Musik-Algorithmen tun sich mit Hardrockern und Hiphop-Hörern schwer
Algorithmen sind bei der automatischen Liedwahl auf Musikplattformen omnipräsent. Dabei kommen Systeme Künstlicher Intelligenz (KI) zum Einsatz, die anhand menschlicher Entscheidungen trainiert werden. Ein österreichisches Forschungsteam zeigt nun im Fachmagazin "EPJ Data Science", dass solche Algorithmen sich mit der Einordnung des Musikgeschmackes von Hörern abseits des Mainstreams schwerer tun. Am wenigsten treffen sie den Geschmack von Hardrockern und Hip-Hop-Hörern.
Online-Empfehlungssysteme werden seit geraumer Zeit von allen größeren Plattformen im Film- oder Musikbereich wie Amazon, Netflix, Spotify, YouTube und anderen genutzt. Dabei wird auf Basis des bisherigen Verhaltens von Nutzern automatisiert entschieden, was ihnen als nächstes angeboten wird. Fragen darüber, welche Verzerrungen dabei zustande kommen können, wenn Algorithmen mehr oder weniger menschliche Entscheidungen übernehmen, beschäftigen die Wissenschaft seit einigen Jahren stark. Ebenso die Frage, wie gut solche Systeme die Wünsche ihrer Nutzer auch tatsächlich vorhersehen und mit ihren Vorschlägen deren Geschmack treffen.
In Sachen Mainstream hat der Musik-Algorithmus hohe Trefferquote
Dazu analysierten die Forscher der Technischen Universität (TU) Graz, von der Know-Center GmbH in Graz, den Universitäten Innsbruck und Linz sowie Kollegen aus den Niederlanden ein Datenset über die Hörgewohnheiten von 4.148 Nutzern der Musik-Streamingplattform Last.fm. Die Hälfte davon bevorzugte vor allem Mainstream-Musik, während sich die andere Hälfte eher abseits davon bewegte. Gerade letztere Gruppe bekomme von derartigen Systemen relativ selten wirklich brauchbare Vorschläge, schreiben die Forscher um Elisabeth Lex von der TU Graz in ihrer Arbeit.
Das zeigte sich auch bei der Auswertung der Ergebnisse eines von den Forschern erstellten Computermodells, das aufgrund der vielen verfügbaren Daten darauf schließt, mit welcher Wahrscheinlichkeit Liedvorschläge von vier gängigen KI-Systemen auch auf die jeweiligen Adressaten passen. Am wenigsten "lesbar" für die KI-Systeme waren dabei jene Hörer von Nicht-Mainstream-Musik, die in Richtung härteren Rock und Hip-Hop tendierten. Neben jenen Neigungsgruppen abseits des Mainstreams fand das Team auch eine Gruppe, die vor allem Musik mit akustischen Instrumenten wie Folk hörte, eine weitere Gruppe, die vor allem instrumentale Ambient-Musik hörte, sowie eine Gruppe, die schnellere Electronic-Musik ohne Gesang präferierte.
Unter den Hörern mit alternativerem Zugang zum Musikgenuss entpuppten sich die Hardrocker und Hip-Hopper insgesamt als die Gruppe, die sich genretechnisch am weitesten von ihren Stamm-Präferenzen wegbewegte. Das macht den KI-Systemen auch deren Einschätzung schwer. Im Gegensatz dazu präsentierten sich die "Ambient"-Hörer im Nicht-Mainstream-Bereich als am einfachsten mit neuen Vorschlägen zu beglückende Gruppe.
Service: https://dx.doi.org/10.1140/epjds/s13688-021-00268-9