Künstliche Intelligenz (KI) stellt die Blutzuckerkonzentrationen bei Kindern mit Diabetes verlässlich ein und lässt Eltern dadurch ohne nächtliche Kontrollen durchschlafen. Sie schließt vom Blickverhalten auf ein erhöhtes Demenzrisiko oder vom auffälligen Gehirnmuster auf Epilepsie und erkennt Knochenbrüche auf Röntgenbildern. KI ist im medizinischen Bereich nicht nur gekommen, um zu bleiben, sondern verbreitet sich – trotz einiger Stolpersteine – rasch über Forschungsprojekte in den Alltag.
„KI wächst in alle medizinischen Fachbereiche hinein. Die Systeme machen große Fortschritte binnen weniger Wochen“, sagte Christoph Zielinski, Präsident der Central European Cooperative Oncology Group (CECOG), kürzlich anlässlich des Symposiums „AI in Medicine – Vision – Reality – Legal Aspects“ in Wien. KI werde eine zunehmende Rolle bei der Erstellung von Daten, im Labor, in Diagnostik, in Pathologie, bei Therapieentscheidungen und vielen anderen Bereichen spielen, erklärte der Onkologe. Bekannt ist vor allem das Beispiel der Radiologie, in der bildgebende Systeme darauf getrimmt werden, mögliche Krankheitsprozesse zu identifizieren.
„Bei der Bildanalyse sind die KI-Systeme den Menschen schon weit überlegen“, berichtet Clemens Heitzinger von der Fakultät für Informatik und dem Center for Artificial Intelligence and Machine Learning (CAIML) der Technischen Universität (TU) Wien: „Wenn man sie richtig trainiert, übertreffen sie die menschlichen Fähigkeiten längst.“ Egal, ob es sich um Röntgenfotos subtiler Knochenbrüche, Bilder von Hautveränderungen oder seitenweise EEG-Scans handelt, können diese vielen Studien zufolge sicherer und effizienter von Computeralgorithmen als von menschlichen Expertinnen und Experten ausgelesen und gedeutet werden. Denn auch die „Götter in Weiß“ sind nur Menschen, die im medizinischen Alltag mal gestresst, ermüdet oder unachtsam sein können.
„In der klinischen Praxis werden EEG-Segmente standardmäßig nacheinander in 15-Sekunden-Schritten visuell inspiziert. Bei 24-stündigen Aufzeichnungen sind das zirka 5.760 Bildschirmseiten an EEGs“, so Tillmann Kluge von der Forschungsabteilung Medical Signal Analysis am Austrian Institute of Technology (AIT) in Wien: Solche Arbeit lässt man freilich gerne einen Computeralgorithmus ausführen, um sie anschließend „nur mehr“ zu kontrollieren und zu verifizieren. KI erkennt zudem Krebszellen rasch in Gewebeproben, wodurch sich Gehirntumor-Operationen teils in wenigen Minuten durchführen lassen. „Durch diese neue Technik kann die Eingriffszeit und damit die Narkosedauer zum Beispiel bei Biopsien deutlich reduziert werden“, sagt Neurochirurg Georg Widhalm, der am Universitätsklinikum von AKH Wien und der MedUni Wien tätig ist.
Künstliche Intelligenz erleichtert die Suche nach neuen Wirkstoffen und die Diagnose von Erkrankungen, erlaubt innovative Therapieansätze und unterstützt im Alltag. Trotz einiger Stolpersteine verläuft die Entwicklung rasant.