PISA-Auswertung - Noch Nachholbedarf bei digitalen Kompetenzen
Die Zeit, die österreichische Jugendliche im Internet verbringen, hat in den vergangenen Jahren rasant zugenommen - von 20 Stunden pro Woche im Jahr 2012 auf 35 im Jahr 2018. Gut vier Fünftel der Zeit wird dabei außerhalb der Schule gesurft. Beim kompetenten Umgang mit Informationen im Web gibt es dabei - wie auch international - noch Nachholbedarf, vor allem bei sozial benachteiligten Schülern. Das zeigt eine am Dienstag präsentierte Sonderauswertung zur PISA-Studie.
Nur knapp 45 Prozent der 15- bis 16-jährigen österreichischen Schüler konnten bei der PISA-Studie 2018 jene Aufgabe lösen, bei der Fakten und Meinungen unterschieden werden mussten (OECD-Schnitt: 47). Schüler mit benachteiligtem sozialem Hintergrund schnitten dabei in allen OECD-Ländern schlechter ab, Österreich gehört zu den Ländern mit einem besonders großen Abstand. Dabei zeigt der internationale Vergleich: Je öfter Jugendliche in der Schule geübt haben, wie man verzerrte Informationen erkennt, umso besser schnitten sie bei dieser Aufgabe ab - und zwar unabhängig vom sozialen Hintergrund.
Gefahr durch Phishingmails
Bei der Suche im Internet schaffte es nur jeder fünfte heimische Jugendliche, die für die Aufgabe sinnvollsten Seiten auszuwählen. Bei einer Phishingmail haben immerhin zwei Drittel der österreichischen Schüler angegeben, dass es keine gute Idee wäre, ihre Daten bekannt zu geben.
Bei der Vermittlung digitaler Kompetenzen an den Schulen lag Österreich im OECD-Schnitt: Acht von zehn Schülern wurde im Unterricht beigebracht, welche Konsequenzen es hat, wenn man Informationen auf sozialen Plattformen wie Facebook oder Instagram teilt. Bei zwei Drittel war Thema, wie man die Glaubwürdigkeit von Informationen im Internet bewertet. Jeweils mehr als die Hälfte der Schüler haben außerdem im Unterricht gelernt, wie man entscheidet, welche Internetseiten gute Quellen für Schulaufgaben sind und wie man erkennt, dass eine Information Meinung oder eine verzerrte Darstellung enthält. Allerdings wurde Schülern mit ungünstigem sozioökonomischem Hintergrund deutlich seltener beigebracht, wie man verzerrte Informationen im Internet erkennt. (Unterschied von 13 Prozentpunkten, OECD-Schnitt: 8)
Zusätzliche Herausforderungen an Lesekompetenzen
OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher betonte in einer Aussendung die zusätzlichen Herausforderungen an Lesekompetenzen in einer digitalen Welt: Im 20. Jahrhundert sei es beim Lesen im Wesentlichen um das Verstehen linearer Printtexte gegangen. Schüler hätten bei Fragen im Lexikon nachschlagen und darauf vertrauen können, dass die Antwort stimmt. "Im 21. Jahrhundert finden wir bei Google tausende konkurrierender Antworten, und niemand sagt uns was richtig oder falsch ist. Lesekompetenz ist nicht mehr die Extraktion von Wissen, sondern die Konstruktion von Wissen. Die Schulen müssen hier noch nachziehen."
Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) verwies in einer Stellungnahme gegenüber der APA darauf, dass mit dem Digitalen Acht-Punkte-Plan des Ministeriums die OECD-Empfehlungen bereits umgesetzt würden. In diesem sei neben der Ausstattung aller Schüler der 5. und 6. Schulstufen mit günstigen (bzw. im Fall sozioökonomisch benachteiligte Familien kostenlosen) Tablets oder Laptops auch ein begleitendes pädagogisches Konzept der Schulen vorgesehen.
Zumindest vor Corona kamen digitale Geräte beim Lernen insgesamt eher selten zum Einsatz: 42 Prozent der Schüler gaben an, dass dafür weder im Klassenzimmer noch daheim im vergangenen Monat digitalen Geräte genutzt wurden (OECD-Schnitt: 27 Prozent). Das muss allerdings gar nichts Schlechtes sein, betont die OECD doch, dass in der Hälfte der untersuchten Volkswirtschaften eine höhere Nutzungsdauer digitaler Geräte mit einer schlechteren Leseleistung einhergeht (für Österreich sind hier keine Daten ausgewiesen).
Deutliche Unterschiede bei technischer Ausstattung
Die technische Ausstattung für digitales Lernen hatten übrigens bereits 2018 die allermeisten Schüler: Selbst in ländlichen Gebieten gaben über 95 Prozent der Schüler an, dass sie sowohl einen Internetzugang als auch einen Computer haben, den sie für die Schulaufgaben nutzen können. Allerdings gab es deutliche Unterschiede je nach sozialem Hintergrund: Unter Jugendlichen, die eine Schule mit vielen sozial benachteiligten Schülern besuchten, hatten 87 Prozent Zugang daheim zu Internet und Rechner. An den anderen Schulen waren es 97.