US-Kardiologen warnen vor Vernachlässigung der Nierenerkrankungen
Bei den sogenannten Zivilisationskrankheiten der "westlichen" Welt, die längst nicht nur gehäuft in diesen Staaten vorkommen, hängt offenbar alles zusammen: Herz-Kreislauf (Atherosklerose), Stoffwechsel (z.B. Diabetes) und auch Nieren- und Leberkrankungen (z.B. MASH). Der US-Herzverband AHA (American Heart Association) hat deshalb erst im vergangenen Oktober gefordert, auch besonders auf drohende chronische Nierenerkrankungen zu achten.
Bisher wurden vor allem Adipositas, Bluthochdruck, zu hohe Cholesterinwerte und Insulinresistenz, letzteres "Vorbote" eines womöglich entstehenden Typ-2-Diabetes, als Warnzeichen verstanden. Die Medizin sprach in diesem Zusammenhang vom Syndrom X, dann vom Metabolischen Syndrom. Doch das weltweit immer größere Problem von Adipositas, Diabetes, den Herz-Kreislauf-Erkrankungen, der damit oft in Verbindung stehenden chronisch fortschreitenden Fettlebererkrankung (MASH) muss offenbar in einem noch größeren Rahmen gesehen werden. Die American Heart Association (AHA) hat deshalb einen neuen Schritt gesetzt. In ihrer Fachzeitschrift "Circulation" wurde gefordert, beim Metabolischen Syndrom in Zukunft nicht auf die Nieren zu "vergessen". Man sollte besser von einem "Herz-Kreislauf-Nieren-Stoffwechsel-Syndrom" (CKM) sprechen.
"Ausgangspunkt für das neue Krankheitskonzept ist die starke Verbreitung von Risikofaktoren in der Bevölkerung, die gleichzeitig die Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Stoffwechselstörungen und/oder Nierenerkrankungen fördern. In den USA hat laut AHA jeder dritte Erwachsene mindestens drei Risikofaktoren. (...) Das CKM-Syndrom ergänzt das Konzept um die renalen Folgen (schädliche Effekte auf die Nieren; Anm.)", schrieb dazu das Deutsche Ärzteblatt. Jede längere Schädigung der Nieren wirke sich zum Beispiel auch ungünstig auf das Herz aus.
CKM betrifft fast jedes wichtige Organ
Die AHA stellte dazu fest: "Verschiedene Aspekte der Herz-Kreislauf-Erkrankungen überlappen sich mit den (chronischen; Anm.) Nierenerkrankungen. Typ-2-Diabetes und Adipositas unterstützen diesen neuen Zugang." Neu gefasst werden sollten die Algorithmen und Leitlinien für die Betroffenen. "Die Arbeitsgruppe schlägt Algorithmen vor, die sowohl ein Zehn-Jahres- als auch ein 30-Jahres-Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erlaubt", hieß es in einer Aussendung des US-Herzverbandes. Damit könnte im Verdachtsfall schon Jahrzehnte vor dem offenkundigen Ausbrechen einer Herz-Kreislauf-, Stoffwechsel- oder Nierenerkrankung gezielte Vorsorge betrieben werden. "CKM betrifft fast jedes wichtige Organ inklusive Herz, Gehirn, Nieren und Leber."
Die AHA-Experten wollen einerseits, dass auch Messwerte zur Nierenfunktion und zur Blutzuckerkontrolle in die Kalkulationen einfließen, andererseits sollen auch psychosoziale und wirtschaftliche Faktoren einbezogen werden. Die Algorithmen sollten darüber hinaus bereits im Alter von 30 Jahren angewendet werden. Man könne nicht früh genug beginnen.
"Das Screening auf Nieren- und Stoffwechselerkrankungen könnte uns helfen, mit präventiven Behandlungen früher zu beginnen. Das würde einerseits Herzkrankheiten wirksam verhindern helfen, andererseits auch das Management bereits bestehender Krankheiten verbessern", sagte Chiadi Ndumele, Direktor des Forschungsprogramms für Adipositas und Herz-Kreislauf-Stoffwechsel an der Johns Hopkins Universität in Baltimore (USA).
Gestützt wird dieses Konzept auch durch die vorhandenen Behandlungsstrategien: Sowohl bestimmte Medikamente gegen Bluthochdruck, als auch die neuen Arzneimittel zur Behandlung des Typ-2-Diabetes und zum Abnehmen sowie die Wirkstoffe zum Senken der Cholesterinkonzentration im Blut überlappen sich in ihren Effekten bezüglich der Blutgefäße, des Herzens, der Nieren und anderer Organe bzw. Organsysteme.