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Kooperation / EU-Magazin Horizon / 17.07.2024, 13:50

Neue KI- und Satellitentechnologien können erneuerbare Energien zuverlässiger machen

Von der EU geförderte Forscher nutzen KI- und Satellitentechnologien, um die Infrastruktur für erneuerbare Energien auf dem Kontinent zuverlässiger zu machen.

APA/ROLAND SCHLAGER

Im Mai diesen Jahres mussten in Griechenland Solarmodule und Windturbinen für kurze Zeit abgeschaltet werden, weil das nationale Stromnetz die produzierte Energiemenge nicht aufnehmen konnte.  Für die Elektroingenieurin Effie Makri zeigte dies eines der Hauptprobleme bei der Umstellung auf erneuerbare Energiequellen auf. „Mit der weiteren Verbreitung erneuerbarer Energiequellen wird das Abschalten von erneuerbaren Energieinfrastrukturen immer häufiger vorkommen“, sagte Makri.  Europa arbeitet an einer massiven Ausweitung der Nutzung erneuerbarer Energien mit dem Ziel, dass bis 2030 45 % der Energie aus erneuerbaren Quellen stammen, gemäß dem REPowerEU-Plan der EU. Ein Problem bei erneuerbaren Energien ist jedoch, dass sie unstetig sind. Es gibt Zeiten, in denen die Sonne nicht scheint oder der Wind nicht weht. Oder, wie in Griechenland geschehen, gibt es auch Zeiten, in denen die erzeugte Energiemenge die Energieinfrastruktur übersteigt, was zu einer Überlastung des Systems führt.

Vorhersage von Energieproduktion und -nachfrage

Makri leitet ein Forschungsprojekt namens RESPONDENT, das von der EU finanziert wird, um die kombinierte Kraft von KI, maschinellem Lernen und Erdbeobachtungsdaten (EO) von europäischen Satelliten zu nutzen, um die Vorhersage und Verwaltung von Energieangebot und -nachfrage zu verbessern. Das Projekt, das im Auftrag der Europäischen Kommission von der EU-Agentur für das Weltraumprogramm (EUSPA) verwaltet wird, begann im Jahr 2022 und läuft bis April 2025. Wenn man in der Lage ist, im Voraus vorherzusagen, wie viel Energie produziert und verbraucht wird, könnte man Systemabschaltungen wie die in Griechenland in Zukunft verhindern.

Das Forscherteam von Makri bei der griechischen Firma Future Intelligence in Athen hat sich mit Energie- und Kommunikationsspezialisten in Griechenland, Irland und Spanien zusammengeschlossen. Sie erforschen Möglichkeiten zur Nutzung von Spitzentechnologien, um die Herausforderung einer sicheren und nachhaltigen Energieversorgung Europas zu bewältigen. Der Ansatz, den das RESPONDENT-Team entwickelt, greift auf Daten aus dem Copernicus-Programm, der EO-Komponente des EU-Raumfahrtprogramms und Galileo-Diensten zurück. Makri zufolge könnte dies dazu beitragen, Europa energieunabhängiger zu machen, da die Modelle europäische Satelliten nutzen würden.

EO bringt Mehrwert

Die laufenden Arbeiten werden durch die EUSPA finanziert, die die Nutzung europäischer Weltraum-Erdbeobachtungsdaten (EO) in praktischen Mehrwertdiensten wie dem von RESPONDENT vorgeschlagenen fördert. Es handelt sich um einen schnell wachsenden Markt, der von 3,4 Milliarden Euro im Jahr 2023 auf fast 6 Milliarden Euro im Jahr 2033 anwachsen soll. Durch die Kombination dieser Daten mit neuen KI- und maschinellen Lernfähigkeiten können sie ein Modell entwickeln, das eine Vielzahl von Faktoren berücksichtigt, die das Energieangebot beeinflussen. Dazu gehören die sich ändernden Wetterbedingungen und verschiedene Nutzerprofile, die auf drei unterschiedliche Arten von Nutzern basieren: Wohn-, Industrie- und Gewerbenutzer.

„Jede dieser Nutzertypen hat eigene Verbrauchsmuster“, erklärt Makri. Diese Informationen können genutzt werden, um Strom besser im Netz zu verteilen. An einem kalten Tag könnte es beispielsweise besser sein, mehr Strom zu Haushalten zu leiten, die einen höheren Heizbedarf haben. Wichtig ist jedoch das Verhältnis zwischen der verteilten Energie und der produzierten Leistung – eine effiziente Verteilung könnte an einem sonnigen oder bewölkten Tag unterschiedlich aussehen. Pilotvorführungen der vorgeschlagenen Lösungen sollen später in diesem Jahr und 2025 in einem Solarpark in Athen (Griechenland) und bei einem Verteilnetzbetreiber in Groß-Barcelona (Spanien) stattfinden.

Extremwettervorhersage

Während ihrer Forschung stellte Makri mit ihrem Team fest, dass auch extreme Wetterereignisse die Ergebnisse ihrer Berechnungen beeinflussen können. Obwohl dies zunächst nicht geplant war, beschlossen sie, diesen Faktor in ihr Modell zu integrieren. Dabei schließen sie sich den Bedenken von Francesco Parisio, einem Softwareingenieur aus Italien, an. Er leitete ein zweijähriges, von der EU finanziertes Forschungsprojekt bei der in Berlin ansässigen Start-up-Firma LiveEO, die sich auf die Nutzung von Erdbeobachtungsdaten spezialisiert hat, um handlungsrelevante Erkenntnisse für Unternehmen, politische Entscheidungsträger und Betreiber wichtiger Infrastrukturen wie Energieversorger bereitzustellen.

„Extreme Wetterereignisse werden häufiger und intensiver, und mittel- und langfristige Prognosen deuten darauf hin, dass sich dieser Trend noch verstärken wird“, fügt er hinzu. „Das bedeutet eine große Belastung für unsere kritischen Infrastrukturen.“ Im Jahr 2022 erhielt LiveEO als eines von 74 Unternehmen einen Zuschuss des Europäischen Innovationsrates (European Innovation Council Accelerator) für die Entwicklung eines Echtzeit-Überwachungsdienstes für Infrastrukturnetze unter Verwendung einer Kombination aus Satellitendaten, KI und Algorithmen für maschinelles Lernen. Ihr Forschungsprojekt mit dem Namen EOinTime wurde im März dieses Jahres erfolgreich abgeschlossen. Das Ergebnis ist ein fortschrittlicher Überwachungsdienst, der in der Lage ist, Infrastrukturschäden nach einem Sturm schnell zu bewerten und sogar Bereiche mit potenziellen künftigen Schwachstellen vorherzusagen.

Der Blick durch die Wolken

Der Dienst nutzt eine spezielle Art von Satellitendaten, das so genannte Synthetic Aperture Radar (SAR), das in der Lage ist, detaillierte Oberflächeninformationen wie Struktur und Feuchtigkeit zu erfassen. Einer der Hauptvorteile von SAR-Bildern besteht darin, dass sie im Gegensatz zur optischen Technologie durch die Dunkelheit, die Wolken und den Regen hindurch „sehen“ und so Veränderungen erkennen können, die andernfalls schwer zu erkennen wären. Normalerweise müsste ein Mensch die Integrität der Energieinfrastruktur manuell bewerten, entweder zu Fuß oder aus der Luft mit einem Hubschrauber oder Flugzeug. Satelliten können laut Parisio bessere Ergebnisse liefern.

„Wir konnten Schäden entdecken, die ein Hubschrauber nicht erkennen konnte“, sagt er. Neben der schnellen Analyse von Sturmschäden können sie auch untersuchen, wie Vegetation die Infrastruktur beeinflussen könnte, z. B. bei der Erkennung von Baumproblemen, die in Zukunft die Stromleitungen gefährden könnten. Zur Validierung ihrer Modelle schickten sie Experten, um von dem System als problematisch identifizierte Bäume zu bewerten, und stellten fest, dass ihre Vorhersagen korrekt waren. Das System kann auch einen großen Bereich abdecken: Für den deutschen multinationalen Energiekonzern E.ON überwacht EOinTime bereits über 100.000 km Infrastruktur in allen europäischen Ländern auf Vegetationsrisiken.

Durch die Durchführung von Pilotprojekten auf den meisten Kontinenten, unter anderem in Ländern wie Deutschland, Australien, den USA und Indonesien, konnte LiveEO die Reaktionszeit für die Erkennung eines Problems und die Benachrichtigung ihrer Kunden von Tagen auf Stunden verkürzen. Die nächsten Schritte bestehen darin, diese Zeitspanne noch weiter zu verkürzen und dabei mit großen Industriepartnern wie der Deutschen Bahn und E.ON zusammenzuarbeiten. „Jede Ausfallzeit ist teuer, gefährlich und hat große Auswirkungen auf die Gesellschaft“, erklärt Parisio. „Bei einem Stromausfall zählt jede Minute.“

Artikel von Jack McGovan

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APA-Science Content-Kooperation mit Horizon

Die Forschung in diesem Artikel wurde durch das Horizon-Programm der EU finanziert und im Fall von EOinTime auch durch den Europäischen Innovationsrat (EIC). Die Ansichten der Befragten spiegeln nicht unbedingt die der Europäischen Kommission wider. Dieser Artikel wurde ursprünglich in Horizon, dem EU-Magazin für Forschung und Innovation, veröffentlicht.