KHM-Chefin Sabine Haag geht mit Ende 2024
Derzeit läuft die Ausschreibung für die Leitung des Kunsthistorischen Museums (KHM) ab 1. Jänner 2025. Seit Freitag steht fest: Die derzeitige Generaldirektorin Sabine Haag wird sich nicht um eine Vertragsverlängerung bewerben - aus freier Entscheidung, wie die 60-Jährige im APA-Interview betont. Bis dahin hofft Haag allerdings, unter anderem noch eine Generalsanierung des KHM auf Schiene zu bringen, die mindestens 300 Mio. Euro schwer wäre.
APA: Packen wir den Stier gleich bei den Hörnern. Die Neuausschreibung für die KHM-Generaldirektion ab 1. Jänner 2025 läuft. Werden Sie sich wieder bewerben?
Sabine Haag: Ich habe mich dazu entschlossen, nach meiner dritten Funktionsperiode, die Ende 2024 enden wird, nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Ich habe diesen Entschluss schon vor einiger Zeit gefasst. Es werden dann insgesamt 16 Jahre gewesen sein, dass ich an der Spitze des KHM-Verbandes gestanden habe.
APA: War dieser Schritt für Sie bereits 2019 bei der Entscheidung für eine dritte Amtszeit klar?
Haag: Für solche Überlegungen war damals keine Zeit. Ich habe mich ja 2019 - nennen wir es kurzentschlossen - für eine Verlängerung entschieden, nachdem der damals designierte Generaldirektor (Eike Schmidt, Anm.) vier Wochen vor Amtsantritt ohne Angabe von Gründen völlig überraschend mitteilte, dass er nicht nach Wien kommt. Damals war es wichtig, ein schwieriges Intermezzo nach einer Fehlbesetzung zu vermeiden und das Haus in ruhigere Fahrwasser zu bringen. Das ist gemeinsam mit dem kaufmännischen Geschäftsführer Paul Frey und dem gesamten Team gelungen. Es ging mir nie um meine persönlichen Befindlichkeiten, sondern stets um die Frage, was ich für das Haus leisten kann. Und so habe ich mich Ende vergangenen Jahres entschlossen, nicht mehr anzutreten.
APA: Gab es davor Signale aus der Politik oder vom Kuratorium, dass eine Wiederbewerbung keinen Sinn machen würde?
Haag: Das war absolut meine freie Entscheidung. Ich habe mich natürlich mit Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne, Anm.) und dem Kuratoriumsvorsitzenden besprochen, aber ich entscheide gerne selbst.
APA: Sie werden 62 Jahre alt sein, wenn ihre Amtszeit ausläuft. Haben Sie denn schon Pläne für die Zeit nach der Generaldirektorinnenschaft?
Haag: Ich werde die nächsten zwei Jahre damit beschäftigt sein, das Haus gut abgesichert ins Jahr 2025 zu bringen. Und die Wege entstehen im Gehen. Aber das steht für mich jetzt nicht im Vordergrund.
APA: Zur Absicherung gehören auch die Finanzen. Wie sind aktuell die Budget- und Besucherzahlen?
Haag: Bei den Jänner-Zahlen liegen wir 30 Prozent über dem vorsichtig prognostizierten Budget. Im Vergleich zum Vorcoronajahr 2019 halten wir bei 1,4 Millionen Besuchern gegenüber 1,8 Millionen. Und bei den Erlösen hatten wir rund 11 Millionen Euro gegenüber 15 Millionen im Vergleichszeitraum. Das sind für uns sehr ermutigende Zahlen, da es danach aussieht, dass wir 2023 ein ausgeglichenes Budget schaffen werden.
APA: Welche Projekte wollen Sie in den verbleibenden zwei Jahren noch umsetzen? Wie steht es um die Neuaufstellung der Schatzkammer?
Haag: Ich habe Schienen für vieles gelegt. Wir haben die Coronakrise dazu genutzt, für all unsere Standorte Machbarkeits- und Funktionsstudien zu erarbeiten. Die Kunst wird sein, den Bund und die verschiedenen Ministerien nun von der Notwendigkeit zu überzeugen, dass es eine Neuaufstellung der Schatzkammer braucht. Das ist der Standort, der mit einzigartigen Objekten über das Werden Europas erzählt. Hier wäre eine zeitgemäße Aufstellung dringend geboten. Und bei der Wagenburg im Areal von Schönbrunn oder etwa bei Schloss Ambras ist die Frage, wie man mit weiteren kleineren Schritten eine zusätzliche Attraktivierung der Standorte bewerkstelligen kann.
APA: Sie hatten 2017 eine Generalsanierung des KHM-Haupthauses in Ihrem Bewerbungskonzept. Wie groß ist die Chance, hier noch Pflöcke einzuschlagen?
Haag: Wir wünschen uns sehr, dass jetzt, da das sanierte Parlament wiedereröffnet ist, die nächste große Generalsanierung das Gebäude des Kunsthistorischen Museums ist. Es gibt hier wie bei der Schatzkammer einen Investitionsstau.
APA: Von welchem Finanzbedarf sprächen wir hier?
Haag: Die Generalsanierung des KHM würde mindestens 300 Millionen Euro benötigen. Bei der Schatzkammer sind es - je nach Umfang der Arbeiten - sicherlich 20 Millionen Euro. Es bräuchte ungeachtet eines Eigenanteils des KHM-Museumsverbandes also ein großes Commitment des Eigentümers.
APA: Ist es realistisch, dass es dieses Commitment von Bundesseite noch in Ihrer Amtszeit geben wird?
Haag: Unser Wunsch ist, dass wir die Zusage vom Eigentümer bekommen. Die Gespräche laufen schon seit einiger Zeit und geben uns Hoffnung, dass wir gut weiter planen können. Die Vorarbeiten von unserer Seite sind geleistet.
APA: Wäre eine Generalsanierung bei laufendem Betrieb denkbar?
Haag: Es gibt da verschiedene Modelle. Unsere bevorzugte Variante wäre, das Projekt in einzelnen Modulen anzugehen. Es wäre dann sicherlich ein Prozess, der nicht in drei Jahren sein wird.
APA: Abseits der baulichen Ertüchtigungen: Welche Großausstellungen haben Sie noch auf der Agenda?
Haag: Wir haben jetzt im März unsere große Georg-Baselitz-Schau, im Herbst folgt eine Ausstellung zu Raphael und den Querverbindungen zur Tapisserie. Im Frühjahr 2024 folgen Dürer/Holbein und dann als großes Feuerwerk im Herbst die große "Rembrandt/Hoogstraten"-Schau. Hierfür haben wir die wichtigsten internationalen Leihgaben bereits gesichert.
APA: Sind all diese Pläne umsetzbar, wenn man wirklich eine Generalsanierung angehen kann?
Haag: Man muss immer flexibel sein. Ich bin dankbar, wenn bis Sommer eine Nachfolgerin, ein Nachfolger feststeht, damit wir abgestimmt die weiteren Pläne fixieren könne. Aber natürlich hätte es Auswirkungen auf den Sonderausstellungsbereich, sollten wir das Commitment vom Eigentümer bekommen.
(Das Gespräch führte Martin Fichter-Wöß/APA)
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