Creutzfeldt-Jakob-Krankheit: Stimmungsveränderungen als mögliches Frühsymptom identifiziert
Als Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK) wird eine sehr seltene neurodegenerative Erkrankung des Gehirns bezeichnet, die innerhalb weniger Monate tödlich verläuft und der Wissenschaft bis heute viele Rätsel aufgibt. Bisher sind keine spezifischen Symptome bekannt, die auf einen Krankheitsausbruch hindeuten. Eine Verdachtsdiagnose kann in der Regel aufgrund einer bestimmten Kombination von Symptomen und Untersuchungsergebnissen gestellt, aber erst nach dem Tod von Betroffenen bestätigt werden. Ein Forschungsteam der MedUni Wien hat nun in einer Studie Stimmungsveränderungen als mögliches Frühzeichen identifiziert. Die aktuell im renommierten Fachjournal "JAMA Neurology" veröffentlichten Ergebnisse könnten das Verständnis und die Diagnose der CJK verbessern und neue Impulse für die Entwicklung von Therapien setzen.
Auf der Suche nach neuen Quellen zur Erforschung von Frühsymptomen der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit wurde das Forschungsteam um Raphael Wurm und Hakan Cetin (beide von der Universitätsklinik für Neurologie der MedUni Wien) im Verzeichnis der Medikamentenverschreibungen des Dachverbands der Österreichischen Sozialversicherung fündig. "Wir wollten untersuchen, welche Medikamente Menschen einnehmen, die später an CJK erkranken", umreißt Erstautor Raphael Wurm die Ausgangslage. Die Eintragungen in diesem Register haben die Forscher:innen mit den Daten von 129 Patient:innen, bei denen CJK durch eine Obduktion am Österreichischen Referenzzentrums für Prionenerkrankungen (ÖRPE) bestätigt wurde, verknüpft. Diesem an der MedUni Wien angesiedelten Zentrum werden im Auftrag des Gesundheitsministeriums alle Verdachtsfälle von CJK in Österreich gemeldet. Nach der rechtlich vorgeschriebenen Obduktion werden dort auch die entsprechenden neuropathologischen Untersuchungen durchgeführt. Über 1.300 Personen ähnlichen Alters, Geschlechts und Wohnorts ohne CJK bildeten in der Studie die Vergleichsgruppe.
Mehr Verschreibungen von Antidepressiva
Die Analyse ergab, dass CJK-Patient:innen deutlich häufiger Antidepressiva der Klasse der Selektiven Serotonin- Wiederaufnahmehemmer (SSRI) verordnet bekamen als Vergleichspersonen ohne CJK. Konkret stellte sich heraus, dass CJK-Patient:innen eine fast dreimal so hohe Wahrscheinlichkeit aufwiesen, im Jahr vor dem Krankheitsausbruch SSRI verschrieben zu bekommen wie die Kontrollgruppe. SSRI sind Medikamente, die häufig bei Depressionen und anderen Stimmungsveränderungen eingesetzt werden. "Bemerkenswert ist, dass wir dieses Signal schon drei Jahre vor Erkrankungsbeginn sehen", sagt Raphael Wurm. "Damit haben wir erstmals einen objektiven Hinweis gefunden, dass es bei Menschen mit CJK schon vor dem Beginn der Erkrankung zu Veränderungen der Stimmung oder zu einer Angststörung kommen kann, was oft auch von den Angehörigen bemerkt wird. Diese Erkenntnisse können helfen, das Zeitfenster des Krankheitsausbruchs besser zu bestimmen, die Frühsymptome dieser Krankheit besser zu verstehen und so möglicherweise neue Impulse für die Behandlung setzen", fasst Studienleiter Hakan Cetin die Relevanz der Ergebnisse zusammen.
15 bis 20 Fälle pro Jahr in Österreich
Die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit ist eine seltene, schnell fortschreitende neurodegenerative Erkrankung des Gehirns, die innerhalb weniger Monate zum Tod führt. CJK äußert sich in Störungen des Gleichgewichts, der koordinierten Bewegungsabläufe, des Gedächtnisses und Bewusstseins, in Veränderungen der Persönlichkeit und selten auch epileptischen Anfällen. Der Öffentlichkeit bekannt wurde CJK in Zusammenhang mit der Erkrankung bei Rindern als BSE ( Bovine Spongiforme Encephalopathie oder "Rinderwahn") in den 1990er Jahren, wobei die Krankheit schon in den 1920er Jahren bei Menschen beschrieben wurde. In der Studie untersucht wurde die "sporadisch" genannte, häufigste Form der CJK (85 Prozent), die plötzlich ohne genetische oder externe Auslöser auftritt und keinerlei Zusammenhang mit BSE aufweist. In Österreich werden von dieser Form 15 bis 20 Fälle pro Jahr verzeichnet. CJK ist nicht heilbar, die Diagnosemöglichkeiten haben sich in den letzten Jahren durch die Untersuchung von Nervenwasser (Liquor) und Bildgebungsverfahren des Gehirns deutlich verbessert, die sichere Diagnose kann derzeit allerdings erst nach dem Tod durch eine Untersuchung des Gehirns bestätigt werden.
Mit der Identifikation von Stimmungsveränderungen als mögliches Frühsymptom wurde ein Schritt zur besseren Diagnose gesetzt: "Es ist uns aber wichtig zu betonen, dass CJK eine sehr seltene Erkrankung ist, während Stimmungsveränderungen wie z. B. depressive Phasen sehr häufig auftreten. Sollten allerdings zusätzlich neurologische Symptome wie Probleme beim Gehen oder Vergesslichkeit dazu kommen, sollte in jedem Fall ein Arzt oder eine Ärztin aufgesucht werden", so Raphael Wurm und Hakan Cetin.
Publikation: JAMA Neurology Mood alterations in the prodromal phase of sporadic Creutzfeldt-Jakob disease Raphael Wurm, Sigrid Klotz, Astrid Erber, Felix Gruber, Stefan Leitner, Berthold Reichardt, Elisabeth Stögmann, Eva Schernhammer, Ellen Gelpi, Hakan Cetin doi:10.1001/jamaneurol.2024.4447
Rückfragehinweis: Mag. Johannes Angerer Medizinische Universität Wien Leiter Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit Telefon: 01/40160-11501 E-Mail: pr@meduniwien.ac.at Website: https://www.meduniwien.ac.at/pr Mag.a Karin Kirschbichler Medizinische Universität Wien Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit Tel.: 01/ 40 160-11505 E-Mail: pr@meduniwien.ac.at Website: https://www.meduniwien.ac.at/pr
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