durch ein Absperrbauwerk, etwa eine Staumauer, entstanden ist. In gebirgigen Lagen werden solche Stauseen durch Schmelz- und Niederschlagswasser gespeist, in niedrigen Lagen werden die Becken mit Wasser aus nahe gelegenen Flüssen gefüllt. Wenn Strom benötigt wird, werden die Schleusen geöffnet und das aufgestaute Wasser schießt über Druckrohrleitungen mit mehr als 100 km/h talwärts. In einem tiefer gelegenen sogenannten Krafthaus wird so eine Turbine angetrieben, ein Generator wandelt die Drehbewegung schließlich in Elektrizität um.
Pumpspeicherkraftwerke sind mit zwei Speicherbecken ausgestattet, die unterschiedlich hoch liegen. Wasser, das aus dem oberen Becken zur Stromerzeugung abfließt, wird im unteren Becken gesammelt. An sonnigen und windreichen Tagen kann überschüssiger Strom aus Photovoltaik- und Windkraftanlagen genutzt werden, um das Wasser wieder nach oben zu pumpen. So wird die überschüssige Energie gespeichert und steht bei ungünstigen Wetterverhältnissen wieder schnell zur Verfügung. Speicherkraftwerke können so auch saisonale Schwankungen in der Stromproduktion ausgleichen und etwa Energie im schmelzwasserreichen Sommerhalbjahr einspeichern, die dann im schneereichen aber wasserarmen Winter zur Verfügung steht.
Wichtige Rolle für Netzstabilität
Auch für die Netzstabilität spielen Speicherkraftwerke eine wichtige Rolle. Da im Stromnetz keine Energie gespeichert werden kann, müssen Erzeugung und Verbrauch zu jeder Zeit ausgeglichen sein. Abweichungen vom Gleichgewicht führen zu Netzstörungen und im Extremfall auch zu Netzausfällen. Die Stromerzeugung aus Wind und Photovoltaik, die zur Zeit stark ausgebaut wird, kann, je nach Witterung, stark schwanken - so wird an manchen Tagen zu wenig, an anderen Tagen wiederum zu viel Strom produziert.
Speicher gleichen hier gemeinsam mit thermischen Kraftwerken Spitzen aus und machen das Stromnetz flexibler. Der Betrieb thermischer Kraftwerke, die etwa mit fossilem Gas befeuert werden, ist dabei allerdings verhältnismäßig teuer. Die Leistung von thermischen Kraftwerken und Speicherkraftwerk ist bei Bedarf innerhalb weniger Minuten abrufbar.
Wasserkraft hat allerdings auch Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt. Beim Einschalten eines Speicherkraftwerks fließt etwa plötzlich eine große Wassermenge und es entsteht eine Art künstliche Hochwasserwelle. Wenn die Kraftwerke wieder ausgeschaltet werden, sinkt der Wasserstand rasch wieder. Vor allem kleine Fische können diesem schnellen Wechsel des sogenannten Schwall-Sunk-Betriebs nicht folgen und daran sterben, erklärte Christoph Hauer von der Universität für Bodenkultur (Boku) im Gespräch mit der APA im Frühjahr 2023.
Staubecken halten Sedimente zurück
Auch Sedimente haben einen Einfluss auf das Leben im Wasser. Sedimente sind Schwebstoffe wie beispielsweise Gesteinspartikel. Sie lagern sich in Staubecken ab und fehlen dann flussabwärts. "Dann beginnt sich der Fluss einzugraben und das hat natürlich auch Umweltprobleme zur Folge", sagte Hauer. Durch die Eintiefung der Flüsse sinkt etwa der Grundwasserspiegel. Auch auf das Leben im Fluss haben die fehlenden Sedimente Auswirkungen, etwa weil dann Kiesbänke als Laichplätze fehlen.
In Österreich kämpfen Umweltorganisationen wie der WWF seit Jahren etwa gegen den Ausbau eines Kraftwerks im Tiroler Kaunertal durch den Landesenergieversorger Tiwag. Dort soll eine 120 Meter hohe Staumauer errichtet und ein Hochtal geflutet werden, zahlreiche Tier- und Pflanzenarten wären betroffen. Speisen soll sich der neue Stausee aus zwei Flüssen, die aus dem Ötztal unterirdisch umgeleitet werden. Laut WWF würden dadurch bedeutende Moor- und Feuchtgebiete zerstört, die von dem Hintergrund der Klimakrise wichtige Kohlenstoffsenken darstellen. Das Ötztal ist laut WWF schon jetzt eines der niederschlagärmsten Täler in Tirol, der Wasserentzug würde die Problematik weiter verschärfen. Der WWF plädiert dafür, bestehende Speicherkraftwerke auszubauen, anstatt neue zu errichten.
Die Tiwag hielt im Oktober gegenüber der APA fest, dass Pumpspeicherkraftwerke angesichts des künftig erhöhten Strombedarfs und der zunehmenden Volatilität durch Erneuerbare die Zukunft seien. Am Kraftwerksprojekt Kaunertal führe kein Weg vorbei. Das Kraftwerksprojekt hatte erst im Sommer im laufenden UVP-Verfahren einen Verbesserungsauftrag erhalten. Die Überarbeitung werde noch bis 2024 dauern, hieß es. Trotzdem zeigte sich die Tiwag optimistisch, dass der Bescheid im Jahr 2027 ergehen werde. Die Inbetriebnahme der verschiedenen Kraftwerksstufen sei für die Jahre 2032 bis 2034 geplant.