Bekannter Entwicklungsfaktor war einst Ruhigsteller hüpfender Gene
Ein bedeutender Entwicklungshelfer für Menschen, Mäuse, Insekten und Pflanzen begann seine Karriere als Ruhigsteller lästiger, auf dem Erbgut herumspringender Gene, berichten Wiener Wissenschafter. Im Laufe der Evolution übernahm jener "PRC2-Eiweißstoffkomplex" wohl immer wichtigere Aufgaben, und heute hat er eine Schlüsselstellung als Regulator wichtiger Entwicklungsgene in all diesen Lebewesen inne. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift "Current Biology" veröffentlicht.
"Der Polycomb-Komplex 2 (PRC2) wurde vor Jahrzehnten in Fruchtfliegen entdeckt, wo er Gene, die für die Entwicklung wichtig sind, reguliert", so die Forscher um Frederic Berger vom Gregor Mendel Institut für Molekulare Pflanzenbiologie (GMI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in einer Aussendung. Es stellte sich heraus, dass PRC2 das Erbgut (Genom) in verschiedensten Organismen dahingehend verändert, dass Gene nicht abgelesen werden, wenn sie quasi nicht an der Reihe sind.
Doch dann wurde bekannt, dass PRC2 auch in Einzellern aktiv ist. Dort findet aber gar keine Entwicklung statt, weil es keine verschiedenen Zellen mit verschiedenen Aufgaben gibt, sondern das Lebewesen nur aus einer einzigen Zelle besteht.
Um dahinterzukommen, was PRC2 in den Vorfahren von Menschen, Fruchtfliegen, Pilzen und Pflanzen treibt, untersuchten sie seine Funktion in Lebewesen unterschiedlichster Abstammungslinien. Es zeigte sich, dass PRC2 bei allen "springende Gene" (Transposons) ruhig stellt. "Der Ursprung von PRC2 lag wahrscheinlich in erster Linie im Schutz des Genoms vor einer Invasion durch Transposons", schreiben die Forscher: Seine Funktion verlagerte sich in der Evolution allmählich von der Unterdrückung von Transposons zur Unterdrückung von Entwicklungsgenen.
Service: https://dx.doi.org/10.1016/j.cub.2023.08.073