Vertrauen die Europäer der Wissenschaft? Neue Umfrage deutet auf ein: „Ja, aber“
Die neueste Meinungsumfrage der Europäischen Kommission über die Einstellungen gegenüber Wissenschaft und Technologie weist auf die Notwendigkeit hin, Forschung noch offener und relevanter für die Bedürfnisse der Gesellschaft zu gestalten.

Eine große Mehrheit der Europäer glaubt an die Vorteile der Wissenschaft, wie die jüngste Eurobarometer-Umfrage über „Wissen und Einstellungen der europäischen Bürger gegenüber Wissenschaft und Technologie“ zeigt. Sie fordern eine gerechtere Verteilung dieser Vorteile und sind gegenüber möglichen negativen Auswirkungen der Wissenschaft skeptisch.
In der am 3. Februar veröffentlichten Umfrage, die in den 27 EU-Mitgliedstaaten, den Westbalkanländern, der Türkei und dem Vereinigten Königreich durchgeführt wurde, gaben mehr als 8 von 10 Bürgern (83 %) an, dass sie den Einfluss von Wissenschaft und Technologie insgesamt als positiv einschätzen. Zwei Drittel (67 %) gaben an, dass Wissenschaft und Technologie das Leben der Menschen verbessern und es einfacher, gesünder und angenehmer machen. „Die insgesamt positive Einstellung gegenüber Wissenschaft und Technologie ist ermutigend, da sie für das Erreichen unserer Wettbewerbsziele unerlässlich ist“, sagt Ekaterina Zaharieva, EU-Kommissarin für Start-ups, Forschung und Innovation.
„Gleichzeitig müssen wir den Erwartungen der Bürger nach einer gerechteren Verteilung der Vorteile von Wissenschaft und Technologie gerecht werden. Ebenso sollten wir Offenheit, Transparenz und Integrität weiter fördern und zugleich die Beteiligung der Bürger sowie anderer Interessengruppen in Forschung und Innovation erhöhen“, fügt sie hinzu. Fast zwei Drittel der Umfrageteilnehmer erkannten zwar an, dass Wissenschaft und Technologie zur Verbesserung der Umwelt und zur Bekämpfung des Klimawandels beitragen können, waren aber der Meinung, dass sie „hauptsächlich den Unternehmen helfen, Geld zu verdienen“.
Die EU hat durch ihre Förderprogramme eine Vielzahl von Forschungsbereichen unterstützt und dabei mit Forschungs- und Technologieorganisationen, Organisationen der Zivilgesellschaft, Privatunternehmen und anderen Akteuren zusammengearbeitet. Dabei konzentriert sie sich auf strategische Bereiche, die den Forschungs- und Innovationsakteuren helfen können, wettbewerbsfähiger und nachhaltiger zu werden, indem sie Spitzenforschung vorantreiben, die der Wirtschaft und den Bürgern zugute kommt. Zudem finanziert sie wichtige Forschungsprojekte, die möglicherweise nicht rentabel sind und daher von Unternehmen nicht als vorrangig eingestuft werden, wie es beispielsweise im Gesundheitsbereich gelegentlich der Fall ist. Ebenso unterstützt sie Forschungsinitiativen, die die internationale Zusammenarbeit fördern und dazu beitragen, Ungleichheiten zwischen den EU-Mitgliedstaaten zu verringern.
Technologie muss allen zugute kommen
Mehrere Umfrageergebnisse zeigten, dass die Bürger Wissenschaft bevorzugen, die möglichst viele Menschen einbezieht, ihnen zugute kommt und sie aktiv in die Forschung einbindet. Auf die Frage, wie wichtig die Gleichstellung der Geschlechter in Wissenschaft und Technologie ist, äußerten 69 % der Befragten die Überzeugung, dass dies zu einer gerechteren und gleichberechtigteren Gesellschaft beitragen würde. Zudem sagten 63 %, dass sie die Ergebnisse der Forschung verbessern würde. Die Mehrheit der Befragten betonte auch die erwarteten positiven Auswirkungen der Wissenschaft auf junge Menschen: 68 % sagten, dass Wissenschaft mehr Chancen für zukünftige Generationen schaffen werde, während 61 % meinten, dass sie junge Menschen darauf vorbereite, als gut informierte Bürger zu handeln.
Immerhin 77 % der Befragten sind der Meinung, dass die Forschung bei ihrer Arbeit die Bedürfnisse aller Bevölkerungsgruppen berücksichtigen sollte, während 72 % der Meinung sind, dass ihre Regierung die Verantwortung dafür übernehmen sollte, dass neue Technologien allen zugute kommen. In ähnlicher Weise sagten 63 %, dass „die Einbeziehung von Nicht-Wissenschaftlern in die Forschung und technologische Entwicklung gewährleistet, dass Wissenschaft und Technologie den Bedürfnissen, Werten und Erwartungen der Gesellschaft entsprechen“.
Das Rahmenprogramm „Horizon Europa“ stellt Mittel für Bürgerwissenschaftsprojekte sowie für einschlägige politische Unterstützungsmaßnahmen bereit (beispielsweise für die Initiative European Citizen Science oder laufende europaweite Bemühungen zur Erfassung der biologischen Vielfalt). Ebenso ist die überwiegende Mehrheit der Befragten (80 %) der Meinung, dass die Ergebnisse öffentlich finanzierter Forschung kostenlos online zur Verfügung gestellt werden sollten. Dies steht im Einklang mit dem Konzept der Offenen Wissenschaft (Open Science), für das sich die EU einsetzt und das auf eine frühzeitige und offene Weitergabe von Wissen und einen offenen Zugang zu wissenschaftlichen Veröffentlichungen und Forschungsdaten für die gesamte öffentlich finanzierte Forschung drängt.
Im Rahmen von Horizon 2020 stieg der Anteil der im Open Access veröffentlichten wissenschaftlichen Arbeiten von 65 % im Jahr 2014 auf 86 % im Jahr 2019, wie aus einem offiziellen Evaluierungsbericht von 2023 hervorgeht. Im Rahmen von Horizon Europa sind die Begünstigten verpflichtet, sofort offenen Zugang zu ihren wissenschaftlichen Publikationen zu gewähren.
KI ebenfalls im Fokus
Was den schnell wachsenden Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) betrifft, so glaubt die Hälfte der Befragten (50 %), dass KI wissenschaftliche Entdeckungen im Zusammenhang mit großen Herausforderungen wie Klimawandel und Krankheiten voranbringen kann. Lediglich 38 % der Befragten vertrauen wissenschaftlichen Forschungsergebnissen und Entdeckungen, die mithilfe von KI erzielt wurden, während ein Viertel (25 %) dieser Art von Forschung misstraut. Rund 58 % äußerten sich auch besorgt über das Potenzial wissenschaftlicher Anwendungen, die Menschenrechte zu gefährden.
Die Europäische Kommission hat die wachsende Rolle der KI in der Forschung anerkannt, aber hervorgehoben, dass mit Bedacht gehandelt werden muss, um die Grundrechte zu wahren. Eurobarometer führt im Auftrag der EU-Institutionen europaweit Meinungsumfragen durch, um die öffentliche Meinung zu bestimmten Themen zu beobachten. Diese jüngste Ausgabe setzt eine lange Reihe von Umfragen zu diesem Thema fort, die seit Jahrzehnten durchgeführt werden, zuletzt 2021, 2013, 2010 und 2005.
Von Horizon Staff
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Dieser Artikel wurde ursprünglich in Horizon, dem EU-Magazin für Forschung und Innovation, veröffentlicht.