ÖAW-Symposion zum finalen Synthesebericht des Weltklimarats IPCC
Die Volkswirtin Birgit Bednar-Friedl (Uni Graz) war beim sechsten Sachstandsbericht des Weltklimarats IPCC koordinierende Leitautorin für das Kapitel Europa. Sie ist eine der Vortragenden aus der Riege der IPCC-Autoren und - Autorinnen bei einem Symposium zum finalen Synthesebericht an der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) am Freitag in Wien. Mit der APA sprach Bednar-Friedl zuvor über einige der Erkenntnisse aus der fünfjährigen Tätigkeit.
"Der wesentliche Unterschied zum 2018 publizierten Sonderbericht zum 1,5-Grad-Ziel war die damalige Fokussierung auf den Klimaschutz, also der dafür notwendigen Reduktion der Treibhausgase ('Mitigation', Anmerkung)" sagte die Umweltökonomin. In diesem Kontext ging es auch vor fünf Jahren bereits um notwendige Anpassungsmaßnahmen ("Adaption") an den Klimawandel, "aber die Erfordernisse werden jenseits der 1,5-Grad um sehr viel größer"; und das sei eines der wesentlichen Erkenntnisse des am vergangenen Montag publizierten Berichts.
Was passiert, wenn die 1,5 Grad nicht eingehalten werden?
Kommt es zu zwei Grad oder gar drei Grad Celsius globaler Erwärmung, dann können in vielen Teilen der Erde die Grenzen der Anpassung überschritten werden. Auch in Europa bestimmt das Potenzial an Land und Wasser die Möglichkeiten, um auf drohende oder eingetretene Folgen der Klimakrise zu reagieren - "und ein zukünftiges Klima mit erhöhten Temperaturen bedeutet gleichzeitig eine begrenztere Verfügbarkeit der Ressourcen." Etwaige Bewässerungslösungen in der Landwirtschaft werden dann einfach zunehmend schwieriger, weil das Wasser einfach nicht vorhanden ist. Das mit den Pariser Klimavertrag festgelegte 1,5-Grad-Ziel wird aus gegenwärtiger Sicht jedoch recht bald überschritten werden. Nachdem die Emissionen nicht so stark wie geplant reduziert wurden, müssten sie nun bis 2030 um fast die Hälfte gesenkt werden - der Synthesebericht warnte davor, dass ansonsten die Erderwärmung bereits in den 2030er-Jahren diese Grenze erreichen werde.
Ohne deutliche Reduktion drohen noch intensivere Hitzewellen
Als Folge der mangelhaften Emissionsreduktion heißt das neue Ziel also rund 50 Prozent weniger an CO2 & Co. anstatt 43 Prozent wie noch 2018, konkretisierte Bednar-Friedl die veränderte Lage. Sollte keine deutliche Reduktion gelingen, "erwarten wir einerseits häufigere und intensivere Hitzewellen, aber auch vermehrt Trockenheit und Wasserknappheit, auch in Regionen in Zentraleuropa, wo derartige Herausforderungen bisher unbekannt waren. "Und bereits heute eingetretene negative Auswirkungen auf Ökosysteme", so die Expertin unter Nennung von Verschiebung der Arten, der Blütezeit, sinkender Ernährungssicherheit oder Schäden durch Überflutungen an Küstengebieten, "diese negativen Auswirkungen sind bereits jetzt eingetreten".
Zweites wesentliches Ergebnis war jenes bezüglich der nachgeschärften Risikoübergänge, wenn etwa aus einem zuvor mittleren Risiko ein hohes wird. Diese im Jargon als "Burning Embers" bekannten "Gründe zur Besorgnis" gehen fünfstufig in Richtung der "großräumigen" Ereignisse als "manchmal unumkehrbare" Folgen der globalen Erwärmung, die auch als "Kipppunkte" bekannt sind. Hier zerfallen Eisschilde oder die Meeresströmungen verändern sich, werden etwa langsamer.
Zudem wird am Freitag an der ÖAW auch ein Schwenk in Richtung Klimarat gemacht, der von Bednar-Friedl wissenschaftlich begleitet wurde. Hier geht es unter anderem darum, wie das lokale Wissen der Bevölkerung in die Klimaforschung integriert werden kann. Das würde die Möglichkeiten für die erforderliche Transformation von Energie-, Verkehr- und Ernährungssystem schneller voran bringen. Das Symposium wird von der Kommission Klima und Luftqualität der ÖAW gemeinsam mit dem CCCA (Climate Change Centre Austria) und dem Bundesministerium Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie organisiert.
Service: Informationen zum Symposium an der ÖAW: http://go.apa.at/xun8pbj4