Magnesium soll Lithium in Batterien ersetzen
Magnesium ist eines der häufigsten Elemente der Erdkruste und wird in Österreich in der Steiermark, Tirol und Kärnten gewonnen. Wegen seiner günstigen elektrochemischen Eigenschaften und Umweltverträglichkeit wollen es zwei österreichische Forscherinnen für Batterie-Elektroden einsetzen. Mit quantenmechanischen Berechnungen durch Künstliche Intelligenz und Laborexperimenten loten sie geeignete Verfahren aus, um einen Prototypen als "Machbarkeitsbeweis" zu fabrizieren.
"Wir simulieren zunächst die Bewegungen und Positionierungen aller Atome des Materials", erklärt Bingqing Cheng vom Institute of Science and Technology Austria (ISTA) in Klosterneuburg im Gespräch mit der APA. "Mit Experimenten sind viele Materialeigenschaften und die Leistung der Batterie messbar, aber man kann nicht zusehen, wie die Reaktionen im Inneren tatsächlich ablaufen." Für "Beobachtungen mit atomarer Auflösung" bräuchte es Computersimulationen und Modelle.
Schrödingergleichung rasch unlösbar
Mit den traditionellen quantenmechanischen Modellen würde man bei solchen praktischen Aufgaben rasch an Grenzen stoßen. "Durch Lösen der Schrödingergleichung kann man zwar die Eigenschaften jedes Materials vorhersagen, einschließlich neuartiger Verbindungen, die noch nicht synthetisiert werden konnten", erklärt sie: "Allerdings gibt es einen Haken: Mit zunehmender Zahl von Elektronen und Atomkernen wird die Gleichung selbst für die schnellsten Supercomputer rasch unlösbar." Alles was über ein paar hundert Atomkerne oder eine Milliardstel Sekunde (Nanosekunde) hinausgeht, ist deshalb noch nicht berechenbar.
Beim Batterieforschungsprojekt "MAGNIFICO", das Cheng gemeinsam mit Martina Romio vom Austrian Institute of Technology (AIT) in Wien leitet, sollen die quantenmechanischen Interaktionen der einzelnen Atome deshalb durch Maschinelles Lernen aufgeklärt werden. "Das ist viel günstiger, als die Schrödingergleichung zu lösen, und man kann deshalb die Aktivitäten von viel mehr Atomen über viel längere Zeiträume simulieren", sagt sie. Dies sei das erste Mal, dass Maschinelles Lernen bei Magnesium-basiertem Batteriematerial verwendet werde.
Neuartige "Eintopf-Synthesemethode"
Parallel dazu testet Romio Magnesium als neues Material für Batterie-Anoden (jene Elektrode, die Elektronen aufnehmen kann) in Laborexperimenten. Bei Magnesium-Elektroden müsse man zunächst eine Oxidschicht entfernen, mit der dieses Material normalerweise bedeckt ist, und es mit einer schützenden Schicht aus einer leitfähigen Magnesium-Legierung umhüllen. "Dies werden wir mithilfe einer neuartigen 'Eintopf-Synthesemethode' und umweltfreundlichen organischen Säurelösungen bewerkstelligen", erklärt Romio. Anschließend wird sie mit ihren Kollegen die Eigenschaften dieser "intermetallischen Zwischenphase" ausführlich charakterisieren, und zwar zum Beispiel mit Elektronenmikroskopen, Spektrometern, über Röntgen-Beugungsmuster und elektrochemische Analysen.
"Unser Ziel ist es, die bestmögliche Oberfläche für eine Magnesium-basierte Anode zu synthetisieren", sagt die Forscherin. Solch eine Anode wolle man anschließend mit einer verfügbaren Mangan-basierten Kathode zusammenschließen, und damit einen Machbarkeitsbeweis für eine Magnesium-Batterie liefern.
Gegenüber Lithium, das derzeit in den gebräuchlichen Anoden verbaut würde, böte Magnesium mehrere Vorteile, erläutert Romio: Magnesium hat als Elektrodenmaterial eine höhere Kapazität pro Volumen als Lithium, das heißt die Größe der Batterien könnte durch seine Verwendung schrumpfen. Das Material ist umweltverträglicher und viel besser verfügbar: Magnesium ist das achthäufigste Element der Erdkruste und Österreich ist der siebentgrößte Produzent von Magnesit. Dies ist ein industriell wichtiges Magnesium-Erz und wird in der Steiermark, Kärnten sowie Tirol obertägig und untertägig gewonnen. "Wenn das Projekt gute Resultate liefert, ist dies also prinzipiell positiv für die österreichische Wirtschaft", meint die Forscherin. Einsetzen könnte man Magnesium-Ionen Batterien beispielsweise als lokale Energiespeicher oder in "intelligenten Energienetzen" (Smart Grids).
(Diese Meldung ist Teil einer Medienkooperation mit dem Institute of Science and Technology Austria)
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