Klima-Glossar - Klimafinanzierung
Die Klimafinanzierung steht im Mittelpunkt der diesjährigen UNO-Weltklimakonferenz in Aserbaidschan. Im Rahmen der UNO-Klimagipfel wird darunter die "finanzielle Unterstützung von Vertragsparteien mit mehr finanziellen Ressourcen für diejenigen, die weniger ausgestattet und anfälliger sind" verstanden, wie es die UNFCCC lapidar definiert. Doch alleine in der Frage, wer jetzt zu den Unterstützern zählen soll und wer diese Unterstützung braucht, liegt bereits Konfliktpotenzial.
Im Grunde fußt die Definition der Geberländer auf historischen Bestandsaufnahmen, die im Rahmen der UNO-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) festgelegt worden ist. Diese ist 1992 in Rio de Janeiro auf der UNO-Konferenz über Umwelt und Entwicklung beschlossen worden: Hier wurde in Annex-1 und Nicht-Annex-1 unterteilt, wobei Annex-1-Staaten synonym für die Industrieländer stehen. Schon vor der COP29 in Baku, wo das neue globale Klimafinanzierungsziel (NCQG, "new collective quantified goal") für die Zeit nach 2025 beschlossen werden sollte, wurden vonseiten dieser Industrieländer Stimmen laut, den Kreis der Geberländer zu erweitern. Das neue Klimafinanzierungsziel als Nachfolge der 2015 im Pariser Klimaabkommen bestätigten und bis 2025 verlängerten Klimahilfen, die sich auf 100 Milliarden Dollar jährlich belaufen sollen, hat diese Diskussion noch einmal angeheizt.
Erweiterung der Geberländer gefordert
Aus der EU kam anlässlich der neuen Klimafinanzierung etwa die Forderung, dass nicht nur die historisch industrialisierten Länder für diese aufkommen sollten, sondern dass auch China und Golfstaaten ihren Beitrag für die mindestens 1.300 Milliarden US-Dollar pro Jahr leisten sollten. Die Summe wird von den Entwicklungsländern gefordert. Nun stellt sich China beispielsweise aber nicht auf den Standpunkt, Geld erhalten zu wollen, sondern legte in Baku seinen eigenen Beitrag zur Klimafinanzierung in der Höhe von 24,5 Milliarden US-Dollar seit 2016 für Klimaschutz- und Klimaanpassungsprojekte im Ausland vor. Das Schwellenland sträubt sich aber davor, seinen UNO-Status als Nicht-Industrieland freiwillig aufzugeben.
Kritik an der angestrebten Erweiterung der Geber kam jedoch nicht nur von den so angesprochenen Staaten, sondern etwa auch von der österreichischen Bischofskonferenz. Diese lehnte es ab, im Rahmen der Klimafinanzierung zu versuchen, bei den etablierten Ländergruppen im UNO-System neue Kategorien einzuführen - das sei eine Debatte, die nicht in zwei Wochen COP zu lösen sei.
Was soll zur Klimafinanzierung zählen?
Neben der Frage, wer nun zahlen soll und wer nicht, gibt es ein weiteres Problem: Es ist auch nicht klar definiert, welche Mittel denn genau zur Klimafinanzierung zählen sollen. Zwar heißt es etwa vonseiten des UNO-Umweltprogramms (UNEP), "unter Klimafinanzierung versteht man alle Finanzströme, die sich mit den Ursachen und Folgen des Klimawandels befassen". Jedoch gibt es berechtigte Kritik daran, dass die Geberstaaten auch "Darlehen zu Marktkonditionen oder von Geldern, die über Expertenkreditagenturen bereitgestellt werden" dazu zählen.
"Insbesondere da letztere mit dem alleinigen Ziel gewährt werden, Güter und Dienstleistungen von dem Land zu beziehen, das die Unterstützung bereitstellt", wie etwa die deutsche Heinrich-Böll-Stiftung in einer Analyse vor der COP29 kritisierte. Ein Fortschritt bei der Definition der Klimafinanzierung könnte daher in einer Art Ausschlussliste bestehen, die derartige Finanzierungen nicht mehr beinhaltet, so die Stiftung. Zudem stellt sich dann auch noch die Frage, wohin die Gelder fließen. Bisher sind Investitionen meist in den Klimaschutz geflossen, bei der Klimawandelanpassung herrscht hingegen Aufholbedarf - und so gibt es auch hier Stimmen, die etwa nach einer Zuteilungsquote bei der Aufteilung der Mittel verlangen. Während mit Klimaschutz, etwa dem Austausch fossiler Heizungssysteme auch Gewinn gemacht werden kann, sind Maßnahmen zur Anpassung, wie etwa die Errichtung von Hochwasserschutz, kaum profitabel.
Alternative Finanzierungsquellen gesucht
Über all diesen Debatten steht jedoch die Frage, wie eine Summe, die mindestens das Zehnfache der bisherigen 100 Milliarden Dollar ausmacht, überhaupt zustande kommen soll. Was die Schwierigkeit der Klimafinanzierung von über einer Billion Dollar jährlich ausmacht, so kann hier entgegengehalten werden, dass sich die Subventionen für fossile Brennstoffe im Jahr 2022 auf sieben Billionen Dollar oder 7,1 Prozent des BIP belaufen haben, wie aus einem Bericht des Internationale Währungsfonds (IWF) hervorgeht.
Aus den Haushaltsbudgets alleine wird dies bei der Klimafinanzierung nicht möglich sein, da sind sich fast alle Verantwortlichen sicher. Als alternative Quellen wurden etwa Milliardärssteuern ("billionaires tax") oder Abgaben auf fossile Gewinne ("carbon damage tax") ins Spiel gebracht. EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra sprach sich im Vorjahr auch für die Besteuerung des Flugzeug-Treibstoffs Kerosin aus. Möglichkeiten zur Finanzierung sind jedenfalls vorhanden, alleine eine "globale Abgabe von 0,1 Prozent auf den Aktien- und Anleihehandel könnte bis zu 418 Milliarden Dollar pro Jahr einbringen", hieß es in einer gemeinsamen Stellungnahme namens "Die Argumente für Solidaritätsabgaben" der drei Autoren William Ruto (Präsident von Kenia) Emmanuel Macron (Präsident von Frankreich) und Mia Amor Mottley (Premierministerin von Barbados), die Anfang November erstmals auf der Onlinepräsenz der Medien-NGO "Project Syndicate" erschienen ist.