Studie deutet auf negative Langzeitfolgen für Scheidungskinder hin
Dass Scheidungen unter bestimmten Umständen negative Auswirkungen auf den Lebensweg der Kinder haben können, zeigten Forscher von Wirtschaftsuniversität (WU) Wien und der Universität Linz in einer kürzlich im "Journal of Public Economics" veröffentlichten Studie. Um einen kausalen Zusammenhang herzustellen, wurden dabei solche Trennungen untersucht, die durch das Kennenlernen einer neuen Partnerin am Arbeitsplatz des Vaters ausgelöst wurden.
Dafür haben die Ökonomen anhand von Sozialversicherungsdaten die Entwicklung von Kindern in Österreich analysiert, die zwischen 1976 und 1987 geboren wurden und deren Eltern sich vor ihrem 18. Lebensjahr scheiden ließen - von den insgesamt 355.100 in diesem Zeitraum geborenen Kindern erlebten 13,5 Prozent eine Scheidung mit. Mehrere vorangegangene Studien konnten außerdem zeigen, dass die Scheidungswahrscheinlichkeit steigt, wenn Menschen mit einem höheren Anteil an Personen des anderen Geschlechts zusammenarbeiten.
Ausgeglichenes Geschlechterverhältnis am Arbeitsplatz im Fokus
Diese Gegebenheit wurde im Rahmen der Untersuchung statistisches "Mittel zum Zweck": Um einen Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung zu identifizieren, hat sich das Forscherteam auf jene Kinder aus der Gesamtstichprobe fokussiert, deren Väter zur Zeit der Geburt an einem Arbeitsplatz mit ausgeglichenem Geschlechterverhältnis sowie mit Frauen in der gleichen Alters- und Berufsklasse tätig waren - und die in den darauffolgenden Jahren ihre Familie verließen. "Denn dieser Umstand ist unabhängig davon, wie die Familie sonst aufgestellt ist", sagte Halla im APA-Gespräch.
Die Interpretation der Ergebnisse beziehe sich auch nur auf diese spezielle Gruppe, stellte der Ökonom klar. Für alle betroffenen Kinder reduzierte sich die Wahrscheinlichkeit, eine Universität zu besuchen, laut der Analyse um neun bis zehn Prozentpunkte. Für Buben zeigten sich zudem schlechtere Arbeitsmarktergebnisse und eine höhere Wahrscheinlichkeit, vor Erreichen des 25. Lebensjahres zu sterben. Bei Mädchen erhöhte sich die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft in jungen Jahren.
Wichtig: Stabiles und liebevolles Umfeld
"Diese Ergebnisse zeigen, dass das Kindeswohl im Fall einer Scheidung nicht nur eine leere Phrase sein darf, denn die Folgen sind für sie ein ganzes Leben lang spürbar", so Halla. Außerdem gab er zu Bedenken, dass es seit dem Aufwachsen der Kinder aus dem Studiensample soziale und politische Veränderungen gegeben habe, die die Lebensrealität von Kindern geschiedener Eltern positiv beeinflussen könnten, wie etwa die Einführung der gemeinsamen Obsorge im Jahr 2001. Im Rahmen von Sozialprogrammen, die exklusiv auf die Entwicklung von Kindern aus zerrütteten Familien abzielen, könne die Politik in diesem Bereich trotzdem nachbessern. "Am Ende geht es wohl weniger um die Frage, ob man sich nun scheiden lässt oder nicht, sondern vor allem darum, ob Kinder ein stabiles und liebevolles Umfeld mit den entsprechenden Bezugspersonen vorfinden - wie auch immer das aussehen mag", sagte der Forscher.
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