Semmelweis-Institut will in "Champions League" und abgesichert sein
Mit dem neuen Ignaz Semmelweis Institut für Infektionsforschung (ISI) will sein Leiter, der Virologe Florian Krammer, künftig "in der Champions League spielen". Die Gefahr, dass die Einrichtung in der sich angesichts der FPÖ-ÖVP-Verhandlungen ändernden Polit-Lage noch vor ihrem Vollausbau unter Druck geraten könnte, sah Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) am Dienstag nicht. Es gebe ein politisches Commitment zum Institut, das sich u.a. um Pandemie-Vorsorge widmen wird.
Der in New York tätige gebürtige Steirer, Florian Krammer, hat das ISI am 1. Jänner übernommen. Insgesamt fünf Professuren an den Medizinischen Unis in Innsbruck, Graz und Wien, der Uni Linz sowie der Veterinärmedizinischen Uni (Vetmed) Wien umfasst das "interuniversitäre Institut", das nun offiziell vor Journalisten vorgestellt wurde. Noch heuer will man fünf junge Forschungsgruppenleiter rekrutieren, Drittmittel einwerben und Labors etwa mit wissenschaftlichen Analysen zu Grippe, Hantaviren und Co lancieren, skizzierte Krammer. Die Laborfläche in Wien werde zuerst eine Übergangslösung sein, bis 2027/28 soll dann ein eigener Neubau bespielt werden.
Polaschek glaubt nicht an Polit-Gegenwind für ISI
Für Polaschek soll das ISI als "umfassender Ansprechpartner fungieren" - auch für evidenzbasierte Politik im Zusammenhang mit etwaigen drohenden neuen Epi- oder Pandemien. Wie groß der Bedarf dafür unter möglichen geänderten politischen Bedingungen - die potenzielle Kanzlerpartei FPÖ tat zuletzt immer wieder ihre wissenschafts-, impf- oder WHO-kritische Haltung kund - ist, bleibt offen. Krammer erklärte, dass er sich erst kürzlich auch mit dem Chef der Weltgesundheitsorganisation WHO auch über Kooperationen mit dem neuen Institut ausgetauscht hat, das die österreichischen Kompetenzen in den Bereichen Virologie, Infektiologie, Immunologie oder Epidemiologie bündeln und möglichst international sichtbar werden soll.
"Hier werden ideale Bedingungen geschaffen", zeigte sich Polaschek überzeugt. Dass einem derartigen Institut die Entwicklung politisch erschwert werden könnte, glaubt der scheidende Minister nicht. Die Professuren seien unbefristet eingerichtet worden, die Finanzierung in den auf drei Jahre ausgelegten Leistungsvereinbarungen mit den beteiligten Unis geregelt. Auf deren Einhaltung würden die Hochschulen laut dem Minister "pochen". Der universitäre Sektor sei nun mit einem Rekord-Budget ausgestattet, das ISI ist in diesen "Wissenschaftsmilliarden" enthalten - wenngleich die Verantwortlichen keine Zahl zum Jahres-Grundbudget des neuen Instituts nannten.
Wissenschaftskommunikation als Schwerpunkt
Als "wegweisendes Projekt" bezeichnete auch die Rektorin der Medizinischen Universität Graz, Andrea Kurz, das Semmelweis-Institut - und hob auch die Wissenschaftskommunikation hervor, die einer der Schwerpunkte sein soll. Hier gehe es darum, auch das Vertrauen in der Öffentlichkeit zu stärken. Nicht umsonst wurde der erste Grundstein für das Institut am Beginn der Covid-19-Pandemie gelegt, wie Meduni-Wien-Rektor Markus Müller erklärte, in der auch die verstreute einschlägige Expertise ein Problem gewesen sei.
Um neue Pandemien zu managen, werde es auch in Zukunft während der Covid-Zeit in Teilen der Bevölkerung in Verruf geratene Maßnahmen, wie soziale Distanzierung oder Masken-Tragen brauchen, so Krammer und die Vetmed-Infektiologin Doris Wilflingseder. Man könne sich nun aber intensiv darum kümmern, auch Krankheitserreger "vorherzusehen", die etwa von Tieren auf Menschen überspringen könnten. Das Um und Auf seien aber auf die jeweilige Infektiosität von Erregern abgestimmte, nachvollziehbare Pläne zu deren Eindämmung. Die Notwendigkeiten dahinter besser zu erklären und verständlicher zu kommunizieren sei nicht umsonst ein klarer Auftrag, so Krammer, der auch sein neues Ludwig-Boltzmann-Institut (LBI) für Wissenschaftsvermittlung und Pandemievorsorge am ISI andocken wird.
Service: www.semmelweisinstitute.ac.at