Nur echte Energie- und Mobilitätsalternative weist Weg aus Klimakrise
Wenn es noch keinen anderen Weg als das Auto gibt, um von Ebreichsdorf (NÖ) nach Wien zu kommen, sei es widersinnig, den Treibstoffpreis schon vor der Etablierung eines alternativen, effizienten Transportsystems zu erhöhen. Das erklärte der Energiewissenschafter Keywan Riahi am Dienstagnachmittag bei einem Symposium an der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Wien. Dort gab die ÖAW-Arbeitsgruppe "Energy Transition" (WGET) erste Einblick in ihren kommenden Bericht.
Die Reihenfolge der politischen Maßnahmen seien eine der größten Hürden auf dem Weg zur nachhaltigen Gesellschaft, meint der am Internationalen Institut für angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien tätige Forscher. Klar sei, dass es eine rapide Veränderung auf der Nachfrage-Seite von Dienstleistungen braucht, um Nullemissionen zu erreichen und den Klimawandel zu stoppen.
Dafür müsse einerseits ein Umdenken stattfinden - zum Beispiel vom Besitz eines Autos weg, und hin zum Besitz eines möglichst rund um die Uhr verfügbaren Mobilitäts-"Services" mit wenig Energieverbrauch, so Riahi, der zu den einflussreichsten Forscher in dem Feld zählt. Andererseits müssten solche alternativen Systeme auch tatsächlich technisch und politisch realisiert werden. Laut dem Forscher ist die sinkende Zahl junger Führerscheinbesitzer in urbanen Räumen Beleg für einen Wertewandel, der an die Verfügbarkeit von effizienten Alternativen gekoppelt ist.
Zudem ist die Reduktion von Treibhausgasen aufseiten der Gewinnung, Verteilung und Speicherung von Energie zentral, erläuterte Riahi weiter. Gerade wenn man neue Systeme auf kleinen Skalen implementiert, können durch unzählige Wiederholungen des gleichen Vorgangs massive Verbesserungen erreicht werden. So sei Photovoltaik durch die schrittweise Einführung in den vergangenen Jahren so effizient geworden, dass sie nun in einigen Teilen der Welt kostengünstiger als fossile Energieträger ist.
Gemeinsames Handeln in einer globalisierten Welt
Dass in einer globalisierten Welt gemeinsam gehandelt werden muss, um im Rahmen der Klimakrise zu bestehen, zeigte Georg Brasseur vom Institut für Elektrische Messung und Sensoring der Technischen Universität (TU) Graz in seinem Vortrag auf. Sonst wäre Europa zwar führend bei erneuerbaren Energien, würde aber gleichzeitig seine industrielle Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Die CO2-Emissionssenkung während Covid-Pandemie hätte gezeigt, dass Veränderungen spürbar werden können, wenn sie auf der ganzen Welt stattfinden, so Brasseur.
Der finale Bericht der Arbeitsgruppe, der Riahi und Brasseur angehören, wird noch im März Forschern, Politikern und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. "Was wir deutlich machen wollen ist, dass es zwei Aspekte gibt: Erstens, erneuerbare Energien mit neuen Technologien kostengünstig darzustellen. Der zweite Aspekt ist, dass eine Energiewende auch bedeutet mit weniger Energie auskommen zu müssen", erklärte der Co-Vorsitzende der Arbeitsgruppe Wilfried Winiwarter gegenüber der APA. So gäbe es zum Beispiel im Bereich der Raumwärme durch Isolationsmaßnahmen und alternative Heizsysteme wie Wärmepumpen und Geothermie schon wesentlich energieeffizientere Methoden. Genauso sei Massentransport aufgrund des geringeren Energieaufwands dem Elektroauto eindeutig vorzuziehen, meinte Winiwarter.
Die Forschung zum Thema "Energiewende" laufe angesichts der geopolitischen Lage jedenfalls auf Hochtouren: "Die (Deutsche Akademie der Naturforscher, Anm.) Leopoldina arbeitet auch gerade an dem Thema und bringt einen Bericht heraus", sagte WGET-Co-Vorsitzender Viktor Bruckman zur APA. Für die Arbeitsgruppe stellen Symposium sowie der Bericht ihre finalen Aktivitäten dar. Die WGET wurde als gemeinsame Arbeitsgruppe zwischen den Kommissionen für Klima und Luftqualität (KKL) und interdisziplinären ökologischen Studien (KIÖS) der ÖAW installiert.
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